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Attentage

Attentage

Titel: Attentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartl
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rote Cordhose trug, die er mitgebracht hatte. Hassan empfand die Kleidung als der Situation unwürdig und lächerlich. Nur widerwillig zog er sich nach dem Gebet um. Seinen schütteren Vollbart musste er ebenfalls auf Drängen seines Mentors hin abrasieren: „Du bist für die Ungläubigen sonst verdächtig. Gegenüber den Gottlosen ist sogar Allah listig.“
    Zuerst hatte er vehement abgelehnt, aber die Autorität seines Lehrers war stärker gewesen und er hatte widerstrebend gehorcht. Als er sich danach in dem matten Spiegel über dem Waschbecken betrachtete, starrte ihm ein fremdes schmales Burschengesicht mit makelloser olivfarbener Haut, umrahmt von kurzem schwarzem Haar, entgegen. Mit seinem glatten Gesicht sah er trotz seiner 25 Jahre wie ein Teenager aus.
    Die Kontrolle beim Einchecken in den Eurostar-Zug auf dem Londoner Bahnhof eine Stunde später war fast so streng wie jene auf internationalen Flughäfen. Die Chance, dass die 90 Gramm Plastiksprengstoff Nitropenta und die Spritze mit dem Zündmittel entdeckt werden würden, war aber verschwindend gering.
    Kurz befürchtete Hassan dennoch, durchsucht zu werden, als er sich eine halbe Stunde vor Abfahrt der Sicherheitskontrolle beim Durchgang zum Bahngleis näherte. Der Beamte schien ihn schon von weitem zu fixieren. Die dunklere Hautfarbe und das dichte schwarze Haar hatte Hassan von seinem pakistanischen Vater geerbt. Seiner Mutter, einer gebürtigen Holländerin, verdankte er die grünbraunen, beinahe sanft wirkenden Augen. Der Beamte verlor jedoch schon nach einem kurzen Blickkontakt beim Näherkommen das Interesse und winkte ihn – wie Hassan schien mit einer verächtlichen Handbewegung – durch.
    Diese ungläubigen Bastarde sind so arrogant und von sich selbst eingenommen. Sicherlich hat der Prophet auch deswegen in Sure 8,39 befohlen: „Und kämpft gegen sie, damit keine Verführung mehr stattfinden kann, und kämpft, bis sämtliche Verehrung auf Allah allein gerichtet ist.“ Heute werden meine Brüder einen großen Sieg Allahs feiern können.
    Hassan blickt wieder auf seine billige japanische Digitaluhr. Noch acht Minuten. Es ist Zeit, den Rucksack aus der Gepäckablage zu holen. Wochenlang hat er trainiert, die Bombe im kleinen Rucksack zu zünden. Manchmal hat Yusuf den Rucksack in der Nacht auf sein Bett geworfen und befohlen: „Zünde!“ Zuletzt hat er schon im Halbschlaf mit einer Hand in Sekundenschnelle die Spritze entsichert, die Nadel in die Knetmasse gerammt und mit einem einzigen Stoß die Flüssigkeit injiziert. Heute werden es nun erstmals echter Sprengstoff und echte Zündsubstanz sein.
    Beim Aufstehen sieht Hassan unbeabsichtigt dem pausbäckigen Mädchen in den tiefen Ausschnitt, wo die festen Brüste den dünnen Stoff von sich drücken. Er wird noch ärgerlicher, als er bemerkt, dass er davon erregt wird. In einigen Minuten werden ihn großäugige Paradiesjungfrauen in den Gärten der Wonne empfangen, um ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Nun hat er sich mit diesem Blick verunreinigt. Noch dazu hat diese Schlampe sofort die Wölbung in seiner Cordhose bemerkt und sieht ihn spöttisch an. Wütend lässt sich Hassan wieder auf den harten Sitz fallen und nimmt seinen Rucksack auf den Schoß. So ist zumindest seine sexuelle Erregung nicht mehr für alle erkennbar. Wie oft hat er sich die heroischen letzten Minuten vor seinem endgültigen Triumph ausgemalt. Und nun muss er gegen seine Begierden ankämpfen.
    Die anderen Mädchen beachten ihn nicht, sondern unterhalten sich angeregt mit den jungen Burschen auf der gegenüberliegenden Seite. Hassan versteht kaum Französisch und ist daher erstaunt, als ein Bursch sein Shirt auszieht und sich mit nacktem Oberkörper zu ihnen setzt, während die pausbäckige Französin zu den Jungen wechselt. Erst als eines der Mädchen einen dicken schwarzen Filzstift aus einerLeinentasche hervorkramt und alle unter albernem Gekicher ihre Namen und Telefonnummern auf das Shirt kritzeln, kann er die Situation einordnen und entspannt sich wieder etwas.
    Aus den Gesprächsbrocken, die er aufschnappt, versteht er zumindest, dass sich die Jugendlichen bereits von gemeinsamen Sprachferien in Wales kennen. Ihre Fröhlichkeit erscheint Hassan angesichts der Ernsthaftigkeit seiner Mission unangebracht. Erleichtert stellt er fest, dass seine Erregung abgeklungen ist. Allahu akbar – Allah ist groß. Hassan atmet tief durch und öffnet bedächtig den Reißverschluss seines Rucksacks.
    Sobald sich die

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