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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich an ihn heran. Er holte erst dann mit seinem Baseballschläger aus, als er nah genug war, um sicher zu sein. Als er ihn in die Höhe hob, dachte er an Teds Worte: Drei Jungs gegen ein kleines Mädchen. Sie müssen dich für eine Löwin gehalten haben. Aber Carol war natürlich keine Löwin; und er war auch kein Löwe. Sully war der Löwe, der Lion, aber Sully war damals nicht da gewesen und war auch jetzt nicht hier. Wer sich da gerade von hinten an Harry Doolin anschlich, war nicht mal ein Wolf. Er war bloß eine Hyäne, aber was machte das schon? Hatte Harry Doolin was anderes verdient?

    Nein, dachte Bobby und schwang den Schläger. Er traf sein Ziel mit dem gleichen befriedigenden, dumpfen Laut wie sein dritter und bester Schlag am Lake Canton, als er den Ball weit ins linke Außenfeld geschickt hatte. Harry Doolins Kreuz zu treffen war sogar noch besser.
    Harry schrie vor Schmerz und Überraschung auf und flog der Länge nach hin. Als er sich umdrehte, ließ Bobby die Keule sofort auf sein Bein niedersausen; diesmal landete der Schlag knapp unter dem linken Knie. »Auuuuu!«, schrie Harry. Es war äußerst befriedigend, Harry Doolin schreien zu hören; sogar geradezu eine Wonne. »Auuuuu, tut das weh! Tut das weehhh!«
    Ich darf ihn nicht aufstehen lassen, dachte Bobby und suchte sich mit kaltem Auge die nächste Stelle aus. Er ist doppelt so groß wie ich. Wenn ich einmal danebenhaue und ihn aufstehen lasse, reißt er mich in Stücke. Der bringt mich glatt um.
    Harry versuchte, den Rückzug anzutreten; seine Turnschuhe gruben sich in den Kies, er zog mit dem Hintern eine Furche und paddelte mit den Ellbogen. Bobby schwang die Keule und traf ihn in den Bauch. Der Schlag trieb Harry die Luft aus den Lungen, seine Ellbogen gaben nach, und er fiel auf den Rücken. Seine Augen waren glasig; sonnenhelle Tränen standen darin. Seine Pickel zeichneten sich als große violette und rote Flecken ab. Sein Mund - schmal und gemein an dem Tag, als Rionda Hewson sie gerettet hatte - war jetzt ein großes, zitterndes Loch. »Auuuuu, hör auf, ich ergebe mich, ich ergebe mich, o Gott, hör schon auf!«
    Er erkennt mich nicht, begriff Bobby. Die Sonne scheint ihm in die Augen, und er weiß nicht mal, wer ich bin.

    Das reichte nicht. »Nicht gut genug, Jungs!«, sagten die Gruppenleiter in Camp Winnie nach einer unbefriedigend verlaufenen Hütteninspektion - das hatte Sully ihm erzählt, auch wenn es Bobby völlig kaltließ; wer zum Henker interessierte sich schon für Hütteninspektionen und die Herstellung perlenbestickter Brieftaschen?
    Aber hierfür interessierte er sich, ja, wahrhaftig, und er beugte sich dicht über Harrys schmerzverzerrtes Gesicht. »Erinnerst du dich an mich, Robin Hood?«, fragte er. »Du erinnerst dich doch an mich, oder? Ich bin das Maltex-Baby.«
    Harry hörte auf zu schreien. Er starrte zu Bobby hinauf. Endlich erkannte er ihn. »Krieg … dich …«, brachte er hervor.
    »’nen Scheiß kriegst du«, sagte Bobby, und als Harry ihn am Knöchel zu packen versuchte, trat Bobby ihn in die Rippen.
    »Auuuuu!«, schrie Harry Doolin und kehrte damit wieder zu seinem vorherigen Text zurück. Was für ein dummes Arschloch! Blödmänner, kommet zuhauf! Das hat mir wahrscheinlich mehr wehgetan als dir, dachte Bobby. Jemand zu treten, wenn man Turnschuhe anhat, ist was für Vollidioten.
    Harry rollte sich herum. Als er sich mühsam hochrappelte, holte Bobby zu einem echten Homerun-Schlag aus und klatschte Harry den Schläger mit voller Wucht auf den Hintern. Es klang, als hätte ein Teppichklopfer einen schweren Teppich getroffen - ein wundervolles Geräusch! In diesem Moment hätte es nur noch eine einzige Steigerung gegeben, nämlich wenn Mr. Biderman ebenfalls ausgestreckt auf dem Weg gelegen hätte. Bobby wusste genau, wohin er den gern schlagen würde.

    Aber wenig war besser als gar nichts. Das sagte seine Mutter jedenfalls immer.
    »Das war für das Gerber-Baby«, sagte Bobby. Harry lag wieder platt auf dem Weg und schluchzte. Rotz lief ihm in dicken grünen Strömen aus der Nase. Mit einer Hand versuchte er kläglich, wieder etwas Gefühl in seinen tauben Arsch zu reiben.
    Bobbys Hand umfasste den mit Klebeband umwickelten Griff des Schlägers fester. Er wollte ihn hochheben und ihn ein letztes Mal niedersausen lassen, und zwar nicht auf Harrys Schienbein oder Rücken, sondern auf Harrys Kopf. Er wollte Harrys Schädel knacken hören, und wirklich, wäre die Welt nicht ein besserer Ort ohne ihn?

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