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Auch Geister haben huebsche Soehne

Titel: Auch Geister haben huebsche Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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unkommunikativ. Okay, wenn man bedachte, dass er rund hundertfünfzig Jahre vor der Erfindung von Talkshows geboren worden war und keine Ahnung hatte, wie wichtig es war, seine Gefühle offen darzulegen, damit sie einen nicht von innen auffraßen, konnte man sich seine schweigsame Art schon irgendwie erklären.
    Andererseits wurde ich den Eindruck nicht los, dass Jesse seine Gefühle sehr genau kannte, sie mir aber nur nicht anvertrauen wollte. Das bisschen, was ich über ihn herausgefunden hatte – seinen ganzen Namen, zum Beispiel –, hatte ich einem alten Buch über die Geschichte Nordkaliforniens zu verdanken, das Schweinchen Schlau für mich aufgetrieben hatte. Ich hatte mich bisher nicht getraut, Jesse mit dem zu konfrontieren, was ich über ihn wusste. Dass er seine Kusine hatte heiraten wollen, die aber einen anderen liebte, und dass Jesse auf dem Weg zur Trauung auf mysteriöse Weise verschwunden war …
    Das war einfach kein Thema, das man so leicht ansprechen konnte.
    »Es ist natürlich schon in Ordnung«, sagte ich nach kurzem Schweigen. Mir war klar, dass Jesse auch weiterhin nicht vorhatte auszupacken, »wenn du nichts erzählen willst. Ich hatte gehofft, wir könnten … du weißt schon, offen und ehrlich miteinander umgehen, aber wenn das zu viel verlangt ist …«
    »Wie ist es denn mit dir, Susannah?«, feuerte er zurück. »Warst du denn offen und ehrlich zu mir? Ich glaube nicht. Wieso sollte dein Vater mich sonst so angehen?«
    Ich setzte mich wieder ruckartig auf. »Mein Dad hat dich angegangen ?«
    » Nom de Dios , Susannah!«, rief Jesse ärgerlich aus. »Was hast du denn erwartet? Was wäre er für ein Vater, wenn er nicht versuchen würde, mich zu verscheuchen?«
    »Oh Gott.« Ich war echt entsetzt. »Jesse, ich hab dich ihm gegenüber mit keinem Wort erwähnt, das schwöre ich. Er hat das Thema selber angeschnitten. Wahrscheinlich hatte er mir nachspioniert.« Es war wirklich demütigend, das zugeben zu müssen. »Und … und was hast du getan? Als er dich … angegangen hat?«
    Jesse zuckte mit den Schultern. »Was hätte ich schon tun können? Ich habe versucht, mich so gut wie möglich zu erklären. Schließlich sind meine Absichten ja nicht unehrenhaft.«
    Verdammt! Aber wenn ich's mir recht überlegte … »Du hast Absichten ?«
    Jämmerlich, ich weiß, aber zu diesem Zeitpunkt meines Lebens fand ich es sogar cool, wenn ein Geist Absichten in Bezug auf mich hatte, auch wenn sie noch so ehrenhaft sein mochten. Hey, ich war immerhin sechzehn, und noch nie hatte mich ein Junge gebeten, mit ihm auszugehen. Was hätte man da von mir erwarten können?
    Außerdem war Jesse echt heiß. Für einen Toten sowieso.
    Unglücklicherweise schienen seine Absichten in Bezug auf mich aber rein platonischer Natur zu sein, wenn man als Anhaltspunkt dafür nahm, dass er das Kissen, das er auf den Boden geschmissen hatte, wieder aufhob – diesmal mit den Händen – und mir ins Gesicht schleuderte.
    So was hätte ein Typ, der bis über beide Ohren in mich verliebt war, wohl nicht getan.
    »Also, was hat Dad gesagt?«, fragte ich, nachdem ich mir das Kissen vom Gesicht gerissen hatte. »Ich meine, nachdem du ihm versichert hast, dass deine Absichten nicht unehrenhaft sind?«
    »Oh.« Jesse setzte sich wieder aufs Bett. »Nach einer Weile hat er sich beruhigt. Ich mag ihn, Susannah.«
    Ich schnaubte. »Ja, das tun alle. Zumindest war das so, als er noch lebte.«
    »Er macht sich Sorgen um dich, weißt du«, sagte Jesse.
    »Es gäbe etliche wichtigere Sachen, um die er sich Sorgen machen sollte.«
    Jesse blickte mich neugierig an. »Und zwar?«
    »Was weiß ich, keine Ahnung. Zum Beispiel, wie es kommt, dass er immer noch hier rumhängt statt dahin zu gehen, wohin Tote eben so gehen. Wäre doch eine wichtige Frage, findest du nicht?«
    »Wieso bist du dir so sicher, dass dies nicht der Ort ist, an dem er sein sollte?«, fragte Jesse leise. »Oder an dem ich sein sollte?«
    Ich starrte ihn an. »Weil es nicht so läuft, Jesse. Ich hab vielleicht nicht viel Ahnung vom Vermitteln, aber das weiß ich ganz genau. Das hier ist das Land der Lebenden. Du und mein Dad und die Frau, die eben noch hier war – ihr gehört nicht hierher. Ihr steckt hier nur fest, weil irgendwas nicht stimmt.«
    »Ah«, sagte er. »Verstehe.«
    Dabei verstand er gar nichts, das sah ich ihm an.
    »Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du hier glücklich bist«, fuhr ich fort. »Dass du es toll findest, schon seit hundertfünfzig

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