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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihm. Er hat wüster gesoffen als jeder von uns, vielleicht sogar wüster als wir alle zusammen. Jetzt ist er also nach AA süchtig statt nach Tequila. Er nimmt an rund einem Dutzend Meetings pro Woche teil, er ist ein GSR - frag mich nicht, ist irgend so eine politische Position in der Gruppe - und sitzt an einem Krisentelefon. Und er fährt jedes Jahr zum Bundestreffen. Vor fünf Jahren oder so haben die Säufer sich in San Diego versammelt. Fünfzigtausend Alkies standen im San Diego Convention Center rum und haben das Gelassenheitsgebet intoniert. Kannst du dir das bildlich vorstellen?«
    »So einigermaßen«, sagte Sully.
    »Der verdammte Brannigan schaut nach links, und wen sieht er da? Ronnie Malenfant. Er kann’s kaum glauben, aber es ist Malenfant, kein Zweifel. Nach dem großen Meeting schnappt er sich den Kerl, und die beiden gehen was trinken.« Dieffenbaker machte eine Pause. »AA-Leute machen das auch, schätze ich. Limonade, Cola und so. Und Malenfant erzählt dem Igel, dass er seit fast zwei Jahren sauber und trocken ist, er hat eine höhere Macht gefunden
und beschlossen, sie Gott zu nennen, er hat eine Wiedergeburt gehabt, alles ist in bester Ordnung, er versucht nicht mehr, dem Leben seine eigenen Vorstellungen aufzuzwingen, er lässt los und überlässt sich Gott, all dieser Kram, den sie so reden. Und Brannigan kann nicht anders. Er fragt Malenfant, ob er den Fünften Schritt gemacht hat, nämlich seine Fehler unumwunden zuzugeben und vollständig bereit zu sein, sie wiedergutzumachen. Malenfant zuckt mit keiner Wimper, sondern sagt nur, er hätte den Fünften vor einem Jahr gemacht, und es ginge ihm erheblich besser.«
    »Verdammte Hacke«, sagte Sully, überrascht von der Heftigkeit seines Zorns. »Die alte mamasan würde sich bestimmt freuen zu erfahren, dass Ronnie drüber weggekommen ist. Ich werd’s ihr erzählen, wenn ich sie das nächste Mal sehe.« Da hatte er natürlich noch nicht gewusst, dass er sie später an diesem Tag noch sehen würde.
    »Tu das.«
    Sie saßen eine Weile da, ohne viel zu reden. Sully bat Dieffenbaker um eine weitere Zigarette, und Dieffenbaker gab sie ihm und zündete sie ihm mit dem alten Zippo an. Gesprächsfetzen und leises Gelächter wehten um die Ecke zu ihnen herüber. Pags’ Beerdigung war vorbei. Und irgendwo in Kalifornien las Ronnie Malenfant vielleicht sein großes AA-Buch und setzte sich mit jener fabelhaften höheren Macht in Verbindung, die er Gott zu nennen beschlossen hatte. Vielleicht war Ronnie auch ein GSR, was immer zum Teufel das sein mochte. Sully wünschte, Ronnie wäre tot. Sully wünschte, Ronnie Malenfant wäre in einem getarnten Fuchsbau des Vietcong gestorben, den Gestank von Rattenscheiße in der wunden Nase, mit inneren Blutungen,
Brocken seiner eigenen Magenwände ausspuckend. Malenfant mit seinem Beutel und seinen Karten, Malenfant mit seinem Bajonett, Malenfant, der breitbeinig über der alten mamasan mit der grünen Hose, dem orangefarbenen Oberteil und den roten Schuhen gestanden hatte.
    »Warum waren wir überhaupt in Vietnam?«, fragte Sully. »Ich will ja nicht philosophisch werden oder so, aber hast du das jemals rausgefunden?«
    »Wer hat gesagt: ›Wer nicht aus der Vergangenheit lernt, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen?‹«
    »Richard Dawson, der Moderator von Family Feud .«
    »Du kannst mich mal, Sullivan.«
    »Ich weiß nicht, wer das gesagt hat. Ist das wichtig?«
    »Ja, verdammt«, sagte Dieffenbaker. »Wir sind nämlich nie rausgekommen. Wir sind nie aus dem Grünen rausgekommen. Unsere Generation ist da gestorben.«
    »Das klingt ein bisschen …«
    »Ein bisschen was? Ein bisschen prätentiös? Und ob. Ein bisschen albern? Und ob. Ein bisschen ichbezogen? Jawoll, Sir. Aber so sind wir. So sind wir, von Kopf bis Fuß. Was haben wir seit Nam gemacht, Sully? Diejenigen von uns, die da waren, diejenigen von uns, die demonstriert und protestiert haben, diejenigen von uns, die bloß zu Hause gesessen, die Dallas Cowboys geglotzt, Bier getrunken und in die Sofakissen gefurzt haben?«
    Die Wangen des neuen Lieutenants nahmen Farbe an. Er sah aus wie ein Mann, der sein Steckenpferd gefunden hatte und es nun bestieg, dem gar nichts anderes übrig blieb, als es zu reiten. Er hatte die Hände gehoben und angefangen, Finger hochzustrecken, wie Sully vorhin bei ihrem Gespräch über das Vermächtnis von Vietnam.

    »Wollen mal sehen. Wir sind die Generation, die Super Mario Brothers, das digitale Fernsehen,

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