Aszendent Liebe: Roman (German Edition)
geht, gehört er zu den Leuten, die mitten im Geschehen sind. Er hat einen festen Job. Er arbeitet im Finanzdistrikt als persönlicher Investmentberater. Seinem Dad gehört das Unternehmen, und irgendwann wird er es übernehmen. Da ich jemand bin, der nicht einmal sein eigenes Konto ausgleicht, finde ich seinen Beruf sehr beeindruckend.
Heute Abend bin ich in Dougs Haus geschlüpft, um seine Socken zu klauen. Die zweite Phase der Operation »Bring ihn nach Hause« war genau geplant. Sein Auto woanders hinzustellen funktionierte nicht. Es war an der Zeit, eine Stufe weiter zu gehen. Ich packte ein paar noble Einkaufstüten mit zerknülltem Papier voll und stellte mich wartend neben die Haustür. Als ich jemanden aus dem Aufzug kommen sah, kämpfte ich mit den Tüten, um an meine Handtasche zu gelangen, als wollte ich meinen Schlüssel herausnehmen. Ich lächelte, warf meine Haare zurück und nutzte ganz allgemein mein schauspielerisches Talent aus dem Highschool-Theaterkurs, um aus mir eine hektische, überlastete, städtische Singlefrau mit eleganten Einkaufstüten zu machen. Ich seufzte ein paarmal tief und runzelte die Stirn, als müsse ich mich so sehr konzentrieren wie ein Spitzenpolitiker, der darüber nachdenkt, ob er den roten Knopf drücken soll oder nicht. Als eine Frau in einem giftgrünen Designer-Yogaoutfit durch die Tür trat, hielt sie sie mir auf. Ich flüsterte »Danke« und ging hinein.
Ich ging nach unten in die Eingeweide des Gebäudes zur deutlich ausgeschilderten Waschküche. Direkt daneben lag ein Fitnessraum, in dem so laut Hip-Hop gespielt wurde, dass ich die Schallwellen sehen konnte, wie sie durch die Wand in die Waschküche drangen. Ich warf die Einkaufstüten in einen großen Mülleimer und betrachtete die Reihe von Waschmaschinen und Trocknern. Ich wusste, dass Doug seine Wäsche heute Abend erledigen würde, denn es ist Sonntag, und am letzten Montag jedes Monats gibt es in seiner Firma ein gro ßes Projektmeeting. Doug möchte dann gern super aussehen. Er legt seine Kleidung für die ganze Woche heraus, für jeden Tag stellt er ein Outfit auf einem Kleiderbügel zusammen, inklusive Unterwäsche und Socken. Wenn man solange mit jemandem zusammenlebt, bedeutet das, dass man mehr über ihn weiß, als er vielleicht erwartet. Ich habe vor, dieses Wissen zu meinem Vorteil zu nutzen.
Der Raum ist weiß: weiße Wände, weiße Bodenfliesen, weiße Waschmaschinen und Trockner. Und sauber , so sauber, dass man auf den Tischen zum Wäschefalten hätte operieren können. Ich frage mich, was aus all den Staubmäusen geworden ist, die eigentlich in den Ecken leben sollten. Sie müssen alle in mein Haus umgezogen sein. Es gibt acht Waschmaschinen und acht Trockner, und alle bis auf einen laufen auf Hochtouren (Sonntag ist anscheinend ein großer Waschtag für den städtischen Single). Ich öffnete jeden Trockner und wühlte darin, ich suchte nach bekannter Wäsche: Khakihosen und Baumwollhemden, nein; ein String im Leopardenmuster mit passendem BH, nein; ein Sortiment von Wochentagsunterhosen in Regenbogenfarben, nein; weiße Boxershorts mit dunklen Socken. Bis – Volltreffer. Farb- und Weißwäsche gemischt, das hätte ich mir denken können. Seine Unterwäsche hatte schon einen Graustich. Bleiche würde dagegen helfen, aber das werde ich ihm nicht sagen. Sollte er einen Unfall haben und in schlechten, schmutzig grauen Unterhosen erwischt werden, dann ist das nicht meine Verantwortung. Als wir noch zusammengewohnt haben, habe ich gebleicht, nach Farben sortiert und Weichspüler benutzt (nicht dass ich angeben möchte). Ich ziehe Socken aus dem Trockner und kämpfe gegen den Drang, sie zusammenzurollen. Stattdessen finde ich Paare und werfe jeweils eine Socke wieder in die Maschine und stopfe die anderen in meine Handtasche. Ich schließe den Trockner gerade noch rechtzeitig, als ich Doug im Flur lachen höre.
Bevor ich ihn lachen hörte, hatte ich eigentlich überhaupt nicht darüber nachgedacht, was ich tun würde, sollte ich ihn sehen. Doug in einer Waschküche war mir so fremd, dass ich es mir gar nicht vorstellen konnte. Schließlich hatte er bereits mit mir Schluss gemacht. Was für einen Grund könnte er sonst haben, eine Waschküche zu betreten? Ich denke kurz darüber nach, mich in den einen leeren Trockner zu zwängen, entscheide mich dann aber dagegen. Verdammt, dieser Raum ist so hell erleuchtet. Wer braucht bloß so viel Licht, um seine Wäsche zu waschen? Ich denke daran, mich an
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