Atlan TH 0003 – Der Katzer
ist Perg Ivory wegen seiner eigenmächtigen Handlungsweise in Haft genommen worden. Es war nicht anders zu erwarten. Ein Gericht wird sich in den nächsten Tagen mit seiner unbedachten Aktion beschäftigen.
Allerdings ist im Zusammenhang mit seiner Festnahme eine gefährliche Eskalation der Verhältnisse eingetreten, die mich, je länger ich darüber nachdenke, mehr und mehr beunruhigt.
Perg Ivory der Meuterei zu beschuldigen ist dermaßen widersinnig, dass man beinahe eine Art Verschwörung dahinter vermuten könnte. Dafür, dass auch seine Tochter zur Verantwortung gezogen werden soll, finde ich keine Worte mehr. Genauso gut könnte man mich der Mitwisserschaft anklagen. Ich war ebenfalls über Pergs Vorhaben informiert, und jeder weiß das.
Für meine Begriffe kann nur Gavro Yaal diese Ereignisse inszeniert haben. Seine These der totalen Abwendung von festen Himmelskörpern ist für ihn und die meisten seiner Anhänger schon zu einem Glaubensbekenntnis geworden. Für die Mannschaft muss Pergs Flug eine eklatante Verletzung dieses Grundsatzes sein. Von seinem Standpunkt aus kann Yaal das nicht einfach hinnehmen.
Bis heute habe ich die Entwicklung beobachtet, ohne konkret zu versuchen, meine eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Die wenigsten hätten ohnehin auf mich gehört. Jetzt jedoch ist das Maß voll. Ich werde diesem Treiben nicht länger tatenlos zusehen. Sosehr ich mich mit den Solanern und ihrer Weltanschauung grundsätzlich verbunden fühle – sie haben nicht das Recht, Andersdenkende auf so brutale Weise aus dem Verkehr zu ziehen.
Joscan Hellmut am 14. Juli 3590
5.
Es war lange her, seit Joscan Hellmut die Zentrale im Mittelteil der SOL zuletzt betreten hatte, und das flaue Gefühl, das ihn beherrschte, kam nicht überraschend für ihn. In gewisser Weise stand er im Begriff, die Höhle des Löwen aufzusuchen. Er fühlte sich alles andere als wohl dabei.
Seit dreieinhalb Jahren war die SOL nun unterwegs, ohne dass sich ein Terraner in die internen Angelegenheiten der Besatzung eingemischt hätte. Seit dreieinhalb Jahren bestimmten die Solgeborenen selbst, welcher Kurs eingeschlagen wurde und wie sie ihr Leben an Bord gestalten wollten.
In dieser Zeit war Joscans Einfluss stetig gesunken. Immer mehr Menschen schlossen sich Gavro Yaals Ansichten an, der mit geradezu missionarischem Eifer und ausgeprägten rhetorischen Fähigkeiten die Leute auf seine Seite zu ziehen verstand.
Er, Joscan selbst, wurde als ehemaliger Sprecher der Solgeborenen immer mehr zu einer Figur im Hintergrund. Nicht, dass man ihn gemieden hätte. Er genoss weiterhin großes Ansehen, und viele kamen zu ihm, wenn sie Rat brauchten oder ein persönliches Problem besprechen wollten. Aber er war stiller geworden, nachdenklicher, weil die gesamte Entwicklung inzwischen in Bahnen verlief, die er nicht vorausgesehen hatte und die er nicht begrüßte. Seine Meinung dazu behielt er weitgehend für sich, weil er keinen offenen Streit provozieren wollte, und oft gab er um des lieben Friedens willen nach. Nicht wenige Solaner kreideten ihm das als Schwäche an.
Nun aber war er entschlossen, sein defensives Verhalten aufzugeben. Er war sich darüber im Klaren, dass er sich mit seiner Intervention neue Feinde schaffen würde, aber das musste er riskieren.
Das alles war keine angenehme Vorstellung, und einen Moment zögerte er, als er vor dem Schott zur Zentrale stand. Dann gab er sich einen Ruck und trat entschlossen ein.
Der Eindruck zielgerichteter Geschäftigkeit umspülte ihn sofort wie eine Woge. Es wirkte befreiend auf ihn. Hier wurden Berechnungen durchgeführt und Einsatzpläne erstellt, Anweisungen gegeben und Meldungen aus anderen Schiffsbereichen entgegengenommen und bearbeitet. Die Vorbereitungen für die Aufnahme von Rohstoffen, hauptsächlich von Wasser, liefen auf vollen Touren.
Im ersten Augenblick schlug diese Atmosphäre, die er so lange entbehrt hatte, den Kybernetiker in ihren Bann. Er lächelte, blieb stehen und blickte sich um. Einige Leute, die ihn erkannten, grüßten freundlich, während sie an ihm vorbeihasteten. Eine leise Wehmut begleitete die Erinnerung an vergangene Zeiten.
Dann hatte sich Joscan Hellmut wieder in der Gewalt. Inmitten der Menschen erkannte er Gavro Yaal, der sich mit dem diensttuenden Emotionauten unterhielt.
Er streifte alle anderen Eindrücke von sich ab und schritt auf ihn zu.
Als Yaal den Kybernetiker bemerkte, hob er unwillig den Kopf. Der Emotionaut, der die Spannung
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