Auch Frauen wollen nur das eine
wir uns trauen, den anderen umständlich auf einen Kaffee einzuladen: Jeder kennt die unterschwellige Bedeutung, tut aber so, es unbesehen zu glauben.
Für viele Frauen ist es immer noch schwierig, den ersten Schritt zu machen. Obwohl viele Männer inzwischen sagen, sie fänden es gut, wenn wir Frauen ein bisschen eindeutiger in unserer Verführungskunst wären, ist es auch weiterhin äußerst unangenehm, als sexbetontes Beutetier zu gelten. Genauso gut könnten wir uns einen Zettel an die Stirn kleben, auf dem steht: »Ich bin eine Schlampe und finde es geil.« Nie können wir sicher sein, ob der ausersehene Partner nett genug sein wird, uns nach dem Ereignis mit Respekt zu behandeln. Schuldgefühle kommen hoch, wenn wir befürchten, uns zu billig verkauft zu haben – wenn der Partner nicht mehr anruft oder mailt.
Eine Sache ist paradox: Wenn Männer Sex brauchen, dann wollen sie sich das bei einem Partner holen, der wahrscheinlich nicht tugendhaft ist. Wie Nancy Friday in Women on Top anmerkt: »Wenn Sex und familiäre Liebe sich in einer Frau vereinen, wird die Frau zu mächtig und er zu klein.« 23 Wenn unsere Avancen abgewiesen werden, zucken beide Geschlechter gleichermaßen zusammen, obwohl Männer es besser verarbeiten können als Frauen. Ein Mann wird denken: »Dann geht sie eben leer aus«, wohingegen die Frau die Zurückweisung auf sich bezieht und sich für zu hässlich/fett/langweilig/alt/ unattraktiv hält.
Männer werden schon früh dazu ermuntert, »es anzupacken« und »es zu versuchen«, während Mädchen lernen, sich zurückzuhalten und sich nicht zum Narren zu machen. Einige von uns Frauen fühlen sich nicht wohl bei dem Gedanken, sexuell fordernd aufzutreten. Wir albern vielleicht mit unseren Freundinnen herum, dass wir Sexhunger haben, aber wir sind (klugerweise) vorsichtig, wenn wir unsere sexuelle Seite in Gegenwart von Männern ausspielen.
Und doch ist die sexuelle Begierde eine ständige Energie in uns allen, und während Männer immer schon ihre Begierde offen zum Ausdruck bringen durften, mussten Frauen sich in Tugendhaftigkeit und Umsicht üben oder die Konsequenzen tragen. Seit der Zeit der frühen Zivilisationen haben Männer stets dafür gesorgt, dass es in ausreichendem Maße leicht zu konsumierende Unterhaltung gab, die ihren Bedürfnissen dienlich war. Der schöne Körper stand im Mittelpunkt der klassischen Antike, und im Verlauf der nachfolgenden Jahrhunderte widmete sich der überwiegende Teil der Kunst der weiblichen Gestalt. Heutzutage kann man miterleben, wie unmittelbar und körperbetont mit der männlichen Erregbarkeit Geld verdient wird: Allein in den USA erwirtschaftete die Pornoindustrie einen Umsatz von zehn Milliarden Dollar. In Großbritannien nimmt die Zahl der Lap-Dance-Clubs kontinuierlich zu.
Frauen haben meist einen hoch entwickelten Sinn für Ästhetik, Männer wiederum reagieren auf sexuelle Bilder unbekleideter Körper anders als die meisten Frauen. Um es auf den Punkt zu bringen: Männer denken mit dem Penis, wenn sie sich auch noch so aufgeklärt geben. Sie können nicht anders, sie müssen bei jeder Frau, die vorbeigeht, checken, wie attraktiv sie ist … um sie dann in ein internes Ranking einzuordnen, sprich: Wie gut ist diese Frau zu ficken? Sorry, Jungs, ihr könnt noch so sehr mit dem Times Literary Supplement oder den Yoga-Handbüchern wedeln, aber ihr seid immer noch schwanzgesteuert – ihr seid einfach so programmiert.
Biologische Faktoren und Jahrhunderte der Konditionierung haben das männliche Verlangen so geformt, das es abhängig ist von übertriebenen visuellen Signalen – »Titten und Arsch«, um es einmal platt auszudrücken. Im Gegensatz dazu haben die Frauen gelernt, ihre Wünsche zu internalisieren und in anderen Quellen aufgehen zu lassen: im romantischen Liebesroman oder im Modebewusstsein, das bis zum Fetischismus getrieben werden kann. Frauen sind buchstäblich zugedeckt. Nicht der nackte männliche Körper steht im Mittelpunkt der weiblichen Erregung, sondern wieder einmal Uniformen und andere Berufskleidungen, die zum Fetisch werden können. Kaum ein Gemälde der letzten tausend Jahre präsentiert uns einen begehrenswerten Mann, der sich auf einem Diwan räkelt und den Blick des Betrachters sucht, doch die Kunst ist voll von Darstellungen dieser Art mit Frauen. Der unbekleidete, idealisierte männliche Körper wurde zwar oft als Krieger und Gott dargestellt, aber wohl eher selten als nicht tugendhafter Verführer.
Bei
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