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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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einem hässlichen Grinsen. Mühsam hob er den
Kopf und den rechten Arm und deutete auf Torn. Seine Lippen schienen Worte zu
formen, doch zunächst brachte er nicht mehr als ein schauriges Gurgeln
zustande. Saïna folgte der Richtung seines zitternden Zeigefingers zu Torns
linkem Arm.
    Dort steckte die Spritze.
Entgeistert riss Torn sie aus seinem Arm. Der Kolben war nach unten gedrückt
worden.
    »Was ist das?«, keuchte er und
sah Saïna an.
    Noch einmal erklang unter ihm das
Gurgeln, und es hörte sich an wie die perverse Karikatur eines Lachens. Dann,
von einer Sekunde zur anderen, erschlaffte Rygors Körper. Kopf und Arm fielen
nach unten, sein Blick brach.
    »Schnell, befrei mich!«, schrie
Saïna. »Uns bleibt nicht viel Zeit!« Aufgeregt zerrte sie an ihren Handschellen.
    Torn starrte sie verwirrt an.
»Was hat er mit mir gemacht?«
    »Die Spritze löscht deine
Identität. Nimm mir die Handschellen ab, dann kann ich dir helfen. Schnell!
Bevor du alles vergisst!«, flehte sie.
    Das war nicht ihre einzige Sorge.
Das Heulen der Sirenen näherte sich immer mehr.
    Einen Moment stand Torn nur
schwer atmend vor ihr. Dann stolperte er auf sie zu.
    »Nein!«, rief sie verzweifelt.
»Durchsuch Rygors Leiche! Er muss irgendwo den Schlüssel haben!«
    Torn drehte sich um, schleppte
sich zurück zu dem Toten, fiel vor ihm schwer auf die Knie. Mit
schmerzverzerrtem Gesicht begann er, Rygors Taschen zu durchwühlen.
    Dann endlich … Mit
triumphierendem Blick hielt er etwas Kleines, metallisch Glänzendes in die
Höhe.
    Saïna spürte, wie ihr die
unerträgliche Mischung aus angespannter Verzweiflung und Hoffnung die Tränen in
die Augen trieb. »Gut so.«
    Mühsam richtete sich Torn wieder
auf. Wankend kam er wieder auf sie zu.
    Plötzlich hielt er inne.
    Er hob den Schlüssel vor die
Augen und starrte ihn an, als sähe er ihn in diesem Moment zum ersten Mal.
    »Oh, mein Gott«, entfuhr es
Saïna.
    »Was wollte ich …«, stammelte
Torn, dann brach er mitten im Satz ab.
    »Bitte nicht!«, schrie Saïna,
während ihr die Tränen übers Gesicht liefen. » BITTE NICHT! «
    Er war kaum einen Meter von ihr
entfernt.
    Der Schlüssel fiel zu Boden.
Langsam wandte er sich um.
    »Nein! Bleib bei mir!«,
schluchzte sie.
    Doch er hörte sie nicht mehr.
    Leise vor sich hin murmelnd
stolperte er davon. Meter um Meter, während das Blut von seinem Arm auf den
Boden tropfte und eine schimmernde Spur auf dem mondbeschienenen Asphalt
hinterließ.
    Dann verschluckten ihn die
Schatten der Bäume.

Epilog
    »Verzeihung, Ma’am,
dürfte ich bitte?«
    Die recht beleibte Dame sah auf
und musterte John Smith mit ungnädigem Blick. Schließlich drehte sie sich
seufzend zur Seite und gab den Weg zum Fensterplatz frei. John zwängte sich an
ihr vorbei und rutschte in die Sitzschale.
    Erleichtert atmete er auf.
Endlich Wochenende. Die Bremshydraulik löste sich mit einem Zischen, und der
Bus setzte sich in Bewegung. Er sah durchs Fenster auf die City of Industry,
wie das riesige Gewerbegebiet hieß, in dem er arbeitete. Eine Reihe von
kleineren Fabriken und Werksgeländen, ähnlich seinem Arbeitsplatz, den er
soeben verlassen hatte, zog an ihm vorbei. Eigentlich alles triste
Zweckbauten, aber die Sonne, die an diesem spätherbstlichen Nachmittag vom
Himmel schien, verlieh der Gegend eine Aura gelassener Heiterkeit.
    Er schloss die Augen und genoss
für ein paar Minuten die Wärme der Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht. Dann
beugte er sich nach unten zu dem Rucksack, den er vor seine Füße gestellt
hatte. Er öffnete die Verschnürung und wühlte kurz darin herum. Dann zog er
sein Screenpad hervor, schaltete es ein und holte sich die neueste Ausgabe der Los Angeles Times auf den Bildschirm, die er sich am Morgen
bereits heruntergeladen hatte.
    Er blätterte mit den Kursortasten
zum Lokalteil und zu einem Artikel mit der Überschrift:
    Der »Mann ohne
Gedächtnis« rettet drei Leben!
    Neben dem Text befand sich ein
Foto von ihm mit der Bildunterschrift:
    John Smith,
Fabrikarbeiter aus Hacienda Heights, auch bekannt als der »Mann ohne
Gedächtnis«
    »Das sind doch Sie!«
    Er schreckte hoch, wandte den
Kopf und blickte in das feiste Gesicht seiner Sitznachbarin, die ganz
unverblümt auf sein Screenpad starrte. Für einen Moment überlegte er, ob es
Sinn machte, es abzustreiten, aber dann schalt er sich einen albernen Narren.
    »Ja, das stimmt wohl«, sagte er
in der leisen Hoffnung, die Sache damit erledigt zu haben.
    »Ich habe den Artikel

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