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Asmoduin: Nervensäge aus der Hölle

Asmoduin: Nervensäge aus der Hölle

Titel: Asmoduin: Nervensäge aus der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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von über 5000 Grad. Außerdem ist dort alles flüssig, nichts als glühendes Gestein.«
    Es war gerade mal zwei Wochen her, dass wir im Geografieunterricht über den inneren Aufbau unseres Planeten gesprochen hatten. Andernfalls hätte ich kaum mit diesen Fakten glänzen können.
    Asmoduin, den neuen Riegel bereits komplett im Mund, sah mich an wie ein Vorschulkind, das gerade behauptet hatte, die Wolken am Himmel bestünden aus Zuckerwatte oder die Babys bringe der Storch. »Der Groschteil desch inneren Erdkernsch beschteht ausch einer Eischen-Nickel-Legierung und ischt auschgeschprochen schtabil«, erklärte er kauend. »Wie schonscht könnten wir Häuscher, Schtraschen und Schportplätze bauen?« Er schluckte und nickte huldvoll. »Was die Temperaturen angeht, hat Professor Schwabbel allerdings recht: In Horningen, meinem Geburtsort, wurden letztes Jahr im Durchschnitt 4980 Grad Celsius gemessen. Ein ideales Klima zum Wohlfühlen.«
    Ich beschloss, mich bei nächster Gelegenheit bei Mr Dresden, unserem Erdkundelehrer, nach der Verlässlichkeit seiner Quellen zu erkundigen. Für den Augenblick hielt ich es für das Beste, das Thema nicht weiter zu vertiefen. »Und wie hast du es geschafft, die sechstausend Kilometer bis an die Oberfläche zurückzulegen?«
    »Ein Verdienst meines Onkels, des berühmten Erfinders Dr. Beelzeburgh«, erwiderte Asmoduin sofort. »Aus seiner Werkstatt stammen so großartige Errungenschaften wie das Schnellfeuergewehr, die Wasserstoffbombe, die Vogelgrippe oder die abrupte Entladung elektrischer Energien bei Gewitter.«
    »Dein Onkel erfindet Waffen? Und Krankheiten? Und
Naturphänomene?
«
    »Zugegeben, das ist ein bisschen ungewöhnlich. Normalerweise konzentrieren sich Schulabgänger, wenn sie nach der sechshundertsechsundsechzigsten Klasse ihr Diplom verliehen kriegen, auf einen einzigen Sektor. Wer technisch versiert ist und gern tötet, geht beispielsweise in die Industrie. Dort werden neue Waffensysteme entwickelt, mit denen sich die Sterblichen auf der Oberfläche gegenseitig das Licht ausblasen können.«
    Ein weiterer Riegel fand seinen Weg in Asmoduins ausgestreckte Hand und ohne langen Zwischenaufenthalt in seinem Mund.
    »Andere ziehen die Forschung vor. Die Laboratorien Hels zählen zu den modernsten auf dem ganzen Erdball. Man züchtet dort neue, immer grässlichere Krankheiten, um sie später auf die Oberwelt loszulassen.«
    Mir begann der Kopf zu schwirren. Als hätte es nicht gereicht, dass mein Weltbild gerade komplett umgekrempelt worden war, jetzt sollte ich auch noch schlucken, dass alles Schlechte, womit die Menschheit je konfrontiert worden war, aus Hel stammte, der Heimat meines kleinen, schmerbäuchigen Gastes.
    »Wer keine besonderen Vorlieben oder Begabungen hat, wird Folterer«, fuhr Asmoduin ungerührt fort. »Ein einfacher, aber ehrbarer Beruf, in dem ständig Arbeitskräfte gesucht werden. Immerhin wächst die Erdbevölkerung mit jedem Tag. Das bedeutet, dass auch immer mehr Menschen zu Tode kommen. Und deren Seelen müssen ja schließlich irgendwo betreut werden, nicht wahr?« Er grinste über beide schokoladeverschmierte Backen.
    Ich schluckte. »Was, äh … was haben deine Leute gegen die Menschen? Ich meine, warum baut ihr Tötungswerkzeuge, züchtet Krankheiten und lasst die Seelen der Verstorbenen nicht mal nach ihrem Tod in Frieden?«
    »Och, nix Persönliches«, entgegnete Asmoduin und rülpste verhalten. »Ich nehme an, hinter dem ganzen Zwist steckt in erster Linie Neid. Ist ja auch logisch: Ihr seid seit dem Anbeginn der Zeit die Schoßhündchen des Allmächtigen, seine erklärten Lieblinge. Meine Leute dagegen sind seit Jahrmillionen zu einem Leben im Untergrund verdammt, während ihr hier oben im Überfluss leben dürft. Ihr habt Licht, Luft, Wasser, Wind … und
Köstlichkeiten!
« Demonstrativ hielt er einen weiteren Riegel in die Höhe, den er mir aus den Fingern geschnappt hatte. »Ich beginne allmählich zu verstehen, weshalb die Urväter meines Volkes neidisch auf euch sind.« Andächtig wickelte er die Schokolade aus und starrte sie mit großen Augen an, als handele es sich um ein religiöses Artefakt. »Wir müssen uns von Mineralien ernähren, die aus dem Tiefengestein und den flüssigen Schichten des unteren Erdmantels gewonnen werden. Nahrhaft, aber geschmacklich leider ausgesprochen fade.« Der Riegel verschwand zwischen seinen Lippen.
    Ich nickte. »Okay. Du warst also in der Werkstatt deines Onkels? Und weiter?«
    »Ach ja.«

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