Attentat auf Georgia
Schade, daß niemand es hören konnte.
Blauer Rauch wehte aus dem
offenen Türrahmen, und ich konnte ein Stück weit in die Wohnung hineinschauen.
Von der Decke fiel der Anstrich in Flocken herab, ein Häuflein zersplittertes
Brennholz war einmal ein Stuhl gewesen. Mitten aus dem Teppich schlug eine
Flamme hoch.
Die Eingangstür lag ein paar
Schritte von mir entfernt auf dem Fußboden des Korridors. Ich sah sie mir an.
Allmählich wurde mir klar, daß das die Innenseite der Füllung war — gleichfalls
zerfetzt, aber mit intakter Klinke.
An der Klinke hing eine
Menschenhand.
Ich stellte flüchtig fest, daß
die Fingernägel nelkenrot lackiert waren.
ZWEITES KAPITEL
H ändereibend kam Dr. Murphy aus
der zertrümmerten Wohnung in den Korridor heraus.
»Haben Sie eine
Streichholzschachtel bei sich?« fragte er. Ich nahm mein Feuerzeug aus der
Tasche und bot es ihm an.
»Sie wissen, daß ich nicht
rauche«, fuhr er mich an. »Widerliche Gewohnheit!«
»Wozu brauchen Sie dann eine
Streichholzschachtel?«
»Um uns den Leichenwagen zu
ersparen«, erwiderte er.
»Sie Vampyr! Mich wundert, daß
man Sie nicht für die Walpurgisnacht aufhebt.«
Er zuckte die Schultern. »Sie
war blond, soviel steht fest. Wir haben an der Wand ein paar Haare gefunden.«
»Danke schön«, sagte ich.
»Jedenfalls bleibt mir die
Autopsie erspart.« Vor sich hin pfeifend ging er davon.
Nun erschien unser
Sprengstoffsachverständiger MacDonald zusammen mit Sergeant Polnik.
»Haben Sie etwas Interessantes
gefunden?« fragte ich ihn.
»Sie drückten auf den
Klingelknopf, und das Ganze flog in die Luft. Habe ich recht, Leutnant?«
»Ja.«
»Sie dürfen von Glück sagen.
Die Bombe war so montiert, daß sie nach innen losging, sonst würden Sie jetzt
nicht vor mir stehen.«
»Was sonst noch?«
»Der Mann hat sein Handwerk
verstanden«, erwiderte MacDonald. »Die Zündung war mit dem Stromkreis der
Klingel verbunden. Sowie jemand auf den Knopf drückte, schloß sich der Kreis
und — puff!«
»Wie groß war die Bombe?«
»Nicht sehr groß. Ich möchte
sagen, etwa dreißig Zentimeter im Quadrat, vielleicht noch kleiner. Es war ja
kein Zeitzünder nötig, und im allgemeinen beanspruchen diese Vorrichtungen den
meisten Platz.«
»Außerdem?«
»Ich nehme ein paar Splitter
und Reste ins Labor mit«, sagte MacDonald. »Sie bekommen so schnell wie möglich
einen Bericht von mir, Leutnant.«
»Danke.«
MacDonalds Gesicht war um ein
paar Grade blasser als sonst. »Die Arme hat es ordentlich erwischt. So etwas
wie dieses Interieur möchte ich nicht oft zu sehen bekommen — sofern mir etwas
an meinem Nachtschlaf liegt.«
Er ging den Korridor entlang,
aber ohne vor sich hin zu pfeifen. Schließlich ist MacDonald ein Mensch.
Dadurch unterscheidet er sich von Dr. Murphy.
Sergeant Polnik sah mich
erwartungsvoll an. »Was machen wir jetzt, Leutnant?«
»Weinen!« erwiderte ich.
»Wa...?«
»Sheriff Lavers hat mich
ausdrücklich beauftragt, für die Sicherheit der Dame zu sorgen, die diese
Wohnung bewohnt hat.«
Polnik japste. »Und Sie haben
sie in die Luft gesprengt!«
Ich zündete mir umständlich
eine Zigarette an. »Sind die anderen noch drin beschäftigt?«
»Ja, Leutnant.«
»Bleiben Sie hier, bis alles
fertig ist. Da ich so gut für die Dame gesorgt habe, hat Sheriff Lavers mir eine
Gratifikation bewilligt. Dieser Fall wird jetzt nicht nur von der
Mordkommission, sondern auch von ihm persönlich bearbeitet.«
»Werden Sie vor sich selber ein
Geständnis ablegen, Leutnant?«
»Keine schlechte Idee«, sagte
ich. »Sobald hier alles fertig ist, müssen die übrigen Wohnungen kontrolliert
werden. Stellen Sie fest, ob jemand die Dame gekannt hat, ob man sie überhaupt
gesehen hat, ob sie Besuch empfangen hat. Sie kennen die Routine.«
»Zu Befehl, Leutnant.«
»Ich fahre zum Starlight
Hotel. Kommen Sie nach. Fragen Sie am Empfang nach mir.«
»Jawohl, Leutnant.« Er
zwinkerte mit den Augen. »Das war aber wohl ein Witz, daß der Sheriff Sie
beauftragt hatte, sich um die Dame zu kümmern!«
»O nein! Und wie perfekt ich
den Auftrag durchgeführt habe. Sozusagen Knall und Fall!«
Während ich mich entfernte,
konnte ich hören, wie Polnik sich hinterm Ohr kratzte. Ich ging die Treppe
hinunter und auf die Straße hinaus, bahnte mir einen Weg durch die gaffende
Menge auf dem Trottoir, stieg in meinen Austin-Healey ein und fuhr weg.
Fünfzehn Minuten später klopfte
ich an die Tür von Paula Reids Appartement.
Sie
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