Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
schlugen in die Höhe wie die eines Turners, der einen fantastischen Trick am Schwebebalken vollführt, und er knallte mit einem gewaltigen Klatschen auf den Rücken. Wir konnten es sogar noch im Aufenthaltsraum
im zweiten Stock hören. Es war das endgültige Tüpfelchen auf dem i.
    Der Aufenthaltsraum sah wie ein Irrenhaus aus, dessen Insassen alle gleichzeitig eine Lebensmittelvergiftung bekommen hatten. Wir taumelten ziellos herum, lachend, die Hände in den Hals gekrallt, und Tränen schossen uns aus den Augen. Ich hielt mich an Skip fest, weil meine Beine mich nicht mehr tragen wollten; meine Knie fühlten sich wie Nudeln an. Ich lachte so heftig wie noch nie in meinem Leben, heftiger, als ich seitdem je wieder gelacht habe, glaube ich, und trotzdem dachte ich immer wieder daran, wie Carol auf dem Milchkasten neben mir gesessen hatte, die Beine übereinandergeschlagen, in der einen Hand die Zigarette, in der anderen den Schnappschuss, und gesagt hatte: Harry Doolin hat mich geschlagen … Willie und der andere haben mich festgehalten, damit ich nicht weglaufen konnte … Zuerst haben sie nur Spaß gemacht, glaube ich, und dann … dann nicht mehr.
    Draußen auf dem Bennett’s Walk versuchte Stoke, sich aufzusetzen. Er bekam den Oberkörper teilweise aus dem Wasser … und legte sich dann wieder der Länge nach hin, als wäre dieses eisige, matschige Wasser ein Bett. Er hob beide Arme in einer beinahe beschwörenden Geste zum Himmel und ließ sie dann wieder sinken. Es war der Inbegriff aller Kapitulationen, zusammengefasst in drei Bewegungen: das Hinlegen, das Hochheben der Arme, das doppelte Klatschen, als sie, weit ausgebreitet, zu beiden Seiten niederfielen. Es war das endgültige Scheiß drauf, macht, was ihr wollt, ich steige aus.
    »Komm mit«, sagte Skip. Er lachte immer noch, war aber zugleich auch absolut ernst. Ich hörte den Ernst in seinem
Lachen und sah ihn in seinem hysterisch verzerrten Gesicht. Ich war froh, dass er da war, Herrgott, war ich froh. »Los, bevor das blöde Arschloch ertrinkt.«
    Skip und ich zwängten uns Schulter an Schulter durch die Tür des Aufenthaltsraums, sprinteten durch den Flur im zweiten Stock, prallten dabei wie Flipperkugeln voneinander ab und taumelten; wir waren fast so außer Kontrolle, wie Stoke es auf dem Pfad gewesen war. Die meisten anderen folgten uns. Der Einzige, von dem ich genau weiß, dass er es nicht tat, war Mark; er ging in sein Zimmer, um seine durchnässten Jeans zu wechseln.
    Auf dem Treppenabsatz im ersten Stock trafen wir Nate - es hätte nicht viel gefehlt, und wir hätten ihn umgerannt. Er stand mit einem Armvoll Bücher in einer Plastiktüte da und sah uns ziemlich erschrocken an.
    »Ach du meine Güte«, sagte er. Das war Nates stärkster verbaler Ausbruch: Ach du meine Güte. »Was ist denn mit euch los?«
    »Komm mit«, sagte Skip. Seine Kehle war so eng, dass die Worte mit einem Knurren herauskamen. Wenn ich vorher nicht mit ihm zusammen gewesen wäre, hätte ich geglaubt, dass er gerade einen Weinkrampf hinter sich hatte. »Es geht nicht um uns, sondern um den verdammten Jones. Er ist hingefallen. Er braucht …« Skip brach ab, als ihn erneut gewaltige Lachsalven von ganz tief unten überwältigten und durchschüttelten. Er sackte an die Wand und verdrehte die Augen in einer Art ausgelassener Erschöpfung. Er schüttelte den Kopf, als wollte er es abwehren, aber natürlich kann man Gelächter nicht abwehren; wenn es kommt, pflanzt es sich in deinen Lieblingssessel und bleibt, solange es will. Über uns begann die Treppe zu dröhnen, als
die Kartenspieler aus dem zweiten Stock herabgestürmt kamen. »Er braucht Hilfe«, beendete Skip seinen Satz und wischte sich die Augen.
    Nate sah mich mit wachsender Verwirrung an. »Wenn er Hilfe braucht, warum lacht ihr dann?«
    Ich konnte es ihm nicht erklären. Zum Teufel, ich konnte es mir selbst nicht erklären. Ich packte Skip am Arm und zerrte daran. Wir rannten die Treppe zum Erdgeschoss hinunter. Nate folgte uns. Die anderen auch.

34
    Das Erste, was ich sah, als wir durch die nördliche Tür ins Freie platzten, war das gelbe Segeltuchrechteck. Es lag auf dem Boden, voller Wasser und darin treibender Schneematschklumpen. Dann sickerte mir das Wasser auf dem Pfad in die Turnschuhe, und mein Interesse an den Sehenswürdigkeiten ließ radikal nach. Es war eiskalt. Der Regen prasselte wie mit Nadeln, die nicht ganz aus Eis waren, auf meine bloße Haut herab.
    Im Bennett’s Run stand das Wasser

Weitere Kostenlose Bücher