Atlan TH 0003 – Der Katzer
etwas aufgefangen haben, was ihn zutiefst erschreckt hatte. Nur so war sein seltsames Verhalten zu erklären.
Als sich hinter ihr das Schott zu ihrer Kabine ohne ihr Zutun öffnete, fuhr sie erschrocken aus dem Sessel hoch. Sie drehte sich um und erkannte zwei Männer, die mit vorgehaltenen Blastern in den Raum eindrangen.
Mit einem Schlag wurde ihr alles klar. Der Katzer hatte nach ihrem Besuch keine Ruhe mehr gefunden. Er war einem seiner Grundsätze untreu geworden und hatte in den Gedanken anderer Menschen gelesen. Er musste wissen, was mit ihrem Vater geschehen war, zumindest dass er noch lebte; nur deshalb war er vorhin so ruhig geblieben. Und er hatte erkannt, was hier, in ihrer Kabine, gleich geschehen würde; deshalb war er so verändert gewesen, bevor er die Verbindung unterbrach.
Im Nachhinein schämte sie sich für die Angst, die sie vor ihm empfunden hatte. Seine letzten Worte erhielten nun einen Sinn. Obwohl er die Gefahr erfasste, sah er sich außerstande, direkt einzugreifen. Es war der Grund für sein merkwürdiges Verhalten.
Diese und ähnliche Gedanken schossen ihr durch den Kopf, während die Eindringlinge sich aufmerksam umsahen, ohne sie jedoch aus den Augen zu lassen. Schließlich trat einer der Männer auf sie zu.
»Du bist France Ivory?«
»Ja.« Sie nickte. »Die bin ich.« Sie verstand nicht, was sie von ihr wollten. Sie war sich nicht bewusst, etwas getan zu haben, was den Einsatz von zwei bewaffneten Sicherheitsleuten rechtfertigte. Allerdings begriff sie, dass sie alles nur noch verschlimmern würde, wenn sie protestierte oder sich gar wehrte. Sie zwang sich, ruhig zu bleiben.
»Wir würden von dir gern erfahren, wo sich dein Vater aufhält«, sagte der Mann. Seine Augen blickten lauernd. Irgendwie kam ihr die Situation unwirklich vor. Sie hätte jedoch nicht zu erklären vermocht, warum das so war. Etwas sagte ihr, dass die Offiziere die Antwort auf die Frage längst kannten.
»Das weiß ich nicht«, sagte sie ausweichend. »Ich habe seit Stunden nichts von ihm gehört.«
Die glühenden Abstrahlmündungen der Blaster nahmen ihr das Recht, Fragen nach dem Sinn des Verhörs zu stellen. Tief im Innern argwöhnte sie jedoch, dass die Männer sie in eine Falle locken wollten. Eine konkrete Vorstellung davon hatte sie nicht, dennoch blieb sie vorsichtig. Sie hob die Schultern.
»Mir ist nur bekannt, dass er die Absicht hatte, einen Inspektionsflug zu unternehmen ...«, fügte sie dann hinzu.
Der Mann nickte knapp. Seine Lippen bildeten einen dünnen Strich. »Das genügt!«
Im gleichen Moment begriff sie, dass die Falle zugeschnappt war. Es war, als schlösse sich eine eisige Klammer um ihren Körper. Aus ihrer Aussage folgerten die beiden Männer offenbar, dass sie über das Vorhaben ihres Vaters informiert gewesen war und sie ihn nicht davon abgehalten hatte. Etwas anderes schienen die Sicherheitsleute gar nicht hören zu wollen.
Sie fühlte sich hart am Arm gepackt und mitgezerrt. In einem instinktiven Reflex sträubte sie sich, doch daraufhin wurde der Griff nur noch fester.
»Sei vernünftig, France Ivory! Wir müssen dich mitnehmen.«
»Warum?«, schrie sie, während sich ihr Gesicht vor Zorn rötete. »Was habe ich getan?«
»Dein Vater ist wegen Meuterei angeklagt, und du hast dich mit deiner Antwort der Mitwisserschaft überführt. Es bleibt uns nichts übrig, als dich ebenfalls zu verhaften.«
Hätte sie nicht den Druck und die unsanfte Behandlung gespürt, wäre sie sich vorgekommen wie in einem Traum oder einem schlechten Film.
»Meuterei ...?«, stammelte sie fassungslos. »Wisst ihr überhaupt, was Meuterei ist ...?«
Sie begriff nichts mehr. Das konnte nicht wahr sein. Sie fühlte sich als Opfer einer gemeinen Intrige, hintergangen und getäuscht. Als sie zwischen den Männern auf den Gang hinaustrat, konnte sie kaum einen klaren Gedanken fassen. Alles war unverständlich und verworren.
Nur das Bewusstsein, dass an anderer Stelle jemand dieses grausame Spiel verfolgte, hielt sie aufrecht. Aus der Wirrnis ihrer Empfindungen schälte sich die Gestalt heraus, der sie so viel Vertrauen entgegenbrachte.
Bjo ...!
Sie legte ihre ganze Verzweiflung in den stummen Ruf. Auf geistigem Weg versuchte sie, sich verständlich zu machen, ihn zu erreichen.
Bjo! Ich weiß, dass du mich hören kannst. Ich brauche deine Hilfe. Was hier geschieht, ist Unrecht! Hilf meinem Vater und mir, wenn du dazu in der Lage bist! Hilf uns! Bitte ...
4.
Wie ich es befürchtet habe,
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