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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Hosenscheißer!«, sagte sie. Danach hielt
Harry sich besser, aber er schaukelte immer noch von Steuerbord nach Backbord. Für Bobby sah das verbliebene Hinken des Jungen echt aus. Wahrscheinlich war es auch echt. Dieser letzte Schlag, der auf Harrys Arsch, war ein absoluter Hammer gewesen.
    Als sie wieder in der Wohnung waren, fragte Liz ihn in demselben ruhigen Ton: »War das einer der Jungs, die Carol verletzt haben?«
    »Ja.«
    »Kannst du ihm aus dem Weg gehen, bis wir umziehen?«
    »Ich glaub schon.«
    »Gut«, sagte sie und gab ihm einen Kuss. Sie küsste ihn so gut wie nie, und es war wundervoll, wenn sie es tat.
     
    Weniger als eine Woche vor ihrem Umzug - die Wohnung füllte sich langsam mit Pappkartons und nahm ein seltsam entblößtes Aussehen an - holte Bobby Carol Gerber im Park ein. Sie war ausnahmsweise einmal allein unterwegs. Er hatte sie oft mit ihren Freundinnen spazieren gehen sehen, aber das reichte ihm nicht, es war nicht das, was er wollte. Jetzt war sie endlich allein, und erst als sie ihn über die Schulter hinweg anschaute und er die Angst in ihren Augen sah, begriff er, dass sie ihm aus dem Weg gegangen war.
    »Bobby«, sagte sie. »Wie geht’s dir?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Ganz gut, schätze ich. Ich hab dich lange nicht gesehen.«
    »Du hast mich nicht mehr besucht.«
    »Nein«, sagte er. »Nein, ich …« Was? Wie sollte er den Satz beenden? »Ich war ziemlich beschäftigt«, schloss er lahm.
    »Oh. Aha.« Er wäre damit fertig geworden, wenn sie kühl zu ihm gewesen wäre. Womit er nicht fertig wurde, war die
Angst, die sie zu verbergen versuchte. Ihre Angst vor ihm. Als ob er ein Hund wäre, der sie beißen könnte. Bobby sah ein verrücktes Bild vor seinem geistigen Auge, wie er auf alle viere ging und anfing zu bellen. Ruup-ruup-ruup.
    »Ich ziehe weg.«
    »Sully hat’s mir erzählt. Aber er wusste nicht genau, wohin. Ich glaube, ihr seid nicht mehr so eng befreundet wie früher.«
    »Nein«, sagte Bobby. »Nicht so wie früher. Aber … hier.« Er steckte die Hand in seine Gesäßtasche und holte ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus, das aus einem Schulheft stammte. Carol sah es unschlüssig an, griff danach, zog die Hand dann aber wieder zurück.
    »Es ist nur meine Adresse«, sagte er. »Wir ziehen nach Massachusetts. In eine Stadt namens Danvers.«
    Bobby hielt ihr den zusammengefalteten Zettel hin, aber sie nahm ihn immer noch nicht, und er hätte am liebsten losgeheult. Er erinnerte sich daran, wie er mit ihr auf dem Riesenrad in der Gondel gesessen hatte und wie es dort oben gewesen war, auf dem Gipfel der ganzen erleuchteten Welt. Er erinnerte sich an ein Handtuch, das sich wie ein Flügelpaar öffnete, an sich drehende Füße mit winzigen lackierten Nägeln und an den Duft von Parfüm. »She’s dancin to the drag, the cha-cha rag-a-mop«, sang Freddy Cannon aus dem Zimmer nebenan, und es war Carol, es war Carol, es war Carol.
    »Ich dachte, du könntest mir vielleicht schreiben«, sagte er. »Ich werd wahrscheinlich Heimweh haben. Eine neue Stadt und alles.«
    Carol nahm den Zettel endlich an sich und steckte ihn in die Tasche ihrer Shorts, ohne ihn anzusehen. Wahrscheinlich
wirft sie ihn weg, wenn sie nach Hause kommt, dachte Bobby, aber es war ihm egal. Sie hatte ihn wenigstens genommen. Das würde als Sprungbrett für jene Zeiten reichen, in denen er seinen Geist abwenden musste und dazu brauchten keine niederen Männer in der Nähe zu sein, hatte er festgestellt.
    »Sully sagt, du hast dich verändert.«
    Bobby antwortete nicht.
    » Viele Leute sagen das.«
    Bobby antwortete nicht.
    »Hast du Harry Doolin verprügelt?«, fragte sie, und ihre kalte Hand schloss sich um Bobbys Handgelenk. »Warst du das?«
    Bobby nickte langsam.
    Carol schlang ihm die Arme um den Hals und küsste ihn so heftig, dass ihre Zähne zusammenprallten. Ihre Lippen lösten sich mit einem hörbaren Schmatzen voneinander. Bobby küsste drei Jahre lang kein anderes Mädchen auf den Mund, und er wurde in seinem ganzen Leben nie wieder von einem Mädchen so geküsst.
    »Gut!«, sagte sie mit leiser, grimmiger Stimme. Es war fast ein Knurren. »Gut!«
    Dann lief sie in Richtung Broad Street davon, und ihre vom Sommer gebräunten und von vielen Spielen und vielen Bürgersteigen verschorften Beine blitzten in der Sonne auf.
    »Carol!«, rief er ihr nach. »Carol, warte!«
    Sie lief weiter.
    »Carol, ich liebe dich!«
    Daraufhin blieb sie stehen … aber vielleicht lag es auch nur

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