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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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jeweils vier Teilnehmern statt; der Raum war blau vom Rauch, und jemand hatte einen Plattenspieler reingeholt, sodass wir uns die Beatles und die Stones anhören konnten. Jemand anders brachte eine zerkratzte Single von »96 Tears« zum Vorschein, und die rotierte mindestens eine Stunde lang ununterbrochen auf dem Plattenteller: cry cry cry. Von den Fenstern aus hatte man einen guten Blick auf Bennett’s Run und Bennett’s Walk, und ich schaute immer wieder dort hinaus und rechnete damit, David Dearborn und ein paar seiner Khaki-Kumpels auf die Nordwand des Wohnheims starren und vielleicht
darüber diskutieren zu sehen, ob sie Stoke Jones mit ihren Karabinern auf den Pelz rücken oder ihn bloß mit ihren Bajonetten jagen sollten. Natürlich würden sie nichts dergleichen tun. Sie schrien vielleicht »Kill Cong! USA vor!«, wenn sie auf dem Football-Platz exerzierten, aber Stoke war ein Krüppel. Sie würden sich mit Freuden damit zufriedengeben, mit anzusehen, wie er mit einem Tritt in seinen kommunistenfreundlichen Arsch von der University of Maine befördert wurde.
    Ich wollte nicht, dass es dazu kam, aber ich wusste nicht, wie man es verhindern konnte. Stoke hatte schon seit Semesterbeginn eine Spatzenspur auf dem Rücken seines Mantels gehabt, lange bevor wir anderen kapiert hatten, was sie bedeutete, und Dearie wusste das. Außerdem würde Stoke es zugeben. Er würde die Fragen des Dekans und des Disziplinarbeamten genauso beantworten, wie er sich auf seinen Krücken bewegte - er würde sich bedingungslos reinhängen.
    Und überhaupt schien mir die ganze Sache allmählich schon wieder in weiter Ferne zu liegen, okay? So wie meine Kurse. So wie Carol, nachdem ich nun begriffen hatte, dass sie nicht mehr zurückkommen würde. So wie der Gedanke, eingezogen und in ein fremdes Land geschickt zu werden, um dort im Dschungel zu sterben. Was mir dagegen real und konkret vorkam, war, diese böse Schlampe aus ihrem Versteck zu scheuchen oder einen Durchmarsch zu machen und jedem anderen am Tisch sechsundzwanzig Punkte auf einen Streich unterzujubeln. Was mir real vorkam, war Hearts.
    Doch dann geschah etwas.

33
    Gegen vier Uhr ging der Schneeregen in Regen über, und als um halb fünf die Dunkelheit hereinzubrechen begann, sahen wir, dass Bennett’s Run acht bis zehn Zentimeter tief unter Wasser stand. Der Walk sah weitgehend wie ein Kanal aus. Unter dem Wasser war ein eisiger, schmelzender, gallertartiger Matsch.
    Das Tempo des Spiels verlangsamte sich, als wir beobachteten, wie die Unglücklichen vom Spüldienst von den Wohnheimen zum Palast in der Prärie hinübergingen. Einige von ihnen - die Klügeren - nahmen die Abkürzung über den Hang und bahnten sich einen Weg durch den rasch schmelzenden Schnee. Die anderen kamen die Pfade herunter und rutschten und glitschten dabei auf dem trügerischen eisigen Untergrund herum. Ein dicker Nebel stieg langsam von dem nassen Boden auf, sodass die Leute noch weniger sahen, wohin sie die Füße setzten. An der Stelle, wo die Pfade zusammenliefen, traf ein Junge aus der King ein Mädchen aus der Franklin. Als sie zusammen den Bennett’s Walk entlanggingen, rutschte der Junge aus und hielt sich an dem Mädchen fest. Sie wären fast beide hingefallen, schafften es aber, sich gemeinsam auf den Beinen zu halten. Wir klatschten alle Beifall.
    An meinem Tisch begannen wir mit einem Handkartenspiel. Ronnies wieselartiger kleiner Freund Nick hatte mir unglaubliche dreizehn Karten gegeben, vielleicht die besten Handkarten, das ich je bekommen hatte. Es war die Chance zu einem Durchmarsch: sechs hohe Herzen und keine richtig niedrigen, Pik-König und Pik-Dame, dazu Bildkarten in den anderen beiden Farben. Meine einzige kritische Karte
war die Herz-Sieben, aber bei einem Handspiel schlafen die anderen manchmal; niemand rechnet damit, dass man in einer Situation, in der man sein ursprüngliches Blatt nicht verbessern kann, einen Durchmarsch versucht.
    Lennie Doria hatte die Schwuchtel und spielte sie aus. Ronnie warf sofort das Pik-As ab. Er fand das toll. Ich auch; meine Bildkarten in Pik waren nun beide hoch. Die Dame bedeutete dreizehn Punkte, aber wenn ich alle Herzen bekam, würde nicht ich diese Punkte aufgebrummt kriegen, sondern Ronnie, Nick und Lennie.
    Ich überließ Nick den Stich. Drei weitere Stiche gingen ereignislos über den Tisch - erst suchte Nick nach Karos, dann Lennie -, und schließlich nahm ich die Herz-Zehn, die in einem Kreuz-Stich lag.
    »Das erste Herz ist

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