Atevi 3 - Erbe
entfernt war, zumal dieser ihm, Bren, auch nicht weit über den Weg zu trauen schien. Geigi hatte sein Leben in Brens Hände gelegt, als er ihn und die Assassinen des Aiji mit merklicher Freude in seinem Haus aufgenommen hatte. Der Abend zuvor war damit verbracht worden, daß sie über Meeresmuscheln plauderten, über Architektur und Geigis Heiratsabsichten. Jason, der nun schon seit sechs Monaten unter einem Dach mit ihm wohnte und sich fast ständig an seiner Seite aufhielt, hatte offenbar Schwierigkeiten, ihm von seiner Familie zu erzählen oder zu erklären, wo das Raumschiff während der vergangenen zwei Jahrhunderte umhergekreuzt war.
Sein Schweigen schien sehr bedeutungsvoll zu sein.
Das Reisen zwischen Sternen erfordere viel Zeit, hatte Jason gesagt. Und: Wir sind unserer Arbeit nachgegangen. Mehr nicht.
Aber wo seid ihr gewesen? hatte er Jason gefragt, worauf Jason ein Stück Papier zur Hand genommen und eine Skizze gezeichnet hatte, die zeigen sollte, wo das Schiff über einen längeren Zeitraum stationiert gewesen war. Doch den als Bezugspunkt markierten Stern kannte Bren nicht, und so hatte er mit der Zeichnung nichts anfangen können. Daraufhin hatten sie eine Flasche Shibei aufgemacht und über persönliche Dinge zu sprechen versucht, aber sooft Bren auf den ihm unbekannten Stern zurückkam und genaueres über ihn wissen wollte, hatte Jason immer nur gesagt: Keine Ahnung.
Und auf die Frage »Was ist da draußen?« hatte Jason immer nur zu antworten gewußt: Sterne, nur Sterne; sonst nichts.
Dies war nun nicht gerade das, was er hören wollte, er, der zeit seines Lebens davon geträumt hatte, die Raumstation zu erreichen, der alle romantischen Hoffnungen darauf ausgerichtet hatte, irgendwann an der Möglichkeit der Raumfahrt teilhaben zu können.
Vielleicht lag es an dieser Enttäuschung, daß sich das Verhältnis zu Jason, der ihm so herzlich willkommen gewesen war, inzwischen deutlich abgekühlt hatte.
Seit den großen Ereignissen, die die Welt verändert hatten, und seit er diese Welt mit einem meist unglücklichen und häufig verängstigten jungen Mann teilte, war Bren nicht mehr fröhlich gewesen. Das war ihm bewußt.
Doch darüber wollte er an diesem angenehmen Morgen nicht denken, da er mit einem atevischen Lord, den er bewunderte, aber kaum näher kannte, bei Tisch saß und Geistesgegenwart behaupten mußte, um all die feinen Anspielungen im Gespräch mitzubekommen, das nun allerdings ins Stocken geriet.
Noch weniger gefiel ihm der Gedanke daran, daß, während er diesseits des Kanals lebte und Jason eine nur schwer erlernbare Sprache beizubringen versuchte, seine eigene Mutter nächtlichen Telefonterror erleiden mußte, verübt von Idioten, die ihn als Verräter haßten wegen seiner Kontakte zu den Eingeborenen und die die Polizei angeblich nicht zu fassen vermochte.
Auch mochte er nicht daran denken, wie er zu seiner Beinahe-Verlobten stand (er war sich nicht mehr sicher, ob er sie liebte, wie er in letzter Zeit überhaupt nicht mehr sicher war, irgend etwas auf der Welt zu mögen, ohne sein Unterbewußtsein zu prüfen); und sie war es leid, länger zu warten, wollte nicht mehr hinnehmen, daß er ständig fern von ihr war. Das hatte sie so gesagt. Mittlerweile aber vermutete er, daß sie Angst davor gehabt hatte, wie seine Mutter des Nachts telefonisch belästigt und obszön beschimpft zu werden.
Wie auch immer, sie war jetzt mit einem Mann verheiratet, den sie ganz und gar nicht liebte. Und wieder war ein Band zerrissen, das ihn, Bren, mit Mospheira verknüpft hatte.
Barb war in Sicherheit, von ihm getrennt, verheiratet mit Paul Saarinson, der einen guten Posten in der Regierungsverwaltung hatte. Daß sie Drohanrufe bekam, war nicht anzunehmen.
Bruder Toby aber war dagegen schutzlos. Man hatte seine Familie massiv bedroht, so daß die Kinder nicht mehr unbeaufsichtigt zur Schule gehen konnten – und das in der kleinen Ortschaft an der Nordküste, einer ländlichen Gegend, wo so etwas sonst nicht vorkam und es niemandem in den Sinn kam, die Haustür zu verriegeln.
Bren mochte ebensowenig daran denken, daß er womöglich noch auf dem Flughafen verhaftet würde, falls er zurückflöge und versuchte, die verfahrene Angelegenheit im Gespräch mit Verantwortlichen des Ministeriums zu klären.
Daß ihn die mospheiranische Regierung festhielte, war nicht zu befürchten, denn zum einen würde der Aiji von Shejidan alles daransetzen, ihn zurückzuholen, und zum anderen würde Tabini-Aiji
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