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Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt

Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt

Titel: Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pragst
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einen Kollegen zwei Hauptverhandlungstermine eines solchen »Mammutverfahrens« wahrnehmen. Telefonisch versicherte er mir, dass ich im Wesentlichen nur herumsitzen müsse, da ein »Konfliktverteidiger« in der Verhandlung sein Unwesen treibe. Auf meine Nachfrage erklärte er nur kurz, dass ich alles Weitere schon selbst mitbekommen würde. Aus der Handakte konnte ich ersehen, dass es sich um ein Verfahren gegen |75| Drogendealer handelte. Nicht die Leute, die in der U-Bahn oder gelegentlich im Park standen und verkauften, sondern schon etwas weiter oben in der Kette.
    Ihr Revier war einer der größeren Parks in Berlin. Als »Operationsbasis« benutzten sie die Wohnung eines deutschstämmigen Drogenabhängigen, Bernd K.   Er stellte seine Wohnung zur Verfügung und erhielt dafür täglich seine Drogenration und 10   Euro. In der Wohnung ging die Bande ein und aus. Größere Mengen an Drogen wurden dort in kleinste Kügelchen verpackt und anschließend in den Park zum Verkauf gebracht, wobei auch Bernd K. half. Der Drogenhandel im Park war natürlich kein Geheimnis und auch der zuständigen Polizeidirektion bekannt. Diese hatte ebenso wie andere Polizeidienststellen erhebliche Personalprobleme. Es gab viel zu wenige Polizeibeamte für viel zu viele Straftaten. Die Beamten versuchten im Wechsel, so gut es ging, das Geschehen im Park im Auge zu behalten. Sie wussten, dass es nicht viel brachte, einen Dealer mit drei bis fünf Kügelchen zu erwischen. Die dafür zu erwartende Strafe war viel zu gering. Am Tag darauf würde ein anderer Dealer seinen Platz einnehmen.
    Zu der Zeit war der Drogenabsatz im Park fest in arabischer Hand. Und so fiel den Beamten der deutschstämmige Drogenabhängige auf, der mehrmals täglich die Dealer »besuchte«. Sie beobachteten ihn und bemerkten den regen Publikumsverkehr in seiner Wohnung. Nach mehreren Tagen Observation warteten sie auf eine günstige Gelegenheit. Als Bernd K. allein zu Hause war und es ihnen gelang, einen größeren Teil der Beamten der Polizeidirektion zusammenzuziehen, klingelten sie bei ihm. Kaum hatte er geöffnet, drangen sie in die Wohnung, verschlossen die Tür und |76| warteten auf die Bandenmitglieder. Der Fehler war, dass sie keinen richterlichen Durchsuchungsbeschluss erwirkt hatten. Die Unverletzlichkeit der Wohnung stellt ein hohes Rechtsgut dar, in das nur mit richterlicher Genehmigung eingegriffen werden darf. Eine Ausnahme gilt in besonderen Eilsituationen, wenn der Richter nicht mehr rechtzeitig informiert werden kann. Dies war hier sicherlich nicht der Fall, da die Beamten die Wohnung schon mehrere Tage im Visier hatten.
    In der Wohnung fanden die Beamten das typische Werkzeug für das Verschneiden und Verpacken der Drogen. Kurze Zeit später erschienen die ersten beiden Bandenmitglieder. Sie hatten sich per Handy angekündigt und Bernd K., neben dem Polizeibeamte standen, hatte versichert, dass »alles in Ordnung« sei. Die Besucher wurden an der Wohnungstür überwältigt. Sie hatten einen hohen vierstelligen Eurobetrag in szenetypischer Stückelung dabei, also Hartgeld und kleine Scheine (nicht größer als Zehn-Euro-Scheine). Abwechselnd klingelten die Handys der beiden, die routinemäßig die Lage in der Wohnung überprüfen sollten. Schließlich zwangen die Beamten sie, sich am Telefon zu melden. Doch zu spät – die Anrufer, die ständig untereinander Kontakt hielten, wussten schon Bescheid. Es kam niemand mehr mit Drogen in die Wohnung.
    Die Wohnungsdurchsuchung ohne richterlichen Beschluss stellte einen schweren Verfahrensverstoß dar. Er hatte zur Folge, dass deren Ergebnisse nicht gegen die Beschuldigten verwendet werden durften. Dies galt aber nicht für die sonstigen Verdachtsmomente, so zum Beispiel die gestückelten Geldbeträge, die ein wichtiges Indiz für den Drogenhandel darstellten. Erschwerend kam hinzu, dass |77| Bernd K. gegenüber der Polizei alles gestanden hatte. Dies war alles verwertbar und konnte unter Umständen für eine Verurteilung reichen.
    Nach angloamerikanischem Recht hätte es für die Beschuldigten deutlich besser ausgesehen. Ohne die rechtswidrige Durchsuchung der Wohnung wären die Beamten wahrscheinlich nicht an das auffällig gestückelte Geld und vor allem nicht an die geständige Einlassung von Bernd K. gelangt. Daher könnte man diese Beweismittel, »Früchte des verbotenen Baumes«, in den USA nicht verwerten. Diese strenge Ahndung von Regelverstößen der Polizei basiert auf der Annahme, man könne

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