Auch Frauen wollen nur das eine
Fantasien rund um den Exhibitionismus geht es ums Prahlen. Und Frauen lernen schon früh, dass das Leben weniger mühsam sein kann, wenn man dafür »belohnt« wird, den bewundernden männlichen Blick einzufangen. Folglich erregen diejenigen Frauen, die auf der Fick-Skala der Männer die Bestnote bekommen, die Eifersucht ihrer Schwestern; Frauenliteratur ist voll von solchen Erzählungen. Es wäre naiv zu leugnen, dass die meisten sexuell aktiven Frauen heftig um die männliche Aufmerksamkeit wetteifern. Alle Beweise deuten auf das Gegenteil. Es ist enttäuschend, aber unsere übertrieben visualisierte Kultur hat immer dafür gesorgt, dass die Aufmerksamkeit des Mannes auf die körperlichen Vorzüge der Frau gerichtet ist, nicht in erster Linie auf die Intelligenz. John Berger schreibt in Ways of Seeing : »Männer schauen Frauen an. Frauen beobachten sich selbst, während sie betrachtet werden.« Hier finden wir einen Schlüssel zum Narzissmus, der vielen weiblichen Fantasien zugrunde liegt – ein Narzissmus, der von einem konstanten Verlangen nach Anerkennung herrührt. Eine Frau besitzt hoch empfindliche Antennen und weiß intuitiv, wenn sie bewundert wird. Sie kann sexuelle Signale aus den einfachsten Gesten herauslesen; sie wird einer Fährte folgen, die eine Vielzahl von erotischen Impulsen entfacht; sie weiß womöglich, dass sie begehrt wird, ehe es dem »Begehrer«/der »Begehrerin« bewusst ist.
Frauen lernen, eine gewisse geheimnisvolle Aura zu schaffen, um ja nicht zu früh zu viel preiszugeben, weil es sein könnte, dass der Mann in einem frühen Stadium das Interesse verliert. Kennen Sie noch diesen Cartoon, in dem der drahtige alte Kojote durch Reifen springt und Flickflacks macht, um das coole, ruhige und gefasste Weibchen zu beeindrucken, das gerade seine Nägel feilt oder eine Zeitschrift liest? Die Ironie bei der Sache ist, dass sie ihn genauso sehr will wie er sie, aber sie lässt es sich eben nicht anmerken. Eine solche Verschlagenheit ist ein mächtiges Instrument der weiblichen Sexualität. Wir können nicht widerstehen, wir möchten, dass der Mann sich um unsere Aufmerksamkeit bemühen muss. Wenn Männer von den Regungen in ihren Hosen angetrieben sind, so ist die weibliche Motivation meist die Eitelkeit. Wir können nicht genug Lob bekommen; wollen immerzu bewundert werden. Vergessen wir all die traditionellen feministischen Argumente zum falschen Bewusstsein bei den »Vergewaltigungs«-Fantasien; selbst das ist tief in unserem Verlangen verwurzelt, als absolut begehrenswert zu gelten … auch wenn dies bisweilen im Irrsinn endet.
Doch eine Frau wird kaum alle Vorsicht fallen lassen, so wie es Staatsoberhäupter, Präsidenten, Spione und Militärs in all den Jahren bei der geringsten Aussicht auf sexuelle Gefälligkeiten getan haben. Valerie Solanas meint dazu: »Ein Mann watet bis zum Hals im Abwasserkanal, wenn er glaubt, am anderen Ende warte eine warme, willige Pussy auf ihn.« Die Achillesferse der Frau liegt in der Anfälligkeit für männliche Schmeicheleien. Sie will sich solange wie möglich in dem Ruhm aalen; will hören, wie toll sie aussieht, und dass ihr Mann nur Augen für sie hat. Doch begehrenswert zu sein, bedeutet für eine Frau auch einen fragilen Zustand, weil immer eine jüngere und attraktivere Rivalin vorbeikommen könnte und der Frau ihren Platz streitig machen kann und die Aufmerksamkeit des Partners auf sich lenkt. Die Kosmetik- und Diätindustrie verdienen Milliarden, indem sie mit diesen Szenarien spielen. Die Botschaft, die uns alle erreicht, ist brutal: Falten, unerwünschte Haare und übermäßige Pfunde bedeuten den Verlust der Attraktivität und, als Folge davon, das Ende einer Partnerschaft. Die Psychologie ist simpel, zieht uns aber immer wieder in ihren Bann, und wir geben Unsummen aus, um unsere äußere Erscheinung mit allen Mitteln zu erhalten.
Diese Kultur der Ideale – der Gewinnsucht, der immerwährenden Jugend, Fitness und des Reichtums – kann dazu führen, dass wir uns unwohl fühlen, wenn wir spüren, dass wir in einem dieser Bereiche nicht genügen. Die hohen Auflagenzahlen der Hochglanzmagazine, die den Lifestyle von überbezahlten Stars feiern, sind symptomatisch für die Tatsache, dass wir immerzu fasziniert davon sind, was die Schönen und Reichen tun. Wir mühen uns viel zu sehr damit ab, unmögliche Ziele zu erreichen; ganz so, als wäre die »normale« Person nichts mehr wert. Psychologisch gesehen ist es bestimmt bedenklich, wenn
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