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Assassino

Assassino

Titel: Assassino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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war sie nicht auch sofort bereit und in der Lage hart zu kämpfen, wenn es um ihre Freunde ging?
    Sie musste an die Aufmerksamkeit denken, die Paola Ilyas geschenkt hatte. Und auch die Blicke, mit denen er Paola bedacht hatte. Wenn sie jetzt bei der Befreiung nur eine untergeordnete Rolle spielte, was würde Ilyas dann von ihr denken? Dass sie nicht den Mut aufgebracht hatte, sich seinen Entführern direkt zu stellen?
    Die Minuten verstrichen endlos langsam. Kati wurde von Sekunde zu Sekunde ungeduldiger. Was war, wenn Paola scheiterte? Sie fasste einen Entschluss. Sie klappte das Handschuhfach auf und durchforstete den Inhalt. Neben Kugelschreibern, einem Papierblock, einer zerknitterten Karte von Istanbul und einer unbeschrifteten CD entdeckte sie eine kleine Taschenlampe, wie man sie an Schlüsselanhängern mitführt. Sie knipste sie an, um die Funktion zu testen, und schob sie dann in die Hosentasche. Sie legte ihr Telefon in das Fach, zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und stieg aus. Dann machte sie sich auf den Weg zu der verlassenen Fabrik.
    An den anderen drei Gebäuden in der Straße waren Lampen angegangen. In ihrem matten Schein huschte sie über eine stoppelige Wiese bis an das Tor. Es war kein Zeichen von Leben festzustellen. Sie presste ihr Ohr vorsichtig an das Aluminium, hörte aber nichts. Auch aus den Fenstern über ihr drang kein Licht.
    Langsam schlich sie an der Wand des Gebäudes entlang auf der Suche nach einem anderen Eingang. An die Rückseite der Fabrik war ein Schuppen angebaut, der wohl einmal als Garage gedient hatte. Kati tastete sich um ihn herum, bis sie auf eine nur angelehnte Tür stieß. Vorsichtig zog sie sie einen Spalt auf und steckte den Kopf hinein.
    Der Schuppen schien leer zu sein. Drinnen herrschte tiefste Dunkelheit – bis auf ein schwach erleuchtetes Viereck am anderen Ende.
    Eine Tür!
    Kati betrat den Anbau und durchquerte ihn auf Zehenspitzen. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Sie strich mit denFingerspitzen über das verbeulte Türblatt, bis sie eine Klinke fand. Vorsichtig zog sie daran. Nichts rührte sich. Sie steckte die Finger der linken Hand in den Türspalt und half durch Ziehen nach.
    Krrrr.
    Mit einem hässlichen Kratzgeräusch bewegte sich die Tür einen Zentimeter zu ihr hin.
    Kati erstarrte. Hatte das jemand gehört? Ihr Herz schlug schneller, und sie musste sich zwingen, nicht davonzurennen. Paola hatte recht gehabt: Sie war keine Kämpferin wie die Studentin oder Ilyas. Aber jetzt war sie hier, und sie würde nicht auf halbem Weg aufgeben!
    Nachdem sie sich wieder unter Kontrolle hatte, lugte sie durch den Spalt. Hinter der Tür lag eine große Halle, die offenbar das ganze Gebäude ausfüllte. Überall standen alte Baumaschinen herum. Die Fenster waren von innen mit Tüchern verhängt; das war auch der Grund dafür, dass sie von draußen kein Licht gesehen hatte. Von irgendwoher hörte sie Männerstimmen, aber der Türspalt gab nur den Ausblick auf einen kleinen Teil der Halle frei, und sie konnte nicht ausmachen, wer sprach und ob Ilyas und Paola da drin waren.
    Noch einmal versuchte sie vorsichtig, die Tür aufzuziehen, aber sie bewegte sich keinen weiteren Millimeter.
    So kam sie also nicht hinein.
    Aber Paola musste doch auch irgendwie in die Halle gelangt sein! Zumindest nahm sie das an, denn wo sonst sollte sie sein? Sie war vor einer halben Stunde aufgebrochen und würde wohl kaum so lange hier draußen herumstreichen.
    Langsam bewegte sich Kati zum Ausgang des Schuppenszurück, als ihr Fuß in etwas hängen blieb und sie hinstürzte. Nur mühsam konnte sie einen Schrei unterdrücken. Sie tastete in der Dunkelheit nach dem Hindernis. Es war ein Metallring.
    War das eine Falltür? Gab es hier einen Keller?
    Sie zog ihren Fuß aus dem Ring und befühlte den Boden. Holz! Sie richtete sich auf und zog. Beim dritten Versuch klappte die Falltür auf.
    Kati knipste kurz die Taschenlampe an. Eine Holzleiter lehnte an der Innenseite des Schachtes. Sie angelte mit einem Fuß nach einer Leitersprosse und kletterte nach unten. Als sie wieder Boden unter den Füßen hatte, schaltete sie die Taschenlampe erneut an. Vor ihr lag ein gekalkter Gang, der in Richtung der Halle führte.
    Es roch muffig, und die Decke des Kellers war so niedrig, dass sie sich vorbeugen musste, um nicht mit dem Kopf dagegenzustoßen. Hoffentlich gab es hier keine Ratten! Kati wünschte, sie hätte einen Stock, um sich bei Bedarf damit zur Wehr setzen zu können. Aber außer ein paar

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