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Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt

Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt

Titel: Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pragst
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Polizeibeamte anders nicht wirkungsvoll von solchen rechtswidrigen Methoden abhalten. In Deutschland ist dies jedoch anders. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen ausgeführt, dass eine dienstrechtliche Konsequenz (z.   B.   Abmahnung, im Wiederholungsfalle sogar drohende Entlassung) für die entsprechenden Beamten ausreicht. Es sei nicht angemessen, deshalb den gesamten Strafprozess lahmzulegen.
    Der Fall gewann weitere Brisanz, da mittlerweile zwei der ermittelnden Polizeibeamten vorläufig vom Dienst suspendiert waren. Der Tatvorwurf lautete auf Drogenhandel.
    Das Gericht wollte eigentlich nur sieben Zeugen vernehmen und hatte insgesamt drei Verhandlungstage anberaumt. Dies war aber nicht zu schaffen, da der »Konfliktverteidiger« ständig neue Fragen an den ersten Zeugen hatte. Aufgrund von Terminüberschneidungen mit weiteren anberaumten Strafverhandlungen musste das Gericht den Prozess deshalb nochmals von vorn aufrollen. Er lief mittlerweile über zwei Monate, wobei pro Woche zwei Verhandlungstage von 9:00 bis 15:30   Uhr angesetzt waren. In der Hauptverhandlung |78| sah es dann so aus, dass der Verteidiger (aus meiner Sicht) jede Menge belanglose Fragen an den Zeugen stellte. Wenn sich der Vorsitzende des Gerichts nach dem Sinn der Frage erkundigte, antwortete der Verteidiger barsch, dass er nicht in seiner Vernehmung des Zeugen gestört werden wolle und alle Fragen einen tieferen Sinn ergäben. Das würde sich später zeigen. Schließlich reichte es dem Vorsitzenden, und er wies eine Frage des Verteidigers an den Zeugen zurück. Der Verteidiger gab sich empört und fing an zu diskutieren. Schließlich beantragte er einen Gerichtsbeschluss. Das Gericht (Richter und Schöffen) zog sich zur Beratung zurück. Kurze Zeit später wurde die Frage durch Gerichtsbeschluss zurückgewiesen. Der Verteidiger war außer sich und beantragte eine kurze Unterbrechung. Er wolle eine Gegenvorstellung einreichen und müsse diese erst mit den Angeklagten besprechen. Das Gericht gab ihm fünfzehn Minuten. Anschließend beriet es über die Gegenvorstellung und verwarf sie. Der Verteidiger spielte den Geschockten und bat um eine kurze Unterbrechung, da er die Richter wegen Befangenheit ablehnen wolle. Dazu müsse er sich wieder mit den Angeklagten besprechen. Genervt gewährte das Gericht eine weitere Unterbrechung von zwanzig Minuten. Als die Zeit um war, erklärte der Verteidiger, dass er den Ablehnungsantrag auf seinem Laptop geschrieben habe und sein Drucker nicht funktioniere. Der Laptop lasse sich leider nicht an andere Drucker im Hause anschließen. Er brauche nochmals zwanzig Minuten, um den Antrag per Hand abzuschreiben. Auch dieser Antrag wurde nach kurzer Beratung des Gerichts zurückgewiesen. Der Verteidiger meinte, er verstehe jetzt die Welt nicht mehr und wolle eine Gegenvorstellung bringen. Die müsse er aber erst mit den |79| Angeklagten besprechen, was sicherlich zwanzig Minuten in Anspruch nehmen werde. Als schließlich auch diese abschlägig beschieden wurde, erklärte der Verteidiger unbeeindruckt, dann könne er wohl nichts machen. Und stellte die nächste Frage. Das Spiel begann von Neuem.
    Um 15:30   Uhr ging der Sitzungstag zu Ende und in den sechseinhalb Stunden war wirklich nichts passiert. Ich bewunderte die Richter, wie sie die ganze Zeit über äußerlich gelassen geblieben waren. Empört fragte ich mich, wie lange der Verteidiger wohl den Zeugen noch befragen wollte. Eine Woche oder sogar zwei?
     
    Zum Glück musste ich diese Termine nicht mehr absitzen. Für die folgende Woche wurden mir andere Fälle zugeteilt. Im ersten Verfahren (unerlaubter Waffenbesitz) erschien der wichtigste Zeuge nicht, sodass ein neuer Termin notwendig war. Der zweite (gefährliche Körperverletzung) endete schnell, da der Angeklagte ein Geständnis ablegte. Beim dritten Fall handelte es sich um sexuelle Belästigung. Tatort war die Damentoilette des Arbeitsamtes Berlin-Reinickendorf. Dort sind die einzelnen Abteile durch ungefähr 2,30   Meter hohe Trennwände voneinander abgegrenzt. Darüber sind es nochmals etwa 1,50   Meter bis zur Decke. In der mittleren Kabine hatte sich eine etwa fünfundvierzigjährige Frau auf die Toilette gesetzt. Kurze Zeit später ging eine männliche Person in die rechte Kabine. Der Mann stellte sich auf die Toilettenschüssel und zog sich mit den Händen vorsichtig die Trennwand hoch, sodass sie ihm nur noch bis zum Gürtel reichte. Er beugte sich leise zu der Frau

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