Atme - wenn du kannst!
Wächter. Wir sind immerhin zu dritt, und wir haben das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Wir müssen sie einfach nur ins Wasser werfen, dann nützen ihnen ihre Waffen auch nichts mehr.“
„Dann müssen wir aber eine ziemlich lange Strecke ohne Geräte tauchen.“
„Ich weiß, Andy. Aber das ist die einzige Möglichkeit, die wir haben. Wenn wir auf der Insel bleiben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir abgeknallt werden.“
„Dein Vorhaben ist riskant, aber damit hätten wir wenigstens den Hauch einer Chance. Wir sollten es auf jeden Fall versuchen, denn wir haben nichts mehr zu verlieren.“
Andy lächelte Emily aufmunternd zu und streichelte ihr die Wange. Diese kurze Geste der Zärtlichkeit tat ihr in diesem Moment richtig gut. Neue Energie durchströmte ihren Körper.
Inzwischen waren auch die Stimmen der Raubtaucher hinter ihnen zu hören. Außerdem veranstalteten die Vögel und Kleinaffen ein großes Spektakel, weil sie durch so viele Eindringlinge in ihrer Ruhe gestört wurden. Zum Glück hatte Emily einen sehr guten Orientierungssinn, ohne den sie wohl nicht den Rückweg zur Landzunge gefunden hätte. Der grüne Blätterwald bot zwar Deckung, aber es sah alles irgendwie gleich aus. Emily hatte die Führung übernommen, ohne dass einer der anderen dagegen protestierte. Mit Andy verstand sie sich sowieso – auch ohne Worte. Und Lee war inzwischen völlig passiv und in sich gekehrt. Emily wollte lieber nicht darüber nachdenken, was er ausbrütete. Dafür war jetzt auch keine Zeit.
Emily konnte unmöglich einschätzen, ob die Verfolger inzwischen den Abstand zu ihnen verringert hatten oder nicht. Immer wieder warf sie nervöse Blicke über die Schulter nach hinten. Auch die Geräusche erwiesen sich als trügerisch. Jedenfalls bewegten sich die drei so schnell durch den Dschungel, wie es ihnen möglich war.
Zwischen den Pflanzenblättern vor Emily schimmerte es hell. Hatten sie den Strandabschnitt bei der Landzunge bereits erreicht? Emily hoffte nur, dass sie genügend Vorsprung vor ihren Verfolgern hatten. Wenn die Raubtaucher die Absicht der Flüchtenden vorzeitig durchschauten, war alles verloren.
Aber diesmal hatten Emily und ihre Begleiter Glück. Es war ihnen wirklich gelungen, einen weiten Umweg durch den Urwald zu machen und die Landzunge wieder zu erreichen. Vielleicht hatten sie es sogar geschafft, die Kriminellen etwas in die Irre zu führen. Momentan brauchten sie nichts dringender als ein wenig Vorsprung vor ihren Verfolgern.
Nun konnte Emily auch endlich die Motorjacht der Raubtaucher sehen. Trotz der Entfernung erkannte sie das Wasserfahrzeug wieder, von dem aus die Verbrecher auf die Fortuna geschossen hatten. Die Erinnerung an diese albtraumhaften Momente ließ Emily erschaudern. Aber dann konzentrierte sie sich wieder ganz auf die Gegenwart.
So schnell sie konnten, überquerten Emily, Andy und Lee den schmalen Strand und suchten Deckung hinter der vorspringenden Landspitze. Sie konnten nur hoffen, dass sie dabei nicht von einer Wache beobachtet wurden. Aber momentan sah es nicht so aus, als ob es überhaupt einen Wächter auf der Motorjacht geben würde. War es wirklich vorstellbar, dass die Verbrecher so leichtsinnig waren?
Andererseits befanden sie sich auf einer unbewohnten Insel. Warum hätte man das Boot hier bewachen sollen? Die Raubtaucher mussten angenommen haben, allein auf dem Eiland zu sein, bevor sie diese verflixte Signalpatrone gesehen hatten.
Während Emily diese Gedankenfetzen durch den Kopf schwirrten, riss sie sich die Kleider vom Leib. Jetzt war nicht die Zeit für falsches Schamgefühl. Es war schon hart genug, ohne Gerät tauchen zu müssen. Da konnte sie nicht auch noch Kleidung gebrauchen, die sich mit Wasser vollsaugen und sie in ihren Bewegungen behindern würde. Emily zog die Arbeitshose und das T-Shirt aus, behielt nur noch Slip und BH an.
Andy und Lee bekamen große Augen. Bisher hatte Emily vor keinem von ihnen so viel nackte Haut gezeigt. Beim Tauchen von der Fortuna aus hatte sie stets einen Neoprenanzug getragen. Aber dann folgten die beiden Emilys Beispiel und ließen ebenfalls die Hüllen fallen. Gleich darauf trug jeder von ihnen nur noch seine Unterhose.
„Dann tauchen wir jetzt also bis zur Motorjacht und entern sie von der Wasserseite aus?“, vergewisserte sich Andy. Emily nickte.
„So hatte ich mir das vorgestellt. Und denkt daran: Unsere einzige Waffe ist der Überraschungseffekt.“
Lee nickte nur mürrisch. Es war Emily
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