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Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Sie doch nicht ins Freie gehen» und merkte, dass ich mit derselben Unaufrichtigkeit sprach, mit der sie ihre Dankbarkeit ausdrückte, und doch hatten wir beide gemeint, was wir sagten. Ich wusste, sie würde gehen, da sie jede Witterung gewohnt war, und dann würde sie an der Ecke vor dem Supermarkt stehen, dem Wetter ausgesetzt, und auf den unregelmäßig verkehrenden Bus Nummer Fünf warten.
    Sie lehnte es sogar ab, Brians Regenschirm zu nehmen.
    «Ach nein, er wird ihn selber brauchen.»
    Ich sah, wie ihr kleines dunkles Gesicht lächelte und ihre Augen vor Freude darüber glitzerten, dass sie einmal mehr Dr. Brian und seinem mit Möbeln vollgeräumten Haus undseinem Badezimmer, ganz in Weiß, mit den schäumenden Bleichmitteln und anderen giftige Dämpfe entwickelnden Haushaltsreinigern, die das Haus wie Weihrauch durchzogen, entkommen war; und dem schweren Staubsauger, den sie die Treppe hinauf- und hinunterschleppen musste; und der Welle von Übelkeit und Schwindelgefühl, die sie überfiel, wenn sie sich bückte, um den Teppichbelag jeder Stufe abzubürsten. Sie lächelte glückselig. Sie war wieder sie selbst.
    Ich schloss dann immer die Haustür und versperrte sie. Dann ging ich sofort zum Thermostat und drehte den Schalter von den erstickenden neunundzwanzig Grad auf die mir angenehmen achtzehn herunter. Auch ich war wieder ich selbst.
    Während jenes Wintermonats entwickelte sich zwischen Mrs Tyndall und mir eine gewisse Freundschaft, wobei unsere beiden Berührungspunkte die magischen Zahlen im Radio und die Hoffnung auf den Hauptgewinn sowie Gottes Diamantensparbuch und die Hoffnung auf ein Wunder waren.
    Das Diamantensparbuch und eine erläuternde Broschüre kamen in derselben Woche mit der Post, in der die Plakate vor dem alten Kino in der Monument Street neben dem Perückengeschäft und dem Stripteaselokal auftauchten.
    «Vier Wunder pro Tag. 10 Uhr. 14 Uhr. 17 Uhr. 20 Uhr. Schenken Sie Brother Coleman Gehör. Eröffnen Sie Gottes Diamantensparbuch.»
    Mrs Tyndall, die ihr Buch bereits erhalten hatte, da sie zunächst am anderen Ende der Stadt ausgeliefert worden waren, erklärte mir, wie Gott für fünf Dollar im Monat, die man an Brother Colemans Mission in Kalifornien sandte, alle Wünsche erfüllen würde, insbesondere den Wunsch nach Autos, Waschmaschinen, neuen Möbeln, Häusern. Brother Coleman hatte eine finanzielle Vereinbarung mit Gott, eine Teilhaberschaft,in die sich jeder einkaufen konnte, wenn er nur regelmäßig zahlte. Sowohl die Broschüre als auch das Buch enthielten zum Beweis Fotos von beglückten Menschen, die vor ihrer Eingangstür standen und ihre Waschmaschine oder ihr Auto in Empfang nahmen; andere deuteten verzückt auf ihr neues Haus oder ihren neuen Rollstuhl. (Gott hatte die Operation bezahlt, die es ihnen ermöglichte, das Bett zu verlassen.)
    Die Broschüre erläuterte, dass es Leute gab, die ihre fünf Dollar jeden Monat pünktlich eingezahlt hatten, bis eines Tages ein Unbekannter vor ihrer Tür stand und sagte: «Dürfte ich den Mieter oder Eigentümer sprechen?» «Guten Morgen, gnädiger Herr oder gnädige Frau, Sie haben ein funkelnagelneues Haus mit Vorhängen, Teppichen, sämtlichen Einrichtungsgegenständen und Möbeln an einem Ort Ihrer Wahl gewonnen; die Steuern werden für zwanzig Jahre im Voraus bezahlt.» Es gab andere, die krank waren und weder den Arzt noch das Krankenhaus bezahlen konnten, die es jedoch geschafft hatten, monatlich fünf Dollar zu zahlen, selbst wenn sie es von der Sozialhilfe abziehen mussten, und eines Tages sahen sie sich plötzlich geheilt, oder es wurde ihnen in einem Ferngespräch mitgeteilt, dass ihnen fünf- oder zehntausend Dollar hinterlassen worden waren. Das Foto in der Broschüre zeigte jemanden, der einen Scheck in der Luft schwenkte, mit einer eingefügten Abbildung, auf der Brother Coleman lächelnd sagte: «Sie haben auf Gottes Diamantensparbuch eingezahlt»; in der Hand hielt er eine kleine Sparbüchse in Form eines Sparbuchs, mit einer Anhäufung von funkelndem, diamantenähnlichem Zeug auf dem Umschlag.
    «Sie sehen aus wie echte Diamanten», sagte ich, als Mrs Tyndall mir ihr Diamantensparbuch zeigte. Auf der ersten Seite war das Muster eines Schecks abgebildet, so wie der, denman vielleicht erhalten würde, mit den Worten: «Gott von der Diamantenbank im Himmel ermächtigt Sie, all das zu bekommen, was Sie sich wünschen», gefolgt von einer hingekritzelten Unterschrift, da Schecks ja unterzeichnet werden müssen.

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