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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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als wäre da schon mehr als ein Name draufgeschrieben worden.«
    »Er ist mir gestohlen worden, als ich noch klein war.« Redet er zu viel? Schwer zu sagen. Wheelock hat es geschafft, ihn zu überrumpeln, der Scheißkerl. Zuerst klingelt das Telefon, als er in seinem Büro ist - der gute alte Ed von NYNEX -, und jetzt das. »Der Dieb hat seinen Namen draufgeschrieben, während er den Handschuh hatte. Als ich ihn zurückbekam, habe ich seinen Namen rausgekratzt und meinen wieder drübergeschrieben.«
    »Und du hast ihn nach Vietnam mitgenommen?«
    »Ja.« Das ist die Wahrheit. Ob Sullivan wohl erkannt hätte, dass dieser lädierte Alvin-Dark-Feldspielerhandschuh der seines alten Freundes Bobby war, wenn er ihn gesehen hätte? Unwahrscheinlich, aber wer konnte es wissen? Sullivan hatte ihn nie zu sehen bekommen, nicht im Grünen jedenfalls, also war es eine müßige Frage. Officer Jasper Wheelock hingegen stellte alle möglichen Fragen, und keine davon war müßig.
    »Hast ihn in dieses Aschu-Tal mitgenommen, ja?«
    Blind Willie antwortet nicht. Wheelock versucht jetzt, ihn auszuhorchen, aber es gibt nichts, was Willie Garfield ihm erzählen möchte.
    »Und auch in dieses Tomboy?«
    Keine Antwort.
    »Die Post «, sagt Wheelock, und Willie sieht undeutlich, wie das Arschloch die leicht gespreizten Hände hebt, als würde er ein Bild rahmen. »HELDENHAFTER COP.« Möglich, dass er ihn bloß aufziehen will … aber Willie weiß es nicht genau.

    »Sie kämen in die Post , na schön, aber eine Belobigung würde nicht dabei rausspringen«, sagt Blind Willie. »Und auch keine Beförderung. Tatsächlich würden Sie auf der Straße landen, Officer Wheelock, und sich einen Job suchen müssen. Die Bewerbungen bei Sicherheitsfirmen könnten Sie sich aber sparen - einen Mann, der sich bestechen lässt, werden die nicht einstellen.«
    Diesmal stockt Wheelock der Atem. Als er wieder Luft holt, werden die Atemzüge in Blind Willies Ohr zu einem Hurrikan; der sich bewegende Mund des Cops liegt fast schon auf seiner Haut. »Was soll das heißen?«, flüstert er. Eine Hand legt sich auf den Ärmel von Blind Willies Feldjacke. »Sag mir, was zum Teufel das heißen soll.«
    Aber Blind Willie bleibt stumm; die Hände an den Seiten, den Kopf leicht erhoben, blickt er aufmerksam in die Dunkelheit, die sich erst lichten wird, wenn das Tageslicht fast geschwunden ist, und trägt jene ausdruckslose Miene zur Schau, die so viele Passanten als gebrochenen Stolz interpretieren, als schwer geprüfte, aber irgendwie immer noch intakte Courage.
    Passen Sie lieber auf, Officer Wheelock, denkt er. Das Eis unter Ihren Füßen wird dünn. Mag sein, dass ich blind bin, aber Sie müssen taub sein, wenn Sie nicht hören, wie es unter Ihnen knackt.
    Die Hand an seinem Arm schüttelt ihn leicht. Wheelocks Finger graben sich in sein Fleisch. »Hast du einen Freund? Ist es das, du Mistkerl? Hältst du deshalb den Umschlag immer mal wieder so ins Licht? Du hast einen Freund, der mich fotografiert? Ist es das?«
    Blind Willie sagt weiterhin nichts; für Jasper, den Polizisten-Schlumpf, ist dieses Schweigen außerordentlich vielsagend. Leute wie Officer Wheelock werden immer das
Schlimmste denken, wenn man sie lässt. Man muss ihnen nur genug Zeit dazu geben.
    »Leg dich bloß nicht mit mir an, Kumpel«, sagt Wheelock bösartig, aber in seiner Stimme ist ein feiner Unterton von Besorgnis, und er nimmt die Hand von Blind Willies Jacke. »Ab Januar gehen wir auf vierhundert pro Monat, und wenn du versuchst, irgendwelche Spielchen mit mir zu treiben, dann zeige ich dir, wo der richtige Spielplatz ist. Hast du verstanden?«
    Blind Willie schweigt. Die Atemzüge verschwinden von seinem Ohr, und er weiß, dass Wheelock sich zum Gehen wendet. Aber leider ist es noch nicht so weit; die hässlichen kleinen Atemzüge kommen zurück.
    »Für das, was du tust, wirst du in der Hölle schmoren«, erklärt ihm Wheelock. Er spricht mit großer, beinahe inbrünstiger Aufrichtigkeit. »Was ich tue, wenn ich dein dreckiges Geld nehme, ist eine lässliche Sünde - ich hab den Priester gefragt, daher weiß ich’s -, aber du begehst eine Todsünde. Du kommst in die Hölle. Mal sehen, wie viele Spenden du da unten kriegst.«
    Blind Willie denkt an eine Jacke, die Willie und Bill Shearman manchmal auf der Straße sehen. Auf dem Rücken ist eine Karte von Vietnam, darunter stehen für gewöhnlich die Jahre, die der Träger der Jacke dort verbracht hat, und folgender Text: WENN ICH

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