Atlantis
Öffentlichkeit »Fuck« gesagt hatte, und ein anderer bemerkte, in der Ed Sullivan Show dürfe man auf den Fingern pfeifen, aber nicht an der Pfeife fingern. Es war eine Welt, in der einige Worte immer noch einen Schock auslösten.
Ja, wir kannten das Wort fuck . Natürlich kannten wir es. Wir benutzten es die ganze Zeit, in den verschiedensten Bedeutungen: verdammt, verfickt, leck mich, dieser Scheiß kerl, zur Hölle mit diesem und jenem und so weiter und so fort. Aber dort standen, in anderthalb Meter hohen schwarzen Lettern, die Worte FUCK JOHNSON. Zur Hölle mit Johnson . Zur Hölle mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten! Und KILLER-PRÄSIDENT! Jemand hatte den Präsidenten der Vereinigten Staaten als Mörder bezeichnet! Wir konnten es nicht glauben.
Als ich vom Holyoke zurückkam, war der andere Wagen der Campus-Polizei eingetroffen, und sechs Campus-Cops - fast die gesamte verdammte Truppe, nach meiner Berechnung - versuchten, ein großes gelbes Segeltuchrechteck über die Botschaft zu spannen. Die Menge murrte und begann dann zu buhen. Die Cops sahen sie verärgert an. Einer rief ihnen zu, sie sollten machen, dass sie wegkämen, sie hätten doch wohl noch was anderes zu tun. Das mochte stimmen, aber offenbar gefiel es den meisten genau dort, wo sie waren, denn die Menge wurde nicht merklich kleiner.
Der Cop, der das linke Ende der Segeltuchplane hielt, rutschte im Schnee aus und wäre beinahe hingefallen. Ein paar Zuschauer applaudierten. Der Cop, der ausgerutscht war, schaute zu den Applaudierenden hinüber, und für einen Sekundenbruchteil huschte ein Ausdruck schwärzesten Hasses über sein Gesicht. Das war für mich der Augenblick, als die Dinge sich wirklich zu verändern begannen, als eine echte Kluft zwischen den Generationen entstand.
Der Cop, der ausgerutscht war, wandte sich ab und kämpfte erneut mit dem Stück Segeltuch. Am Ende begnügten sie sich damit, das erste Friedenszeichen und das FUCK
von FUCK JOHNSON! zu verdecken. Und sobald das wirklich schlimme Wort verborgen war, löste die Menge sich tatsächlich auf. Der Schnee verwandelte sich allmählich in Schneeregen, und es war ungemütlich geworden, hier herumzustehen.
»Pass lieber auf, dass die Cops deine Jacke nicht von hinten sehen«, sagte Skip, und ich schaute mich um. Er stand in einem Sweatshirt mit Kapuze neben mir, die Hände tief in der Fronttasche vergraben. Sein Atem kam in gefrorenen Wölkchen aus seinem Mund; sein Blick wich nicht von den Campus-Cops und dem Teil der Botschaft, der noch zu sehen war: JOHNSON! KILLER-PRÄSIDENT! RAUS AUS VIETNAM - SOFORT! »Sonst denken sie noch, du warst das. Oder ich.«
Mit einem kleinen Lächeln drehte Skip sich um. Eine weitere Spatzenspur aus knallroter Tinte zierte die Rückseite seines Sweatshirts.
»Du meine Güte«, sagte ich. »Wann hast du das denn gemacht?«
»Heute Vormittag. Ich hab’s bei Nate gesehen.« Er zuckte die Achseln. »Es war so cool, dass ich’s unbedingt nachmachen musste.«
»Die werden nicht denken, dass wir das waren. Keine Sekunde lang.«
»Nein, wahrscheinlich nicht.«
Die einzige Frage war, warum sie Stoke nicht bereits befragten … nicht, dass sie viele Fragen stellen müssten, um die Wahrheit aus ihm herauszuholen. Aber wenn Ebersole, der Disziplinarbeamte, und Garretsen, der Dekan für männliche Studenten, nicht mit ihm sprachen, dann nur, weil sie noch nicht mit …
»Wo ist Dearie?«, fragte ich. »Weißt du das?« Der Schneeregen war jetzt sehr stark, er rauschte durch die Bäume und prasselte vernehmlich auf jeden Zentimeter bloßer Haut.
»Der junge, heldenhafte Mr. Dearborn ist mit einem runden Dutzend seiner ROTC-Kameraden unterwegs und streut Gehwege und Pfade«, sagte Skip. »Wir haben sie vom Aufenthaltsraum aus gesehen. Sie fahren mit einem echten Army-Laster durch die Gegend. Malenfant hat gesagt, ihre Schwänze seien wahrscheinlich so hart, dass sie eine Woche lang nicht auf dem Bauch schlafen könnten. Ich fand, das war ziemlich gut für Ronnie.«
»Wenn Dearie zurückkommt …«
»Ja, wenn er zurückkommt.« Skip zuckte die Achseln, als wollte er sagen, dass das alles außerhalb unserer Macht stünde. »Jetzt sollten wir erst mal zusehen, dass wir aus diesem Matsch rauskommen und ein bisschen Karten spielen, was sagst du?«
Ich wollte eine Menge über viele Dinge sagen … aber dann tat ich es doch nicht. Wir gingen hinein, und am Nachmittag war das Spiel wieder voll im Gang. Es fanden fünf »Unterspiele« mit
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