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Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen

Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen

Titel: Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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schmal und asketisch, wie der einer Ordensschwester, die sich einem höheren Prinzip verschrieben hatte.
    Etwa Malcher? , dachte Santjun.
    »Eigentlich bin ich weitaus mehr am eigenen Überleben interessiert«, gab er scheinbar ruhig zurück. Es war sinnlose und unnütze Energieverschwendung, sich wehren zu wollen. Mit geschickten Griffen befestigte Thalia Lacroix Klebeanoden an Santjuns Körper und schloss seinen Kreislauf an die Infusionskanülen an. »Aber das werden Sie kaum zulassen.«
    »Ich darf es nicht. Ich muss Sie auf die Befragung durch den Mistkerl Marik vorbereiten.«
    Er streckte sich aus, entspannte sich und wartete auf die Schmerzen. Bisher hatte er überlebt. Er hoffte darauf, dass seine Informationen oder Hinweise das weitere Handeln des Kommandanten mitbestimmten. Dass die Medikerin jenem Malcher und dessen schräger Philosophie verfallen war, stand für ihn fest. Während er fühlte, wie seine Lebensenergie langsam dahinschwand, stellte er sich vor, warum die Ärztin so war, wie sie war.
     
     
    Malcher, dessen Vornamen nicht einmal sie kannte, ein dürrer Terraner mit 205 Zentimetern Länge bei schätzungsweise 73 Kilogramm Gewicht ohne Silberschmuck und Schuhe, hakennasig und mit silbern schimmernder Haut, zählte zu den Alptraumgestalten in Thalias Leben, besonders in den Stunden der Dunkelheit. Man sagte, dass er knapp ein Vierteljahrtausend alt sei, und so sah er auch aus. Er sah sich als Unsterblichen und verhielt sich, als habe er alle Zeit der Galaxis.
    Seine gesamte Erscheinung schien einer strengen, fast absoluten Kontrolle unterworfen. Thalia Lacroix hatte das erste Mal, als sie ihn sah, zwangsläufig an einen dürren, hakennasigen Roboter gedacht, mit schmalem, scharf geschnittenem Gesicht, der sich und seine silbrige, eingeschrumpfte Haut durch effektvolle, liturgisch wirkende Gewänder kaschierte.
    Malcher war ein filigranes Niederschwerkraft-Gespenst. Thalia hatte niemals, nicht eine Sekunde lang, den Versuch gewagt, Malcher zu unterschätzen. Damals, als Onjar Marik dessen Leibgarde angeführt hatte, war sie einige Male mit Malcher zusammengetroffen und hatte jedes Mal voll Schauder einen starken Fluchtreflex unterdrücken müssen.
    Im frühen Alter, also jenseits der 150, war seine Veranlagung voll durchgebrochen. Malcher war manisch-depressiv. Seine Brutalität kompensierte er meist erfolgreich und hatte seine Führung innerhalb der »Bruderschaft« kontinuierlich ausgebaut und bis zum heutigen Tag erfolgreich verteidigt.
    Er entschied über Fortkommen, Karriere, gesellschaftliche Achtung, Reichtum, Einfluss oder Armut. Mit scharfen Augen von stechendem Grün betrachtete er, von geheimnisvollen Leidenschaften jenseits menschlicher Fantasie geplagt, die Frauen und Männer, die von ihm abhängig waren. Er dachte nicht an dem Tod. Sein eigenes Sterben lag zweifelsohne außerhalb seiner Vorstellungsmöglichkeiten.
    Als Thalia ihm einmal die Hand gereicht hatte – oder, um genauer zu sein, er ihre Hand ergriffen hatte – hatte sie fünfzehn Tage an einem nervösen Ausschlag, einer Argentoid-Gürtelrose gelitten, die erst verschwand, nachdem sie einen jungen Leibwächter verführt und ihn zu sexuellen Höchstleistungen gezwungen hatte.
    Onjar Marik würde sich ein Bein abnehmen lassen, ohne Betäubung, und würde dabei applaudieren, wenn er dadurch neben Malcher eine machtvolle Position erwerben könnte.
    Er würde jeden Abhängigen, auch Thalia, für diesen gesellschaftlichen Aufstieg opfern. Jeden! An Bord der TRAUM DER EWIGKEIT war Malcher unsichtbar, aber allgegenwärtig.
    Thalia hasste Marik.
    Und sie fürchtete die Fernwirkung Malchers.
    Trotzdem würde sie Marik qualvoll sterben lassen, um neben dem »Unsterblichen« zu den wenigen Machtmenschen der Bruderschaft zu zählen. Der Weg zu Malcher führte über Onjar Marik. Mariks Weg zum Erfolg führte über Santjun in den Monolithen. Ihr Weg führte … sie wusste nicht weiter.
    Sie hasste sich selbst. Ihre Seele war eine kondensierte Version – während des Studiums hatte sie im Nebenfach das Epos in kommentierter Übersetzung gelesen – von Dante Alighieris Göttlicher Komödie vulgo den möglichen Kreisen der Hölle.
    Sie wünschte, man hätte sie nicht gezeugt, nicht geboren und nicht aufgezogen. Drei-, viermal hatte sie das dringende Bedürfnis gespürt – und augenblicklich unterdrückt –, sich in Santjuns Arme zu flüchten, um sich von einem Mann, der einigermaßen normal war, trösten zu lassen.
    Diese Variante war

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