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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Laserleitsysteme und Crack erfunden hat. Wir haben den Fitness-Guru Richard Simmons, Scott Peck und Schöner Wohnen entdeckt. Unter einer großen Veränderung unseres Lebensstils verstehen wir, uns einen Hund zuzulegen. Die Mädchen, die damals ihre BHs verbrannt haben, kaufen ihre Unterwäsche jetzt bei Victoria’s Secret, und die Jungs, die furchtlos für den Frieden gefickt haben, sind jetzt Fettsäcke, die spät nachts vor ihren Computerbildschirmen sitzen, sich am Pimmel ziehen und sich dabei Bilder nackter Achtzehnjähriger im Internet ansehen. Das sind wir, Bruder, wir schauen gern zu. Filme, Videospiele, Verfolgungsjagden live, Schlägereien in der Jerry Springer Show , Mark McGwire beim Baseball, World Federation Wrestling, Anhörungen zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens, ganz egal, wir schauen einfach gern zu. Aber es hat mal eine Zeit gegeben … lach nicht, es hat mal eine Zeit gegeben, da hatten wir wirklich alles in der Hand. Ist dir das klar?«
    Sully nickte und dachte an Carol. Nicht an jene Ausgabe von ihr, die mit ihm und ihrer Mutter mit der Weinfahne auf dem Sofa gesessen hatte, auch nicht an jene, die mit dem Peace-Schild vor der Kamera herumgewedelt hatte, während ihr das Blut über die Wange gelaufen war - das war schon eine zu späte Ausgabe, da war sie schon zu verrückt, man konnte es an ihrem Lächeln sehen und auf dem Schild lesen, dessen schreiende Worte jede Diskussion unmöglich machten. Stattdessen dachte er an die Carol jenes Tages, als ihre Mutter sie alle nach Savin Rock mitgenommen hatte. Sein Freund Bobby hatte einem Drei-Karten-Monte-Spieler an jenem Tag ein bisschen Geld abgeknöpft,
und Carol hatte am Strand ihren blauen Badeanzug getragen, und manchmal hatte sie Bobby diesen Blick zugeworfen, der besagte, dass er sie einfach umhaute, dass sie tausend Tode starb und dass der Tod schön war. Sie hatten es damals tatsächlich in der Hand gehabt; da war er sich ganz sicher. Aber Kinder verlieren alles, Kinder haben glitschige Finger und Löcher in der Tasche, und sie verlieren alles.
    »Wir haben uns an der Börse die Brieftaschen gefüllt, sind ins Fitness-Center gegangen und haben Therapiesitzungen absolviert, um zu uns selbst zu finden. Südamerika brennt, Malaysia brennt, das verdammte Vietnam brennt, aber wir sind endlich über diese Selbsthassgeschichte weggekommen, haben es endlich geschafft, uns zu mögen, also ist das okay.«
    Sully dachte daran, wie Malenfant sich selbst fand und den inneren Ronnie zu lieben lernte, und unterdrückte einen Schauder.
    Dieffenbakers Finger waren jetzt alle vor seinem Gesicht hochgereckt; für Sully sah er aus wie Al Jolson, der sich bereit machte, »Mammy« zu singen. Dieffenbaker schien es im selben Moment zu merken wie Sully und senkte die Hände. Er sah müde, beunruhigt und unglücklich aus.
    »Ich mag viele Leute unseres Alters, solange sie einzeln auftreten«, sagte er, »aber ich hasse und verabscheue meine Generation, Sully. Wir hatten die Gelegenheit, alles zu verändern. Wir hatten sie wirklich. Stattdessen haben wir uns mit Designer-Jeans, zwei Tickets für Mariah Carey in der Radio City Music Hall, Vielfliegermeilen, James Camerons Titanic und Pensionsfonds begnügt. Die einzige Generation, die uns in puncto purer, egoistischer Selbstsucht halbwegs das Wasser reichen kann, ist die sogenannte Lost Generation
der Zwanzigerjahre, und die meisten von denen hatten zumindest den Anstand, permanent betrunken zu sein. Wir haben nicht mal das fertiggebracht. Mann, wir sind doch echt für’n Arsch.«
    Sully sah, dass der neue Lieutenant den Tränen nahe war. »Deef …«
    »Kennst du den Preis für den Verrat an der Zukunft, Sully-John? Man kann die Vergangenheit nicht wirklich verlassen. Man wird es nie packen. Ich behaupte, dass du in Wirklichkeit gar nicht in New York bist. Du bist im Delta, lehnst dich an einen Baum, bist high und reibst dir den Nacken mit Mückensalbe ein. Packer hat noch das Kommando, weil wir immer noch 1969 schreiben. Alles, was du für ›dein späteres Leben‹ hältst, ist eine riesige verdammte Drogenblase. Und es ist auch besser so. Vietnam ist besser. Deshalb bleiben wir dort.«
    »Meinst du?«
    »Absolut.«
    Eine dunkelhaarige, braunäugige Frau in einem blauen Kleid lugte um die Ecke und sagte: »Da bist du ja.«
    Dieffenbaker erhob sich, während sie langsam auf sie zukam, eine hübsche Frau auf hochhackigen Schuhen. Sully stand ebenfalls auf.
    »Mary, das ist John Sullivan. Er hat mit mir

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