Assassino
nehmen, weil wir uns vom Tatort entfernt haben. Und nimm es mir nicht übel, aber dein Freund Chris wäre keine echte Verstärkung. Und der Ire? Ich weiß nicht … «
»Und ich? Glaubst du, ich kann dir eine Hilfe sein?«
Die junge Frau musterte Kati. »Keine Ahnung. Zumindest brichst du nicht sofort in Panik aus. Aber ich habe auch nicht vor, dich damit reinzunehmen.«
»Was sagst du? Ich soll hier im Auto bleiben?«
Paola nickte. »So ist es. Ich brauche Rückendeckung. Du hältst dich bereit, falls wir schnell verschwinden müssen. Du kannst doch fahren, oder?«
»Ja, ich habe den Führerschein vor ein paar Monaten gemacht. Aber viel Erfahrung habe ich nicht.«
»Es reicht, wenn du uns von hier wegbringst, falls es erforderlich ist. Den Rest übernehme ich.«
Kati war insgeheim erleichtert, dass Paola allein in das Gebäude eindringen wollte. Andererseits fühlte sie sich auch verletzt. Die Frau traute ihr nicht zu, ihr bei der Befreiung von Ilyas eine Hilfe zu sein.
»Hast du was dagegen, wenn ich mal telefoniere?«
»Wen willst du anrufen?«
»Chris. Ich möchte wissen, wie es meinem Vater und meinen Freunden geht.«
Paola zuckte mit den Schultern. Kati zog ihr Telefon aus der Tasche und wählte. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis Chris das Gespräch annahm.
»Endlich!« Er klang erleichtert. »Wo bist du?«
»Das weiß ich selbst nicht. In irgendeinem Industriegebiet.«
»Und die Attentäter?«
»Sind hier irgendwo in der Nähe.« Sie warf einen Blick auf Paola. »Nehmen wir jedenfalls an. Wie geht es Mart und Seamus?«
»Gut. Seamus hat sich um den Bodyguard im Treppenhaus gekümmert, der noch lebte, und einen Krankenwagen und die Polizei gerufen. Die gesamte Küchen- und Kellnermannschaft war in einem Nebenraum gefesselt und eingesperrt. Außerdem wurden sie noch mit einem Gas betäubt. Sie haben Ilyas mit den Attentätern gesehen. Sehr merkwürdig, findest du nicht?«
»War er denn nicht in ihrer Gewalt?«
»Wie einer der Köche berichtet, ist er mit zwei der Attentäter reingekommen und mit einem von ihnen wieder rausgegangen. Ob er dazugehört?«
»Erzähl keinen Unsinn, Chris. Kannst du mir mal Seamus geben?«
»Der ist nicht da. Er macht gerade seine Aussage, ebenso wie dein Vater. Ich komme als Nächster dran.«
»Ihr seid auf der Polizeiwache?«
»Ja! Wir wurden erst mal als Verdächtige behandelt. Die haben überall nur das Blut gesehen. Ich meine, vier Tote und ein Schwerverletzter, das ist schon eine Hausnummer, oder? Mir wird jetzt noch ganz schlecht, wenn ich daran denke. Moment mal … «
Sie hörte Stimmengemurmel im Hintergrund. Dann meldete sich Chris wieder. »Ich muss Schluss machen. Jetzt komme ich an die Reihe. Sei vorsichtig!«
»Werde ich. Und lass dich nicht einschüchtern.«
»Keine Sorge.« Er beendete das Gespräch. Kati steckte das Telefon weg. »Sie sind bei der Polizei.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Da werden sie auch so bald nicht wegkommen. Die Mühlen des Gesetzes mahlen hier sehr ausgiebig, vor allem, wenn es sich um Ausländer handelt.«
»Meinst du, sie verhaften sie?«
»Gut möglich. Andererseits lassen sie sie vielleicht auch laufen, in der Hoffnung, dass sie das Land verlassen. Dann kann man den Fall zu den Akten legen.« Sie reckte sich. »So, dann wollen wir mal.«
Paola nahm die Sporttasche mit der Waffe und stieg aus.»Du weiß, was du zu tun hast. Und falls ich in einer Stunde nicht wieder da bin, ruf die Polizei.«
Kati sah ihr nach, bis ihre Gestalt von der Dämmerung verschluckt wurde. Sie rutschte auf den Fahrersitz und lehnte sich zurück. Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen, aber das durfte sie sich nicht erlauben. Ihre Gedanken kreisten um Ilyas und Paola. Die beiden hatten viel gemeinsam, abgesehen davon, dass die Studentin mit beiden Beinen im Leben stand, während Ilyas meistens verwirrt darin herumirrte. Und wenn sie ehrlich war, so musste sie einräumen, dass sie deswegen auf Paola eifersüchtig war, weil diese einen ganz selbstverständlichen Zugang zu Ilyas gefunden hatte. Sie hingegen musste sich abmühen und wurde am Ende oft enttäuscht, wenn er sich vor ihr verschloss.
Und dieses Band zwischen ihm und Paola würde noch dichter werden, wenn sie ihn jetzt aus den Händen der Entführer befreite.
Kati rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her. Sollte sie untätig abwarten, während Paola die ganze Arbeit machte? War sie nur eine Handlangerin, der man die untergeordneten Aufgaben übertrug? Oder
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