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Auch Geister haben huebsche Soehne

Titel: Auch Geister haben huebsche Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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mal zu Besuch käme?«
    Ich konnte mir Gina mit ihren Lederhosen, der gepiercten Zunge und den Haar-Extensions beim besten Willen nicht hier in Carmel vorstellen – wo Khaki-Hosen und ein Kaschmir-Pullover-Set quasi per Gesetz vorgeschrieben waren.
    »Das wäre nett«, sagte ich.
    Aber sehr wahrscheinlich war es nicht, dass sie kam. Ginas Eltern hatten nicht viel Geld, sie konnten ihre Tochter nicht einfach so mal eben nach Kalifornien schicken. Dabei hätte ich schon gern mitangesehen, wie Gina und Kelly Prescott aufeinanderprallten. Da würden garantiert die Extensions-Fetzen fliegen.
    Später, nach dem Abendessen, einer Runde Kickboxen und meinen Hausaufgaben, beschloss ich, das Red-Problem ein letztes Mal anzupacken, bevor ich ins Bett ging. (Trotz Dads Warnung und einer schweren Quesadilla im Magen.) Ich hatte mir Tad Beaumonts private Festnetznummer, die natürlich in keinem Telefonbuch stand, auf die pfiffigste Art besorgt: aus Kelly Prescotts Handy, das ich mir während der Schülerratsversammlung ausgeliehen hatte, mit der Ausrede, ich müsste mich nach dem aktuellen Stand der Dinge in Sachen Reparaturarbeiten der Pater-Serra-Statue erkundigen. Da Kellys Handy über ein Nummernverzeichnis verfügte, hatte ich mir Tads Nummer rausgesucht, bevor ich ihr das Handy zurückgab.
    Klar, es war ein blöder Job, aber einer musste ihn ja schließlich machen.
    Ich hatte allerdings nicht bedacht, dass Tad – und nicht sein Vater – ans Telefon gehen könnte. Was er nach dem zweiten Klingeln auch prompt tat.
    »Hallo?«, meldete er sich.
    Ich erkannte seine Stimme sofort wieder. Es war dieselbe weiche Stimme, die mir auf der Pool-Party quasi über die Wange gestrichen hatte.
    Okay, ich geb's zu, ich bin durchgedreht. Und habe das getan, was jedes heißblütige Mädchen in meinem Alter unter diesen Umständen getan hätte.
    Ich legte auf.
    Dass Tad meine Nummer auf dem Display gesehen haben könnte, hatte ich natürlich auch nicht überlegt. Und so dachte ich, als Sekunden später mein Telefon klingelte, es sei Cee Cee, die versprochen hatte, wegen unserer Geometrie-Hausaufgaben anzurufen. Ich hinkte im Stoff nämlich etwas hinterher, weil ich in den letzten Wochen so viele Mittler-Aufgaben hatte erledigen müssen (was ich Cee Cee natürlich so nicht erklärt hatte). Also ging ich sofort ran.
    »Hallo?«, drang wieder diese samtweiche Stimme an mein Ohr. »Haben Sie eben bei mir angerufen?«
    In meinem Kopf überschlugen sich ein paar richtig üble Flüche. Aber laut sagte ich: »Ähm … kann sein. War ein Versehen. Tut mir leid.«
    »Warte bitte.« Woher wusste er, dass ich hatte auflegen wollen? »Deine Stimme kommt mir bekannt vor. Kennen wir uns? Ich heiße Tad. Tad Beaumont.«
    »Nein, sorry, das sagt mir nichts. Muss leider los. Tschüs.«
    Ich legte auf und ließ ein paar üble Flüche los, diesmal lautstark. Wieso hatte ich nicht darum gebeten, mit seinem Vater sprechen zu können, wo ich ihn wenigstens schon mal drangehabt hatte? Wieso war ich so ein Versager? Pater Dom hatte recht. Ich war als Mittler eine Niete. Eine Riesenniete. Klar, ich konnte böse Geister exorzieren. Aber wenn ich es mit lebenden Menschen zu tun hatte, war ich der größte Flop, den die Jenseits-Welt je erlebt hatte.
    Diese Erkenntnis bohrte sich noch tiefer in mein Unterbewusstsein, als ich etwa vier Stunden später wieder von einem Kreischen geweckt wurde, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.

KAPITEL
    5
    S chlagartig hellwach, setzte ich mich auf.
    Sie war wieder da. Und sie war noch mehr durch den Wind als in der Nacht vorher. Ich musste ganz lange warten, bis sie sich so weit beruhigt hatte, um mit mir reden zu können.
    »Warum?« , fragte sie, nachdem sie endlich aufgehört hatte zu schreien. »Warum hast du es ihm nicht gesagt?«
    »Also.« Ich versuchte, so besänftigend zu klingen, wie Pater Dom es von mir erwartet hätte. »Ich hab's versucht. Aber er ist nur schwer zu erreichen. Morgen mache ich es, versprochen.«
    Sie hatte sich auf die Knie geworfen. »Er fühlt sich schuldig«, sagte sie. »Er gibt sich die Schuld an meinem Tod. Aber es war nicht seine Schuld. Das musst du ihm sagen. Bitte!«
    Ihre Stimme brach, als sie »bitte« sagte. Überhaupt war sie ein totales Wrack. Ich meine, ich hatte schon so manche kaputte Geister erlebt, aber der hier toppte echt alles. Es war, als hätte Meryl Streep die große Heul szene aus Sophies Entscheidung live auf meinem Teppich ge spielt.
    »Hören Sie, Lady«, sagte ich.

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