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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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eine Stimme, eine phantomartige Erinnerung, so leise und fern, dass Alex sie in ihrem Todeskampf kaum wahrnahm: Komm schon, Schatz, lass die Waffe los, sonst stirbst du. Spring, Alex, spring …
    Doch dann war es auf einmal zu spät. Es war vorbei, und nicht einmal ihr Vater, so stark und selbstsicher er auch war, konnte sie noch retten.
    Die letzten Luftbläschen quollen zwischen ihren Lippen hervor, zusammen mit einem dünnen Schrei. Ihr Verstand setzte aus, sie verließ ihren Körper, ihr Bewusstsein spaltete sich ab, ließ los, schwebte davon, bis sie sich selbst aus großer Höhe und wie durch das falsche Ende eines Piraten-Fernrohrs sah: weit weg, hilflos in einem wirbelnden Chaos, rotes Haar, das wie blutiger Seetang im Wasser trieb. Ohne irgendeinen bewussten Gedanken, ohne irgendein Ziel, löste sich ihre linke Hand von der Uzi. Sofort schnappte der gierige Mahlstrom nach ihren Knöcheln. Wäre ihre Rechte nicht noch um den Tragegurt geschlungen gewesen, hätte der Strudel sie in den Tod gerissen. Doch der Gurt hielt, und irgendwie bewegte und drehte sie sich. Der Griff ihrer Rechten blieb fest, und die Uzi war noch immer verkeilt – selbst dann noch, als sie endlich mit der linken Hand die Waffe zu fassen bekam! Und da stieß sie sich mit einem mächtigen Tritt nach oben ab, der Schmerz in ihrem Knöchel verblasste gegenüber der ungeheuren Pein in ihrer Brust. Sie hatte keine Luft mehr; aber die Waffe gab ihr Halt …
    Alex durchbrach die Oberfläche wie ein plumper Wal, schaffte ein einziges pfeifendes, ersticktes Aaahhh , und das war’s. Keine Chance gegen den tosenden Strudel, sie konnte sich nicht oben halten. Schon versank sie wieder komplett unter der Wasseroberfläche.
    Komm, komm, komm! Die Angst bohrte sich wie ein Pfeil in ihr Herz. Allem Anschein nach hielt die Uzi stand. Doch bei jedem Beben der Erde wackelte die Maschinenpistole bedenklich, und sie steckte so tief unter der Oberfläche fest, dass sich Alex jeden einzelnen Atemzug erkämpfen musste.
    Noch einmal abstoßen, noch ein Mundvoll schneidender Luft, dann ging es erneut runter. Das Brennen in ihrer Brust ließ nach, was wohl bedeutete, dass sich ihre Lunge erholte, und ihr Verstand wurde wieder klarer. Aber das konnte nicht endlos so weitergehen. Auch wenn es Alex wie eine Ewigkeit vorkam, war sie wahrscheinlich gerade mal zwei Minuten im Wasser. Die vollgesogenen Kleider und Stiefel zerrten wie Eisenketten an ihr. Mehr und mehr machte sich Erschöpfung in ihr breit, ihre Knie waren weich wie Pudding. Das eiskalte Wasser brannte ihr auf der Haut, laugte sie aus, raubte ihr die letzte Willenskraft. Noch einmal abstoßen. Ein hechelnder Atemzug. Unterdessen regneten unentwegt Steine herab: kleinere Kiesel, die Alex an den Armen trafen und ihr Platzwunden am Kopf zufügten, deren Blut beim nächsten Untertauchen weggewaschen wurde. Aber auch größere Felsbrocken waren dabei, manche so nah, dass Alex das Zischen in der Luft und das Aufklatschen hörte.
    Vielleicht sollte ich irgendwie versuchen, mich auszuruhen und abzuwarten, bis sich die Lage beruhigt hat. Der Gedanke war auf seine schräge Art fast schon komisch. Bis sich die Lage beruhigt hatte? Bis dahin wäre sie längst erfroren. Wenn ihr die Luft nicht zu kostbar gewesen wäre, hätte sie darüber gelacht. Ein weiteres Mal sprang sie zur Oberfläche hinauf, öffnete den Mund, um Atem zu schöpfen …
    Doch als ihr nicht Luft, sondern Wasser in den Mund strömte, wurde ihr klar, dass der Schacht weiter volllief. Der Wasserspiegel stieg – und zwar rasant.

3
    Nein. Mit rudernden Armen kippte sie platschend nach hinten. Ihre linke Hand rutschte von der Uzi ab, und um ein Haar hätte das Wasser sie fortgerissen. Mit energischen Beinschlägen schwamm sie zurück und schloss die Linke wieder um die Waffe, stieß sich dann erneut zum Luftholen nach oben ab. Sie schaffte es gerade noch. Das Wasser stand jetzt so hoch, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, und trotzdem schwappte ihr dabei schon Wasser übers Kinn bis zur Unterlippe.
    Muss hier raus . Aber wie? Wieder tauchte sie unter. Aus der Tiefe der Erde schien sich etwas nach oben zu schieben, als wäre die Erde eine Muschel, die ein Riese zu knacken versuchte. Einen Augenblick später krachte mit dumpfem Aufprall ein Felsblock direkt neben ihrer rechten Schulter ins Wasser. O Gott, was, wenn dieser Schacht einstürzte oder eine Wand zusammenbrach? Das könnte durchaus passieren, und dann wäre es hier wie auf der

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