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Auch Frauen wollen nur das eine

Auch Frauen wollen nur das eine

Titel: Auch Frauen wollen nur das eine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerri Sharp
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Dichotomie in sozialen Haltungen grundlegend verinnerlichen. Und dadurch lassen sie die Dichotomie als »real« erscheinen, auch wenn dies zu einem Zeitpunkt der Geschichte anders gewesen sein mag«. 10
    In mancher Hinsicht ist es für den Status quo bedrohlicher, wenn man bisexuell ist und nicht homosexuell, da die Grenzen verschwimmen. Wir haben plötzlich keine genaue Kategorie mehr, von der wir uns leicht distanzieren könnten (»Ich bin offensichtlich nicht schwul – ich mag immer noch Männer«), und schlafen mit dem »Feind«. Oder sind selbst der »Feind«.
    Wenn der strikte Code heterosexuell/homosexuell nicht mehr kontrolliert werden kann, dann wird bisexuelles Verhalten »hinterlistig«, »unschlüssig«, »promiskuitiv«. Wenn sich insbesondere Frauen außerhalb der tradierten sexuellen Orientierung sehen, definieren sie sich als sexuell unabhängig. Und, wie ich schon sagte, eine sexuell unabhängige Frau kann für konservative Traditionalisten beider Geschlechter ein bedrohliches Konzept werden, solange die Traditionalisten sich anschicken, die lesbische Sexualität »zu zügeln«. Einerseits empfinden heterosexuelle Männer Sex zwischen Frauen nicht mehr als bedrohlich, wenn grell geschminkte Glamour-Models sich zärtlich befummeln. Das andere Extrem stellt aber die Feministinnen-Bewegung dar, denn sie missbilligt Lesben und wirft ihnen vor, dem Patriarchat Zugeständnisse zu machen, indem die Lesben Make-up tragen und penetrativen Sex genießen – und sei es mit einem Strap-on Dildo. Beide Haltungen scheinen arg begrenzt und keimfrei zu sein. Die Wirklichkeit ist nämlich wie immer vielschichtiger, als man uns mithilfe der Stereotypen glauben machen will. Die zunehmende Bedeutung einer Spaß liebenden lesbischen Kultur, in der politisches Interesse genauso wichtig ist wie Clubbesuche und Spaßkultur, hat der Szene den lang ersehnten Auftrieb gegeben.
    Die Frauen in diesem Abschnitt erheben Anspruch auf ihr eigenes Vergnügen, und die sexuellen Beschreibungen sind nicht weniger explizit als heterosexuelle Fantasien. Dafür gibt es ja auch keinen Grund. Viele Leute kritisieren von Frauen gemachte Pornografie und sagen, »es sei wie von einem Mann geschrieben«. Man geht nämlich schnell davon aus, Frauen würden weicher und romantischer über Sex schreiben. Wie eine Werbekampagne für BHs in den 80ern proklamierte: »Darunter sind sie alle liebenswert.«
    Warum gehen wir davon aus, dass Frauen sich in Erzählungen nur mit den weiblichen Figuren identifizieren? Vielleicht wollen wir ja in Pretty Woman eigentlich lieber Julia Roberts küssen und nicht Richard Gere. Wer weiß – vielleicht fantasieren wir – wie Jill es in dem Transgender-Abschnitt in diesem Kapitel tut –, dass der weibliche Aufmacher unser Transvestit-Freund ist und wir sind als Mann verkleidet. Der Punkt ist doch, dass die Vorstellungskraft sich nicht so einfach kontrollieren lässt. Die Kraft dieser Fantasien liegt da-rin, dass sie die Geschlechter und sexuellen Grenzen überschreiten. Die beiden Transsexuellen-Beiträge spielen sogar mit diesen Grenzen und genießen es, unsere strikten Kategorien auf den Kopf zu stellen. Da wäre auch noch Karina, die voyeuristische Mann-mit-Mann Fantasien genießt; diese Art Fantasie orientiert sich an den bahnbrechenden homoerotischen Werken von Autorinnen wie Anne Rice und Mary Renault.
    In Hinblick auf Fantasie über die Geschlechter-Linien hinweg verhilft MacKinnon unserem alten Schreckgespenst Freud zu neuem Auftrieb und meint, Sigmund habe eine überraschend positive Ansicht: »Freud mag unbekehrbar behaupten, der weibliche Zuschauer empfinde masochistisches Vergnügen beim Betrachten ihrer Passivität. Interessanter ist es jedoch, dass es in seinem Werk über die Fantasie heißt, die Beziehung des Mediums zur Fantasie verändere sich ständig. Zudem könnten wir aus unserem Wissen um das Geschlecht und die soziale Stellung des Mediums nicht vorhersagen, womit er oder sie sich mit Bezug auf das Szenario der Fantasie identifizieren wird.« 11
    Zwei Frauen in diesem Abschnitt äußern das Verlangen, dass ein Mann sie zum Höhepunkt bringen muss, nachdem sie sich eine Weile mit einer anderen Frau vergnügt haben; das ist auch eine bekannte männliche Hetero-Fantasie – dass nämlich eine Frau am Ende des Tages einen echten Schwanz braucht, der den Job übernimmt. Bei den Szenarien, die Transvestiten, strap-on Dildos und Hermaphroditen zeigen, ist kaum etwas vorhersehbar. Die Storys legen

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