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Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
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aufgrund eines fehlenden Helmes gestorben war, ein Kieferbieger, der mitsamt seinem Patienten verbotenen Giftegeln zum Opfer gefallen war, und ein Wurzelmeister, der mit Unmengen Gold am Gürtel in seinem Braubottich ersoffen war.
    Eigentlich hätten die Wiederkehr der schwarzen Splitterspinne und das Verschwinden des Zwergischsten aller Zwergenhaften vollkommen ausgereicht, um das Eherne Volk an den Rand der Panik zu treiben.
    Ihr Aberglaube, der sich mehrmals schon als treffliches Instrument zur Regulierung erwiesen hatte, stellte sich nunmehr als Problem heraus. Unter normalen Umständen ließen sich Zwerge mit Prophezeiungen und Verkündungen bei Laune halten. Zumal ein solches Zeremoniell ja meist ein geselliges Betrinken nach sich zog. Und wenn man die Bedürfnisse des Volkes bedachte, konnte man – von den Prophezeiungen des Orakels einmal abgesehen – noch einiges mehr vorhersagen oder verkünden, das die Laune des Volkes hob.
    Mit Hilfe des Mittelmäßigen unter den Drittklassigen hatte der Verwalter schon viele Male frieden- und freudenstiftend gewirkt. Gemeinsam hatten sie sich immer wieder etwas einfallen lassen, um die Arbeitsmoral und die Förderquote zu erhöhen. Besonders stolz war er auf die Prophezeiung betreffend der Wiederkehr der Frauen. Auch das Bier der Läuterung, das Fest des trunkenen Trolls und die Ankunft des Botschafters der Hohen Höhle waren auf seinem Stein gewachsen. Während man nämlich auf Frauen und Botschafter wartete, konnte man trefflich schuften. Und wenn man in den Pausen noch den ein oder anderen festlichen Vorwand fand, seine inneren Werte mit Alkohol zu konservieren, dann war alles im Lot. Das Bier der Läuterung löschte auch den spirituellen Durst, und ein betrunkener Troll war tatsächlich das Lustigste, was der Alleserschaffer je hervorgebracht hatte.
    Aber um die gegenwärtige Stimmung in den Gängen zu heben, hätte es mehr Feste gebraucht, als es in einer Schicht Schläge gab. Das Eherne Volk war angesichts einer alten Prophezeiung vor Angst erstarrt, einer Prophezeiung aus der Zeit vor der Zeit des Großen Verwalters, als er noch nicht die Oberaufsicht über das Prophezeiungsgewerbe gehabt hatte. Wer hätte sich schon einen Zwerg mit goldenem Gebiss vorstellen können? Oder gar einen, der kein Bier zu trinken vermochte? Ganz zu schweigen von der Wiederkehr der Immerschwarzen.
    Dass aber tatsächlich ein sprechendes Erzferkel diese Dinge von sich gegeben haben sollte, schien dem Großen Verwalter einigermaßen unwahrscheinlich. Das Ganze war in höchstem Maße ärgerlich. Aber der Stein war nun einmal ins Rollen gebracht, und die Zwerge in den Gängen meinten das Grollen zu hören, das dem Augenblick voranging, in dem er sie alle zermalmte.
    Dem Volk der Zwerge saß die Angst in den Knochen. Und darum hockte der Große Verwalter in dieser unsicheren und von Aberglauben erfüllten Zeit inmitten seiner Häuptlinge an der steinernen Tafel. Sie mussten für die vielen Toten eine Erklärung finden, mussten einen Riegel schmieden, um ihn dem Übel vorzuschieben.
    Der Platz des Verwalters befand sich am Kopf der Tafel. Zu seiner Rechten saß der Häuptling des Stahls, Olbrich Eisenbruch, der Gedanken nachzuhängen schien, die mindestens ebenso schwarz sein mussten wie sein Bart. Und im Allgemeinen galt sein Bart als der schwärzeste des ganzen Ehernen Imperiums. Allerdings nur, weil er – was die wenigsten wussten – seine grauen Haare mit Kohlenextrakt und Rußschmiere färbte.
    Neben Eisenbruch saß Gutgroll Zornhold, der Häuptling der Erde. Seine eiserne rechte Hand, ein Meisterwerk der Schmiedekunst und eine fürchterliche Waffe im Kampf, die er einst als Ersatz für jene erhalten hatte, die er vor langer Zeit gegen die Echsen verloren hatte, umklammerte fest seinen Humpen. Es war der Krisenkrug, und Zornhold starrte missmutig auf das Bier darin.
    Zur Linken des Verwalters saßen Gangwardt Hornfaust, der Stammesführer des Felsens in seinem eisernen Räderstuhl, ein cholerischer Zeterzwerg, den man nicht von ungefähr den Herrn der Flüche nannte, und Krass Breitbart, das Oberhaupt des Feuers, dessen verbliebenes Auge reglos auf der steinernen Tafel ruhte, während die dunkle lederne Augenklappe dem Verwalter zugewandt war.
    Hier also saßen sie, den Untergang im Nacken, und besprachen das Schicksal des Ehernen Volkes. Oder besser, sie beschwiegen es. Mit bedeutungsschwangeren Mienen, beinahe als wären ihre Blicke Bestandteil eines Zeremoniells der Verzweiflung,

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