Atlantis
Paul-Stuart-Anzug und der blauen Sulka-Krawatte; genug, um ihm einen guten Tag zu wünschen und ihn daran zu erinnern, dass er den Eierflip mitbringen soll. Das reicht. In Willies Welt ist alles in Ordnung, abgesehen von Jasper Wheelock. Was soll er wegen Jasper Wheelock unternehmen?
Vielleicht sollte ich dir abends mal folgen, flüstert ihm Wheelock ins Ohr, als Willie den immer schwerer werdenden Koffer von einer Hand in die andere nimmt. Beide Arme tun ihm jetzt weh; er wird froh sein, wenn er bei dem Gebäude ankommt, in dem er seine Büros hat. Mal sehen, was du so machst. In wen du dich verwandelst.
Was genau soll er wegen Jasper, dem Polizisten-Schlumpf, unternehmen? Was kann er unternehmen?
Er weiß es nicht.
17:15 Uhr
Der junge Schnorrer mit dem schmutzigen roten Sweatshirt ist längst fort; seinen Platz hat ein weiterer Straßenecken-Weihnachtsmann eingenommen. Willie erkennt den dicklichen jungen Burschen sofort, der gerade einen Dollar in dessen Büchse wirft.
»He, Ralphie!«, ruft er.
Ralph Williamson dreht sich um. Sein Gesicht leuchtet auf, als er Willie erkennt, und er hebt eine behandschuhte Hand. Es schneit jetzt stärker; inmitten der hellen Lichter und mit dem Weihnachtsmann neben ihm sieht Ralph wie die zentrale Figur einer Weihnachts-Grußkarte aus. Oder vielleicht wie ein moderner Bob Cratchit aus Dickens’ Weihnachtsgeschichte .
»He, Willie! Wie läuft’s?«
»Wie geschmiert«, sagt Willie und geht mit einem lässigen Grinsen im Gesicht zu Ralph hinüber. Er stellt ächzend den Koffer ab, wühlt in seiner Hosentasche und findet einen Dollar für die Büchse des Weihnachtsmanns. Wahrscheinlich auch wieder bloß so ein Gauner, und seine Mütze ist ein mottenzerfressenes Scheißding, aber was soll’s.
»Was hast du denn da drin?« Ralph schaut auf Willies Koffer hinunter, während er an seinem Schal herumzupft. »Klingt, als hättest du einem Kind das Sparschwein zerschlagen.«
»Nee, sind bloß Heizspiralen«, sagt Willie. »Müssen an die Tausend von den Dingern sein.«
»Arbeitest du bis Weihnachten durch?«
»Ja«, sagt er, und da kommt ihm auf einmal eine vage Idee in Bezug auf Wheelock. Nur eine Eingebung, ein kurzes Aufblitzen, aber immerhin, es ist ein Anfang. »Ja, bis Weihnachten. Den Gottlosen ist keine Ruhe vergönnt, weißt du.«
Ralphs breites, freundliches Gesicht verzieht sich zu einem Lächeln. »Ich bezweifle, dass du so gottlos bist.«
Willie lächelt zurück. »Du hast keine Ahnung, wie schwarz das Herz des Heizungsmanns ist, Ralphie. Aber nach Weihnachten mache ich wahrscheinlich ein paar Tage frei. Ich glaube, das wäre wirklich eine gute Idee.«
»Ab in den Süden? Nach Florida vielleicht?«
»In den Süden?« Willie macht ein verblüfftes Gesicht, dann lacht er. »O nein«, sagt er. » Ich doch nicht. Ich hab jede Menge im und am Haus zu tun. Man muss sein Haus in Ordnung halten. Sonst bricht es einem eines Tages über dem Kopf zusammen, wenn der Wind weht.«
»Ja, da magst du recht haben.« Ralph zieht sich den Schal höher über die Ohren. »Sehen wir uns morgen?«
»Na klar«, sagt Willie und hebt die behandschuhte Hand. »Gib mir fünf.«
Ralphie schlägt ihm in die erhobene Hand und dreht seine Hand dann um. Sein Lächeln ist schüchtern, aber erwartungsvoll. »Gib mir zehn, Willie.«
Willie gibt ihm zehn. »Na, und wie ist das, Ralphie?«
Das schüchterne Lächeln wird zu einem fröhlichen Kindergrinsen. »Super, das will ich gleich noch mal sehn!«, ruft er und schlägt Willie richtig selbstbewusst in die erhobene Hand.
Willie lacht. »Du bist der Größte, Ralph. Du packst es.«
»Du bist auch der Größte, Willie«, gibt Ralph mit einer gezierten Ernsthaftigkeit zurück, die irgendwie komisch ist. »Frohe Weihnachten.«
»Dir auch.«
Willie Shearman bleibt noch einen Moment stehen und schaut Ralph nach, der in den Schnee davonstapft. Neben ihm klingelt der Straßenecken-Weihnachtsmann monoton mit seiner Glocke. Willie hebt seinen Koffer auf und geht zur Tür des Gebäudes. Dann fällt ihm etwas ins Auge, und er bleibt stehen.
»Dein Bart sitzt schief«, sagt er zu dem Weihnachtsmann. »Wenn du willst, dass die Leute an dich glauben, dann häng dir deinen Scheiß-Bart ordentlich um.«
Er geht hinein.
17:25 Uhr
Im Abstellraum von Midtown Heating and Cooling steht ein großer Karton voller Stoffbeutel, wie sie Banken für lose Münzen benutzen. Solche Beutel sind normalerweise mit den Namen diverser Banken bedruckt, aber diese
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