Atme - wenn du kannst!
gar nicht wohl dabei, gemeinsame Sache mit dem Mörder zu machen. Sie konnten und durften ihm nicht vertrauen. Andererseits hatte er keine Schwierigkeiten mehr gemacht, seit er ohne diese Signalpistole dagestanden hatte. Wenn sie und Andy Lee nicht hätten dabeihaben wollen, hätten sie sich das früher überlegen müssen. Nun war es zu spät für tiefschürfende Überlegungen. Jede Minute, die ungenützt verstrich, konnte den Raubtauchern einen Vorteil bringen.
An der Spitze der Landzunge glitten Emily, Andy und Lee ins Meer. Emily versuchte, die Entfernung bis zu der Motorjacht abzuschätzen. Das war unter der Oberfläche gar nicht so einfach. Die Brechung des Sonnenlichts durch das Wasser verzerrte die Wahrnehmung. Immerhin konnte Emily den Schiffsrumpf als einen großen dunklen Schatten vor sich erkennen. Aber das Boot erschien ihr unendlich weit entfernt zu sein.
Natürlich hatte sie ihre Lungen noch einmal reichlich mit Luft gefüllt, bevor sie sich zu dem Tauchgang aufgemacht hatte. Emily bewegte sich in einer nur geringen Tiefe, weil sie nicht zu viel Zeit mit dem Auftauchen vergeuden wollte. Andy und Lee schwammen links und rechts von ihr.
Obwohl sie als geübte Taucherin eine kräftige Lunge hatte, litt Emily schon bald unter der Sauerstoffknappheit. Es kam ihr so vor, als ob sie schon eine halbe Ewigkeit unter Wasser wäre. So schnell wie möglich glitt sie durch das Wasser, doch jede Bewegung wurde zur Qual. Da war es auch kein Trost, dass es ihren beiden Begleitern kaum besser gehen würde.
Als Emily schon glaubte, dass ihre Lunge gleich platzen würde, hatte sie plötzlich die Ankerkette der Motorjacht vor sich. Sie packte die Eisenglieder der Kette mit beiden Händen, zog sich daran hoch und kam mit dem Gesicht vorsichtig an die Wasseroberfläche. Die Sonne schien ihr in die Augen, und endlich konnte Emily wieder frische Luft atmen.
Inzwischen waren auch Andy und Lee aufgetaucht. Sie hielten sich an der Bordwand fest. Andy wandte sich in Zeichensprache an Emily und Lee. Er wollte, dass Emily am Bug, Lee am Heck und er selbst mittschiffs an Bord kletterten. Emily fand den Plan gut. So konnten sie den Wachposten in die Zange nehmen, bevor er auf sie schoss.
Emily zog sich an der Ankerkette hoch. Dabei versuchte sie, so wenige Geräusche wie möglich zu verursachen. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Angestrengt lauschte sie. Doch sie hörte nur das leise Plätschern des Bootsrumpfs, der sich sanft in den Wellen bewegte. Wie eine Schlange glitt Emily an Deck, schaute sich überall um. Das Boot der Raubtaucher war etwas kleiner als die Fortuna, sah ansonsten aber ähnlich aus. Emily zuckte zusammen, als sie eine Bewegung bemerkte. Doch dann erkannte sie zu ihrer größten Erleichterung Andy, der nun ebenfalls aus dem Wasser gestiegen war.
Auf dem Deck war kein Wachposten zu sehen. Ob er sich in der Kabine befand? Aber von dort aus bekam er doch überhaupt nicht mit, ob sich jemand dem Boot näherte. Oder hatten die Raubtaucher wirklich ihre Motorjacht ohne Wache zurückgelassen? Bevor Emily eine dieser Fragen klären konnte, ertönte plötzlich Lees Stimme.
„Ich hab was gefunden!“
Sie biss sich auf die Lippe, war sauer auf Lee. Wie konnte er nur so unvorsichtig sein und so laut sprechen? Es war doch immerhin wirklich denkbar, dass sich einer der Verbrecher in der Kabine befand. Lee kam langsam vom Heck aus auf Emily und Andy zu. Auf seinem Gesicht war ein böses Lächeln zu sehen. Und den Grund dafür bemerkten sie ebenfalls sofort.
Lee hielt eine Pistole in der Hand!
„Mit Knarren sind diese Raubtaucher wirklich gut ausgestattet.“ Lee kostete seinen Vorteil aus. „Und ihr solltet diesmal keine miesen Tricks versuchen, denn diese Beretta hier hat mehr als einen Schuss. Das Magazin ist voll, ich hab mich vergewissert.“
„Wie schön für dich, dass du von Waffen Ahnung hast“, schleuderte Emily ihm wütend entgegen. „Von Frauen verstehst du jedenfalls nichts. Oder glaubst du wirklich, dass du mich mit einem Schießeisen beeindrucken kannst?“
„Das wird sich zeigen. Andy, du wirfst jetzt den Motor an. Wir sollten so bald wie möglich von hier verschwinden.“
„Ich nehme keine Befehle von einem Mörder entgegen“, blaffte Andy ihn an. „Und was willst du tun, wenn ich mich weigere?“
„Darauf würde ich es an deiner Stelle nicht ankommen lassen, Andy.“
„Wenn du mich abknallst, dann kannst du die Schiffsmaschinen selbst bedienen und auch die Navigation übernehmen. Viel
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