Astrella 02 - Brudernacht
auf. »Ersticken ist ein grausamer Tod. Es sieht irgendwie nach Folter aus.«
»Richtig«, bestätigte Wallner. »Ich kann mich noch gut entsinnen, wie vor ein paar Jahren in einem Zeitschriftenartikel zum Thema Folter eine Methode ähnlich der beschrieben wurde, mit der Lemsack wohl ermordet wurde. Ein Gefangener erzählte davon und hatte es auch noch aufgezeichnet. Mir stellten sich allein vom Bild her die Nackenhaare. Anscheinend ist das eine sehr beliebte Methode der Folter. Und oft genug enthält die vor dem Delinquenten aufgestellte Tonne nicht nur Wasser, sondern auch noch Exkremente.«
»Das ist ja grausam«, entfuhr es Rosi mit einem leisen Stöhnen in der Stimme.
»Stimmt«, gab Wallner ihr recht. »Aber die Menschen sind so.«
»Aber könnte die Tötungsart, wenn sie eine Foltermethode ist, nicht auch darauf schließen lassen, dass der Täter etwas aus seinen Opfern herauspressen wollte? Irgendein Geständnis oder eine Information?«
Zillmann hatte die Frage gestellt. Die anderen sahen ihn an und Zillmann erkannte an ihren Gesichtern, dass sie alle dieselbe Frage dachten: Aber was? Er wusste es nicht. Freilich kam es ihm selbst auch nicht sonderlich wahrscheinlich vor.
»Was Klimnich betrifft, von dem wir ja bedeutend mehr wissen als von Lemsack, scheint mir das allerdings ausgeschlossen zu sein. Er war nie mit irgendwelchen Arbeiten beschäftigt, die einer besonderen Geheimhaltungspflicht unterlegen wären.«
»Außerdem würde es keinen Sinn ergeben, dass der Täter wartet, bis Klimnich so alt ist«, schloß sich Corinna seinen Bedenken an. Ihre blauen Augen blickten ungewohnt hart in den Raum.
»Wir dürfen auch die Hunde nicht vergessen«, mahnte Konnerecker. »Ist das mit den Hunden Zufall?«
»Ich glaube nicht«, meinte Rosi. »Dagegen spricht, dass beiden Hunden offensichtlich mit einer Gartenschere oder ähnlichem die Läufe abgeschnitten wurden. Ich kann mir hier keinen Zufall vorstellen.«
»Wenn wir schon bei den Hunden sind: Wie hat sich der Täter an die alten Männer herangemacht?«, fragte Lindemann.
»Markus hat recht«, stimmte Zillmann zu. »Mir scheint das auch eine sehr wichtige Frage zu sein. Entweder hat der Täter die beiden Männer gekannt. Dann wäre es freilich nur zu wahrscheinlich, dass auch die beiden sich gekannt haben. Oder aber es gelang dem Täter, sich das Vertrauen der beiden Männer zu erschleichen. Aber wie?«
»Vielleicht hat er auch einen Hund«, antwortete Rosi. »Menschen kommen über Kinder oder Tiere schneller ins Gespräch.«
»Ich weiß nicht. Dann müsste es jemand sein, der mit seinem Hund sowohl in der Gegend von Klimnichs Wohnung als auch in der von Lemsacks Wohnung unterwegs wäre. Das scheint mir irgendwie weit hergeholt zu sein«, zweifelte Corinna.
»Sicher«, gab Zillmann zu. »Nur scheint der Täter durchaus beweglich zu sein. Also hat er vermutlich ein Auto. Unsere Aufgaben lauten somit: Zum einen müssen wir versuchen, noch mehr über Lemsack herauszubekommen. Das heißt: Die ganze Nachbarschaft abklappern, Haus für Haus, und die Leute nach Lemsack befragen. Wann ist er mit seinem Hund ausgegangen? Ist er stets mit seinem Hund ausgegangen? Hat ihn irgendjemand mal in Begleitung gesehen? Wer war das und wann? Hat sich jemand mit ihm unterhalten? Wenn ja: Was hat Lemsack erzählt? Wie lange war er in der Regel unterwegs, wenn er außer Haus war? Zum anderen müssen wir uns um die anderen Hundebesitzer kümmern. Dazu habe ich bereits Unterstützung von der Bereitschaftspolizei angefordert. Zudem wird uns der Streifendienst dabei helfen. Und außerdem möchte ich, dass sich jemand von euch um die Bekannten und Freunde der Klimnichs kümmert. Eventuell ergibt sich da etwas. Ansonsten können wir nur hoffen, dass nicht noch ein alter Mann mit einem Hund ermordet wird. Sonst haben wir ein ziemlich großes Problem.«
16
Um ihn herum ist alles stockdunkel. Es riecht nach Kohlen, obwohl schon lange keine Kohlen mehr in diesem Kellerraum gelagert werden. Der Bub sitzt still da und will schreien, doch er lässt es. Denn da draußen sitzt der Riesenhund des Hausmeisters und knurrt beim geringsten Laut von ihm.
»Wenn du still bist, tut er dir nichts«, hat der Hausmeister ihm gesagt. »Der will nur seine Ruhe haben.«
Der Bub bleibt ruhig, obschon alles in ihm schreit und die Angst ihn schier auffrisst. Aber das Monster will seine Ruhe. Also ist er ruhig wie die Nacht, wie ein Bruder der Nacht.
»Ich schließ auch extra nicht ab, dann kannst
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