Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)
schwungvoll um und schaut mich an, das eine Auge groß, das andere klein. Die Wirkung ist beunruhigend. »Also wenn du dich fragst, ob ich ihre Nummer im Handy gespeichert hab, dann ist die Antwort … nein. Tut mir leid, dich zu enttäuschen, kleiner Bruder. Denk nicht mal daran, da hinzugehen. Dieses Mädchen ist durch und durch böse.«
»Wirklich? Mir kommt sie ganz in Ordnung vor.«
»Das kannst du vom Äußeren her doch gar nicht wissen, oder?« Sie wendet sich dem anderen Auge zu. »Jedenfalls nach dem, was du gesehen hast. Sie macht echt nichts als Ärger – und ist in ein paar ziemlich schlimme Sachen verwickelt.«
Jetzt bin ich eher noch mehr fasziniert, aber sie geht nicht weiter darauf ein, was das für »schlimme Sachen« sein könnten. Ihr ist es wichtiger, mir etwas anderes zu erzählen. »Sie ist gerade von der Schule geflogen.«
»Echt? Weshalb denn?«
»Weil sie ein Riesenmiststück ist und eine Superschlampe, ganz abgesehen von ihren sonstigen Übeltaten. Deshalb.«
»Was hat sie gemacht?«
»Hatte eine Affäre mit einem von den Lehrern, der inzwischen gefeuert worden ist. Sie steht auf ältere Typen. Die würde dich auffressen und das auf keine besonders nette Art.«
Sie lächelt sich selbst im Spiegel zu, als würde sie diese Vorstellung amüsieren. Dann dreht sie den Kopf hin und her, um zu beurteilen, ob ihr Make-up sitzt. »Na, wie sehe ich aus?«
Sie steht auf, schüttelt sich aus der Hüfte, um den dünnen, schimmernden Stoff ihres Kleides wieder locker fallen zu lassen. Sie hat schöne Beine. Lang, schlank und mit goldbrauner Haut. Sie hat sich wieder über Mums Bräunungscreme hergemacht. Seitdem ihre Haut besser geworden ist, schminkt sie sich nicht mehr so stark. Ich mag das. Das natürliche Aussehen. Es steht ihr besser.
»Ziemlich gut!« Ich lächele sie an. Nicht, dass ich eine Wahl gehabt hätte, aber ich meine es ja auch so. »Du siehst ziemlich gut aus.«
»Ziemlich gut. Was Besseres fällt dir wohl nicht ein!« Sie wendet sich wieder zum Spiegel. »Ich sehe verdammt fantastisch aus! Ach, die Klingel. Das sind bestimmt die Mädels.« Sie versucht gleichzeitig, die Ohrringe und ihre hohen Schuhe anzuziehen. »Du hast doch gehört. Schick sie rauf. Ich hab hier ein bisschen Wodka. Nein, du kriegst nichts davon. Und starre ihnen nicht auf die Titten oder sonst irgendeinen Körperteil. Die Mädels kriegen das voll mit, und das ist peinlich.«
Es ist schwer, nicht hinzusehen. Sie haben sich fürs Ausgehen angezogen, was tief ausgeschnitten und sehr kurz bedeutet, doch ich schaffe es, sie mit abgewandtem Blick hereinzulassen. Auf dem Weg waren sie noch im Laden an der Ecke und haben sich mit Halbliterflaschen Smirnoff versorgt. Marthas beste Freundinnen. Melissa, Sally und die andere, die eigentlich Letitia heißt, aber von allen Lee genannt wird. Sie ist ein Neuzugang. Hängt mit Marthas Sozialarbeit zusammen. Sie ist ruhig, nichtso aufgedreht wie die anderen. Sie trägt Ballerinas und Jeans, ein weißes Top und fast kein Make-up. Die anderen sind aufgedonnert wie die Pussycat Dolls.
Sie gehen alle nach oben, und Martha schreit eine Bestellung nach Gläsern, Eis und Preiselbeersaft nach unten. Ich gehe in die Küche und suche zusammen, was gebraucht wird: eine Schüssel mit Eis, große Gläser, Orangensaft, Preiselbeersaft und Cola, falls jemand eine andere Mischung wünscht. Ich finde sogar die Päckchen mit Nüssen, Kartoffel- und Maischips, die von der Grillparty am letzten Wochenende übrig geblieben sind, und fülle sie in Schüsselchen. Ich stapele das ganze Zeug auf ein Tablett, lege mir ein gefaltetes Geschirrtuch über den Arm und erklimme die Treppe.
Ich bin froh, Barkeeper und Kellner spielen zu können. Ich würde gerne mehr über diese Caro erfahren, und wenn Martha mir das nicht erzählen will, bin ich doch sicher, dass eine der anderen das tun wird – erst recht nach den deftigen Wodkas, die ich ihnen heute Abend eingießen werde. Ich überlege kurz, ein Tütchen von dem geheimen Vorrat zu holen, den Rob mir freundlicherweise hinterlassen hat, und ein oder zwei Joints zu drehen, entscheide mich aber dagegen. Zusammen mit dem Wodka wäre das vielleicht zu viel. Ich will nicht, dass irgendjemand aus den Latschen kippt.
Ich habe mich nicht getäuscht. Es dauert nicht lange. Ich muss nur ihren Namen sagen, und schon geht es los. Die Mädels lieben es zu tratschen, und es scheint, als hätte sie ihnen eine Menge zu tratschen geliefert. Außerdem haben sie
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