Atlantis
Seine Arme reckten sich, sein Blick bohrte sich in die Ferne nach Norden hin, als suche er die Heimat, die Freunde.
»Ich hab’s getan!« stieß es aus seinem Munde. »Gott sei mir gnädig! Weg! Weg von hier! Zu ihnen!«
Er beugte sich zur Erde. Das, was er mit sich getragen, warf er über die Schulter, brach sich einen Stecken von einem Strauch und wanderte nach Norden durch die Nacht… Tageshelle um ihn.
*
Hochsaison in Irwinga!
Kaiser Augustus hatte schon in den ersten Jahren seiner Regierung durch Geologen und Ärzte in allen Teilen seines Reiches Untersuchungen anstellen lassen, wo die Natur Schätze, Heilkräfte barg. Heilquellen aller Art waren erbohrt, gefaßt worden, Kurorte entstanden. In den höher gelegenen Gegenden mit gemäßigterem Klima waren Heil- und Erholungsstätten errichtet worden. Der Kilimandscharo! Es grenzte ans Wunderbare, was hier in wenigen Jahren Menschenhand geschaffen. Kurorte, Sanatorien von den einfachsten bis zu den vornehmsten lagen an seinen Hängen. Jede Vegetation war vertreten, von üppigen Palmenwäldern bis zu den kümmerlichen Latschenkiefern an der Schneegrenze, auf den Schneehängen jeder Wintersport möglich.
Magnetisch zog der Berg die Menschenmassen zu sich heran. Von Jahr zu Jahr mehr. Aus allen Teilen der Welt traf man hier zusammen. Der Kaiser selbst kam. Sooft er es möglich machen konnte, kam er zu seinem Lustschloß Ivango am Südosthang des Berges. Irwinga, nicht weit davon entfernt, war die Perle des Kilimandscharos. Auf der Terrasse des Kurhotels ließ eine amerikanische Kapelle die neuesten Weisen ertönen. Alle Plätze der Terrasse waren dicht gefüllt, weiter unten auf den Golf- und Tennisplätzen herrschte reges Leben.
»Ist es hier nicht wunderbar, Juanita? Kann man sich ein schöneres Stück Natur vorstellen? Dazu dieses interessante gesellschaftliche Leben. Welcher Kurort der Alten Welt kann sich hiermit messen?«
Juanita nickte. Ihr Auge war nach den Spielplätzen gerichtet.
»Bald wirst auch du an dem Spiel wieder teilnehmen können, Juanita. Wie freute ich mich, als ich heute morgen ankam, dich so wohl zu finden! Sechs Tage bist du erst hier, und doch! Wie ein Wunder scheint es, was die Natur in der kurzen Zeit an dir vollbrachte.«
»Du hast recht, Guy! Es ist schön hier… ja, es ist schön hier. Ich danke dir, daß du mich hierher gebracht hast. Die köstliche Ruhe, die wunderbare Natur, sie werden mir mehr helfen als alle Ärzte. Nur den einen Wunsch habe ich, hier zu bleiben, lange, lange zu ruhen, zu vergessen…« Sie lehnte sich in ihren Liegestuhl zurück und schloß die Augen.
Guy Rouse stand auf und zog sorgsam eine Decke über ihre Gestalt.
»Bist du müde, Juanita? Willst du schlafen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nur ruhen! Ruhen!« Rouse trat an die Brüstung der Terrasse. Wäre es möglich! Ein Wunder wäre es. Und doch! Sie sieht so blühend aus! Blühender, schöner denn je. Die leichte Röte auf ihren Wangen. War es Genesung… waren es die Rosen der…
Am Tag nach ihrer Ankunft in Timbuktu hatte er sie vergeblich morgens am Teetisch erwartet. Die Dame wäre krank, hatte die Zofe gemeldet. Er hatte den Leibarzt des Kaisers holen lassen. Ein kluger, tüchtiger Mann. Seine Studien hatte er in den USA vollendet. Seine Bedeutung als Arzt hatte ihm trotz seiner Jugend den hohen Posten eines Leibarztes beim Kaiser verschafft.
Der Leibarzt war gekommen, hatte Juanita in seinem Beisein untersucht, ein paar beruhigende Worte gesagt. Rouse war mit ihm hinausgegangen, hatte ihn gefragt, von Mann zu Mann, wie es stünde.
Und dann! Was er längst im Innersten gefürchtet, sich immer zu verhehlen gesucht hatte, mit wenigen dürren Worten sagte der Arzt es ihm Heilung schwer! Die Krankheit, zu schwer hatte sie den Körper angegriffen, zu weit schon war sie fortgeschritten. Sie zum Stillstand bringen? Beste Pflege, völlige Ruhe.
Er riet zu Irwinga am Kilimandscharo. Irwinga am Kilimandscharo. Der leitende Arzt des Sanatoriums war ihm bekannt. Er empfahl ihn aufs beste. Noch am selben Abend war Guy Rouse mit ihr im Flugzeug auf dem Wege dorthin. Juanita war begeistert, entzückt beim ersten Anblick. Hatte freudig zugestimmt, hier zu bleiben.
Am nächsten Tag war er nach Timbuktu zurückgeflogen. Seine Geschäfte ließen ihm nicht Zeit. Er hatte versprochen, sobald wie möglich wiederzukommen.
Und jetzt, fünf Tage später, war er wieder hier. Nur schwer hatte er sich für die Reise frei machen können. Er hatte schon auf dem
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