Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auch sonntags Sprechstunde

Auch sonntags Sprechstunde

Titel: Auch sonntags Sprechstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
Vom Netzwerk:
Haben Sie Zeit, mich vorher...?«
    Meine fünfundzwanzig Ampullen reichten nicht lange.
    Als ich zurückkam, stand Robin nervös auf der Treppe. »Wo bleibst du nur, verdammt noch mal! Ich kann mich vor den Leuten nicht retten, die Stühle im Wartezimmer reichen nicht mehr aus.«
    Miss Nisbet raufte sich in ihrem Eckchen neben dem Wartezimmer die Haare. »Ja, der Doktor macht die Impfungen, aber wir haben zur Zeit kein Serum.«
    »Ich glaube nicht, daß es vor morgen möglich ist.«
    »Ja, wenn Sie Angst haben, wird der Doktor sie >au pair< impfen.«
    »Nein, ich befürchte, er kann es nicht sofort machen. Wir haben kein Serum. Es tut mir leid, aber vor fünf Uhr bekommen wir keines - das Gesundheitsamt -«
    »Vielleicht morgen abend wieder...?«
    »Versuchen Sie es morgen noch einmal... «
    Alle waren übergeschnappt. Eine Mutter brach in Panik aus, in der ganzen Straße rollten sie die Ärmel auf und rannten los.
    Wir begannen die gelben Karten auszufüllen, welche das Gesundheitsamt von jeder Impfung, die wir Vornahmen, informierte. Für jede Impfung würden wir später genau zwei Schilling und sechs Pence erhalten.
    Um drei Uhr traf Phoebe Miller mit einem weiteren, sehr kleinen Päckchen ein.
    »Noch einmal fünfundzwanzig, das ist alles, was ich herausschinden konnte. Ich schlage vor, daß Sie morgen früh noch einmal hingehen und mit dem Rotschopf an der Ausgabe ein bißchen flirten. Ich habe den Verdacht, daß Dr. Talbot mächtig mit ihr geschmust hat. Wie geht es übrigens mit der Impferei?«
    »Hoffnungslos. Das Telefon läutet unaufhörlich. Die arme Sylvia ist pausenlos auf den Beinen. Bei Ihnen wird es ähnlich sein, wie?«
    »Könnte ich nicht sagen«, erwiderte Phoebe fröhlich. »Ich gehe aus und lasse das Telefon läuten.«
    Phoebe Miller hatte eine kleine Privatpraxis, hauptsächlich Frauen und ältere Leute; sie war nicht darauf angewiesen, ihren Lebensunterhalt damit zu verdienen. Wir konnten nicht alle ausgehen und unsere Telefone läuten lassen.
    Ihre beiden Sealyhams und ein goldlockiger Apportierhund kläfften vom Rücksitz ihres zerbeulten Sportwagens.
    »Möchten Sie nicht einen Augenblick hereinkommen?«
    »Vielen Dank, nein. Wir sind gerade auf unserem Nachmittagsspaziergang.«
    »Nun, dann besten Dank für die Besorgung.«
    Sie ging zu ihren Hunden zurück, und ich zum Telefon.
    Einige der Anrufenden brauchten eine Ewigkeit, um sich zu erklären. »Hier spricht Mrs. Waterhouse, Herr Doktor. Es tut mir furchtbar leid, daß ich Sie stören muß. Wissen Sie, ich bin keine von denen... , aber ich höre eben die Nachrichten im BBC, sie sagten, daß in Liverpool die Pocken ausgebrochen sind. Ich habe die Kinder impfen lassen, als sie klein waren, aber ich erinnere mich nicht, ob auch Terence geimpft worden ist; er hatte damals die Ohrengeschichte, falls Sie sich erinnern, und alles andere lief dann über das Gesundheitsamt. Nun, ich wollte Sie fragen, ob Sie es für ratsam halten, die Kinder alle nochmals zu impfen oder nur Terence. Die Schwierigkeit ist nur, daß ich nicht weiß, wann wir es bewerkstelligen können. Sandra geht dienstags und donnerstags zur Tanzstunde, und Michael muß zu den Pfadfindern, und Terence beginnt jetzt mit der Abiturprüfung. Die Kinder arbeiten jetzt so entsetzlich viel, daß sie wirklich keinen einzigen Augenblick erübrigen können. Was meinen Sie dazu? Halten Sie es für ratsam, sie zu impfen?«
    Ich hatte mich entschlossen, allen Patienten zu sagen, daß sie selbst entscheiden müßten, was sie tun wollten. Der Pockenausbruch war bis jetzt nur geringfügig, und außerdem weit entfernt von uns. Beim Impfen gab es stets ein Risiko, wenn auch ein geringes, da Komplikationen auftreten konnten.
    Ich deutete dies auch Mrs. Waterhouse an.
    »Haben Sie denn Ihre eigenen Kinder geimpft?«
    »Nein, habe ich nicht.«
    »Nun, ich möchte aber trotzdem auf Nummer Sicher gehen... «
    »Gut, dann kommen Sie morgen abend vorbei.«
    »Aber Sandra muß in die Tanzstunde, ich dachte, vielleicht beute abend, und Michael könnte nach den Pfadfindern zu Ihnen kommen, wenn Sie nichts dagegen haben, daß er etwas später als sieben Uhr dreißig kommt... «
    »Heute abend habe ich kein Serum mehr, ich bin entsetzlich beschäftigt...  Also dann bis morgen abend.«
    Ich legte den Hörer auf. Das Telefon läutete sofort wieder.
    »Ja?«
    »Holly Park 8099?«
    »Ja.«
    »Hier ist das Telefonamt. Wir hatten eine Meldung, daß Ihr Apparat ständig besetzt sei. Ich gebe jetzt den Anruf

Weitere Kostenlose Bücher