Asperger - Leben in zwei Welten
die Schüler kreuz und quer durch das Zimmer laufen, es war laut und vollkommen unstrukturiert, jeder durfte machen, was er wollte und tat das auch. Oft malten die anderen Kinder in meinem Heft herum oder zerrissen es einfach. Wenn ich unruhig und aufgeregt war, kaute ich ununterbrochen auf meinem Füller herum, bis er vollkommen zersplittert war und ich fast jede Woche einen neuen brauchte, oder aber ich fing an, die Haut von meinen Fingernabzukauen. Da ich ein sehr empfindliches Gehör habe und laute Töne mir Schmerzen bereiten, musste ich mir oft die Ohren zuhalten, was dann wiederum zur Folge hatte, dass mich die anderen auslachten, nur noch lauter tobten und mich am Ende oft zum Ausrasten brachten.
Ich erhielt einen Schulbegleiter
Um meine Schullaufbahn einigermaÃen zu sichern, beantragten meine Eltern beim Jugendamt einen Schulbegleiter, der schlieÃlich auch genehmigt wurde. Ab der zweiten Hälfte des dritten Schuljahres begleitete mich also ein junger Mann täglich zur Schule. Anfangs lief es ganz gut, auch die Mitschüler und Lehrer waren froh, dass ich einen Begleiter hatte. Er bezog die Klassenkameraden in der Pause beim Spielen ein, sodass ein freundschaftlicher Kontakt zu den anderen Schülern entstehen konnte. Nach den Sommerferien fingen dann aber die Probleme mit dem Schulbegleiter an. Er diskutierte oft laut mit mir im Unterricht, was natürlich die anderen Schüler störte, sodass meine Klassenlehrerin häufig eingreifen musste. In den Pausen spielte er mit den anderen Kindern und wurde zunehmend deren »Kumpel«, was dann irgendwann dazu führte, dass niemand mehr vor ihm Respekt hatte.
Nun begleitete mich also ein junger Mann täglich zur Schule. Anfangs lief es ganz gut, auch die Mitschüler und Lehrer waren froh, dass ich einen Begleiter hatte.
Dann kam es zu einem Beinahe-Unglück nach dem Schwimmunterricht: Mein Begleiter sollte eigentlich mein Ankleiden im Jungen-Umkleideraum überwachen, was er allerdings nicht tat. So kam es, dass beim Duschen versehentlich mein Kulturbeutel mit Föhn komplett nass wurde, was mir aber nicht auffiel. Nach dem Anziehen wollte ich zur Steckdose laufen und meine Haare föhnen, doch zum Glück kam meine Lehrerin, kontrollierte meinen Kulturbeutel und nahm mir sofort den Föhn weg. Auch in der Folge gab es noch weitere Vorfälle, und so trennten wir uns nach fünf Monaten von ihm und suchten einen neuen Schulbegleiter (Ende September 2000).
Nun musste ich wieder alleine den Unterricht besuchen. In dieser Zeit war ich sehr unruhig und unkonzentriert, lieà mich von allem und jedem ablenken, was meine Lehrer nicht gerade erfreute und sich natürlich auch bei meinen schulischen Leistungen bemerkbar machte. Ich vergaà oft, die Hausaufgaben aufzuschreiben oder Termine für anstehende Klassenarbeiten zu notieren, sodass meine Mutter jeden Tag bei meiner Mitschülerin Lea anrief, um sich nach dem Wesentlichen zu erkundigen. Auch hatte ich groÃe Schwierigkeiten, meinen Arbeitsplatz in der Schule zu organisieren, oft fand ich die Bücher in meinem Ranzen oder auf dem Schreibtisch nicht, da ich sie nach der Schulstunde nicht in den Ranzen zurücklegte, sondern alles aufeinanderstapelte und mich meist erst dann wohl fühlte, wenn der Stapel zu einem Berg angewachsen war, hinterdem ich mich verstecken konnte. Im Unterricht auffällig wurde nun meine groÃe Schwierigkeit, Bilder richtig zu interpretieren. Ich konnte nur das wiedergeben, was auch wirklich darauf zu sehen war. Auch wurde meine Handschrift oft beanstandet, da sie sehr klein und undeutlich war, was aber auf meine Probleme mit der Feinmotorik zurückzuführen war.
Mir stand eine Integrationshelferin bei
Im Februar 2001 bekam ich eine neue Integrationshelferin, Frau H. Ich war froh, wieder jemanden zu haben, der mir Sicherheit gab und mich und mein Umfeld zur Ruhe brachte. Allmählich besserten sich auch wieder meine Leistungen, sodass ich am Ende der vierten Klasse die Empfehlung für das Gymnasium bekam. Meine Eltern entschieden sich nach Beratung aber für die Realschule, da man vermutete, dies könnte aufgrund der kleineren Klassen mit weniger Schülern für mich leichter sein. Doch so einfach, wie wir uns das vorgestellt hatten, ging das nicht. Der Rektor meiner Schule erklärte uns, dass er erst einmal eine Lehrkraft finden müsse, die bereit sei, einen Schulbegleiter in ihrer Klasse zu dulden, doch es
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