Atlantis
draußen, und Riley hat’s geschluckt!«, trötete Ronnie hämisch. »Du gehst baden, Bauerntrampel!«
»Kann sein«, sagte ich. Und vielleicht, dachte ich, würde Ronnie Malenfant das Grinsen bald vergehen. Mit einem erfolgreichen Durchmarsch konnte ich den dämlichen Nick Prouty über hundert bringen und Ronnie eine Runde vermasseln, die er fast schon gewonnen hatte.
Drei Stiche später war klar, was ich im Schilde führte. Wie erhofft, verwandelte sich Ronnies höhnisches Grinsen in den Ausdruck, den ich am liebsten in seinem Gesicht sah - ein verstimmtes Schmollen.
»Das schaffst du nicht«, sagte er. »Ich glaub’s nicht. Nicht bei einem Handkartenspiel. Dazu reicht’s bei dir nicht.« Aber er wusste, dass es möglich war. Man hörte es ihm an.
»Tja, mal sehen«, sagte ich und spielte das Herz-Ass. Ich ging jetzt ganz offen vor, aber warum auch nicht? Wenn die
Herzen gleichmäßig verteilt waren, konnte ich die Runde jetzt sofort gewinnen. »Mal sehen, was wir …«
»Schaut!«, rief Skip an dem Tisch, der dem Fenster am nächsten stand. Seine Stimme klang ungläubig und ehrfürchtig zugleich. »Heiliger Bimbam, das ist Stokely, verdammt!«
Das Spiel stoppte. Wir drehten uns alle auf unseren Stühlen um und schauten aus dem Fenster auf die dunkler werdende, tropfende Welt unter uns. Die vier Jungs in der Ecke stand auf, um etwas zu sehen. Die alten schmiedeeisernen Lampen auf dem Bennett’s Walk warfen matte elektrische Lichtkegel in den Bodennebel, und ich musste an London und Tyne Street und Jack the Ripper denken. Oben auf der Anhöhe wirkte das Holyoke Commons mehr denn je wie ein Ozeandampfer. Die Konturen des Gebäudes verschwammen im Regen, der an den Fenstern des Aufenthaltsraums herunterlief.
»Der verdammte Ratz-Fatz, bei diesem Scheißwetter draußen - ich glaub’s nicht«, hauchte Ronnie.
Stoke kam in raschem Tempo den Pfad vom nördlichen Eingang der Chamberlain zu der tiefsten Stelle von Bennett’s Run herunter, wo alle Asphaltpfade sich trafen. Er trug seinen alten Dufflecoat, und es war klar, dass er nicht gerade erst aus dem Wohnheim gekommen war; der Mantel war völlig durchnässt. Selbst durch die triefende Glasscheibe konnten wir das Friedenszeichen auf seinem Rücken sehen, so schwarz wie die Worte, die jetzt teilweise von einem rechteckigen gelben Segeltuch verdeckt waren (falls es noch hing). Seine wilden Haare hatten vor der Nässe kapituliert.
Stoke warf keinen einzigen Blick auf sein KILLER-PRÄSIDENT-Graffito, sondern stapfte nur weiter in Richtung
Bennett’s Walk. Er ging schnell - ich hatte ihn noch nie so schnell gehen sehen - und achtete nicht auf den peitschenden Regen, den aufsteigenden Nebel oder den Matsch unter seinen Krücken. Wollte er stürzen? Forderte er den Matsch heraus, doch zu versuchen, ihn zu Boden zu werfen? Ich weiß es nicht. Vielleicht war er einfach so tief in Gedanken, dass er gar nicht merkte, wie schnell er sich bewegte und wie rutschig die Wege waren. So oder so, er würde nicht sehr weit kommen, wenn er nicht langsamer machte.
Ronnie begann zu kichern, und das Geräusch griff um sich wie eine kleine Flamme in trockenem Zunder. Ich wollte nicht mit einstimmen, konnte aber nicht anders. Skip auch nicht, wie ich sah. Zum Teil, weil Kichern ansteckend ist, aber auch, weil es wirklich komisch war. Ich weiß, wie gemein das klingt, natürlich weiß ich das, aber ich bin jetzt schon zu weit gegangen, um nicht die Wahrheit über jenen Tag zu sagen … und über diesen Tag, fast ein halbes Leben später. Denn ich finde es immer noch komisch, ich lächle immer noch, wenn ich daran zurückdenke, wie er aussah, ein wild gewordenes Aufziehspielzeug in einem Dufflecoat, das durch den strömenden Regen stapfte und Wasser von seinen Krücken aufspritzen ließ. Man wusste, was passieren würde, man wusste es einfach, und das war das komischste daran - die Frage, wie weit er kommen würde, bevor er den unvermeidlichen Sturz hinlegte.
Lennie hatte eine Hand vors Gesicht geschlagen, starrte zwischen den gespreizten Fingern hindurch und kreischte vor Lachen; Tränen liefen ihm aus den Augen. Hugh Brennan hielt sich den nicht unbeträchtlichen Bauch und brüllte wie ein Esel, der in einem Schlammloch steckte. Mark St. Pierre hatte völlig die Kontrolle über sich verloren; er
heulte vor Lachen und sagte, er mache sich gleich in die Hose, er habe zu viel Cola getrunken und werde sich die Scheiß-Jeans bespritzen. Ich lachte so heftig, dass ich meine Karten
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