Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
wohl ernst, Söhnchen«, sagte sie nachdenklich zu mir und wandte sich dann an Aizela. »Also gut, meine Hübsche. Da ist mir wohl ein etwas zu harsches Wort entschlüpft. Ich entschuldige mich hiermit für meine etwas rüde Ausdrucksweise. Du bist selbstverständlich kein Flittchen.«
Ich ging nicht weiter auf Tipas schnoddrigen Tonfall und ihre dubiosen Erklärungen ein. Neben mir kämpfte Aizela schwer atmend mit ihrer Beherrschung. Die Kolonialarkonidin war, trotz der bescheidenen Möglichkeiten ihres Khasurn, in »allerbester« arkonidischer Tradition erzogen worden. In dieser Feudalgesellschaft, die auf archaischen Strukturen beruhte, konnte man mit einem falschen Wort Fehden auslösen, die über Jahrhunderte andauerten.
Hilf ihr! , forderte mich der Extrasinn auf.
»Aizela da Onur nimmt deine Entschuldigung gerne an«, sagte ich rasch. »Sie besteht allerdings darauf, dass du, um ihrer Ehre vollends gerecht zu werden, heute Abend ein Bankett gibst.«
»Den Teufel werd ich tun!«, fuhr Tipa auf. Sie marschierte im Kreis, stützte sich dabei schwer auf ihren Stock. »Mein teuer ergaunertes Geld soll ich für irgendwelche dekadenten Vergnügungen auf den Kopf hauen und darf dabei nicht einmal den Hauptpreis spielen, der zu gewinnen ist …«
»Wir nehmen deine Einladung gerne an«, sagte ich rasch, während die Alte kurz Atem holte. »Also um sieben Uhr Bordzeit?« Ich nahm Aizela galant am Arm und führte sie so schnell wie möglich aus der Kommandozentrale.
Das Schott schwang leise hinter uns zu.
»Man sollte sie töten«, sagte die Arkonidin nach einer Weile und löste sich von mir. »Wie kann sie es nur wagen, in einem derartigen Ton mit mir zu sprechen …«
»Tante Tipa ist ein besonderes Exemplar des terranischen Volkes«, gestand ich Aizela zu. »Sie sollten sich allerdings daran gewöhnen, dass der Umgangston nicht nur hier an Bord der DREADFUL weit rauer ist als im Khasurn der da Onur. Die Wirklichkeit ist ein ganzes Stückchen von jenem Elfenbeinturm entfernt, in dem Sie bislang gelebt haben.«
»Ich bin nicht so weltfremd, wie Sie annehmen, da Gonozal«, sagte die groß gewachsene Frau kühl. »Lepso bietet, wie Sie vielleicht wissen, in jeglicher Hinsicht ein abwechslungsreiches … Programm. Ich habe meine Erfahrungen mit dem Pöbel gemacht.«
»Verurteilen Sie Tipa Riordan nicht vorschnell. Sie besitzt bemerkenswerte Fähigkeiten. Ich habe Gründe, warum ich ihr Schiff für die Anreise nach Sadik gewählt habe und nicht eines meiner eigenen.«
»Für mich tut es nichts zur Sache, ob Sie sich mit Freibeutern oder mit diesem Ordnungsdienst von terranischer Gnade namens USO abgeben, da Gonozal. Sie dürfen von mir weder Verständnis noch Sympathie, noch Interesse für Ihre persönlichen Ziele erwarten. Uns verbindet lediglich eine gemeinsame Suche. Sie wollen diesem geheimnisvollen Tyarez auf die Spur kommen; ich möchte den Namen der da Onur reingewaschen wissen. Haben wir jenes Material gefunden, das beiden Seiten hilft, trennen sich augenblicklich unsere Wege.«
Aizela blieb vor ihrer Kabinentür stehen und nickte mir kurz zu. »Sie besitzen den Ruf, Frauen wie ein Großwildjäger zu jagen und bevorzugt im Schlafzimmer zu erlegen. Ihre Erfolgsquote soll beachtlich sein.« Ihre hellroten Augen glühten plötzlich auf. »Verzichten Sie auf jeglichen Versuch, Ihr Glück bei mir zu versuchen. Ich gebe mich nicht so einfach einem Mann hin; selbst wenn er Atlan da Gonozal heißt und unsterblich ist.«
Aizela drehte sich um und betrat ihre Kabine, ohne sich weiter um meine Gegenwart zu kümmern. Nachdenklich marschierte ich weiter. Die edle Dame wirkte äußerst selbstbewusst und resolut.
Man konnte über die Taten des unlängst verblichenen Patriarchen Penzar da Onur geteilter Meinung sein; mit seiner Tochter aber, deren Name so viel wie »Hoffnung« und zugleich »Optimismus« bedeutete, hatte er ausgezeichnete Arbeit abgeliefert. Ich hätte eine schlechtere Partnerin zugeteilt bekommen können.
»Du hast umdekoriert«, sagte ich zu Tipa.
»Ich lasse mich doch nicht lumpen!« Die Alte verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse, sodass es nur noch aus Runzeln, Falten und wirren grauen Haaren zu bestehen schien. »Ich will nicht, dass ich unter schlechter Nachrede leide.«
Aizela betrat Tipas Räumlichkeiten, ohne auf Ohm Santarins angebotenen Arm zu achten. Kurz blickte sie sich um, musterte mit gerümpfter Nase die schwülstige Ausstattung und begab sich schließlich zu den
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