Astrella 02 - Brudernacht
vorüber.
Diese neuerliche Aufregung war für Astrellas Kreislauf zuviel. Er hörte gerade noch, wie irgendjemand, den er kannte, rief, man solle ihn auffangen, dann umfing ihn wohltuende Dunkelheit.
32
24 Stunden später ging die Tür zu Louis Astrellas Krankenzimmer abermals auf. Vor diesen Besuchern hatten bereits Manfred Eck und nach ihm Zillmann vorbeigeschaut. Der hatte ihm erklärt, wie es vermutlich abgelaufen war. In der Kassette hatten sich verschiedene persönliche Erinnerungsstücke von Lydia Emmel und ihrem Sohn Peter befunden. Das Wichtigste war jedoch ein abgegriffener Brief. Er war an ihren Sohn Peter adressiert und, dem Inhalt nach, vor knapp einem halben Jahr geschrieben worden. Darüber hinaus hatte Danny, die nach einem Nervenzusammenbruch unter Bewachung im Krankenhaus lag, ein Geständnis abgelegt. Zillmann meinte, Danny hätte danach, ganz apathisch, den Eindruck erweckt, dass das Leben für sie vorüber war.
»Guten Tag, Herr Astrella«, begrüßte Maxi Astrella mit einem fröhlichen Lachen, kam zu ihm ans Bett und reichte ihm einen Strauß Wiesenblumen.
»Ist zwar nicht so schön wie mein Veilchen«, dabei deutete sie mit dem rechten Finger auf das wahrhaft prächtige Veilchen über ihrem linken Auge, »aber das konnte ich Ihnen auch schlecht pflücken.«
Nun trat sie beiseite und machte Micha Platz, der zögernd zu Astrella ans Bett trat, ihm die Hand drückte und eine Flasche Sherry überreichte. Astrella bedankte sich und bedeutete ihnen mit einer Handbewegung, sich zu setzen.
»Wie geht es Ihnen?«, wollte Maxi wissen.
»Recht gut. In zwei, drei Tagen kann ich entlassen werden, meint der Arzt. – Aber wie geht es Ihnen?«
Maxi erkannte an Astrellas Blick, was genau er mit dieser Frage meinte.
»Ich werde es überleben«, sagte sie ernst. »Es ist für eine Frau etwas ganz anderes, nicht nur davon zu hören, sondern es selbst erleben zu müssen. Ein Mann wird das – und entschuldigen Sie bitte, das geht nicht gegen Sie – niemals nachempfinden können. Aber wie gesagt: Ich werde es überleben, weil ich nicht vorhabe, mir mein restliches Leben damit zu belasten. Deshalb habe ich es auch abgelehnt, nach der Untersuchung im Krankenhaus zu bleiben. Ich würde mich sonst möglicherweise nur hineinsteigern. Außerdem hilft mir Micha.«
Ihren feucht schimmernden Augen sah Astrella an, dass sie noch nicht darüber weg war. Wie auch? dachte Astrella, wo andere wegen leichteren Schicksalsschlägen ihr Leben manchmal nicht mehr in den Griff bekommen.
Eine Pause entstand, während der sich Maxi an Michas Schulter lehnte.
»Wie wäre es«, fragte Astrella, »wenn wir uns duzen würden? Ich bin Louis. Immerhin sind wir gemeinsam dem Tod nochmals von der Schippe gesprungen, wie man so schön sagt. Und dafür möchte ich dir, Micha, nochmals herzlich danken. Du bist genau im richtigen Moment gekommen.«
Sowohl Maxi als auch Micha hatten ob des überraschenden Angebotes erfreut gelächelt; bei Micha kam noch ein Hauch von Stolz hinzu.
»Keine Ursache, Herr ähem, ich meine, Louis. Ich habe es auch für mich und Maxi getan.«
Astrella musste unwillkürlich lächeln.
»Micha ist noch etwas unsicher, weil du doch Polizist warst.«
»Das ist längst vorbei.«
»Schon. Nur hat Micha in der Vergangenheit einiges angestellt, was nicht astrein war, und deshalb ein schlechtes Gewissen. Aber jetzt wird er sich ändern, das hat er mir versprochen, und ich glaube ihm auch. Gemeinsam werden wir das durchstehen.«
»Gratuliere, ein vernünftiger Entschluss. Und du wirst es schaffen, Micha«, sagte Astrella. »Gestern hast du den wahrscheinlich wichtigsten Schritt dazu getan. Egal, was du auch angestellt hast, das gestern wird dir von jedem Gericht hoch angerechnet werden – garantiert!«
»Meinen Sie?«, fragte Micha und ein hoffnungsfrohes Lächeln huschte über sein Gesicht.
»Ja, außer du sagst weiterhin ›Sie‹ zu mir.«
Das darauf folgende Lachen der drei entkrampfte die Begegnung endgültig.
»Übrigens werden Micha und ich bald heiraten«, ergriff Maxi wieder das Wort. »Wir haben es gestern Abend beschlossen, nachdem Micha mir einen wunderschönen Heiratsantrag gemacht hat.«
Astrella bewunderte ihren Mut und ihre Entschlossenheit, dem Schicksal ihre Stirn zu bieten. Die beiden schienen wirklich füreinander wie geschaffen.
»Das freut mich ehrlich«, meinte Astrella. Und fügte hinzu: »Ich hoffe, dass ich dazu eingeladen werde.«
»Nicht nur das«, mischte sich nun Micha ein,
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