Mein Name ist Eugen
DAS NÜTZLICHE VORWORT
Mein Name ist Eugen. Das sagt genug, denn eine solche Jugend ist schwer. Im nächsten Juli bin ich dreizehn Jahre alt, und der Eduard behauptet, das sei ein Geburtsfehler, der sich leider nur sehr langsam korrigiere. Am nächsten Neujahr in acht Tagen wird er vierzehn, und das sei doch ein ganz anderes Gefühl.
Die Idee mit diesem Vorwort ist nicht von mir, sondern vom Wrigley. Der liegt mir schon lange in den Ohren, ein Buch zu schreiben. Denn wer das tue, der gehe in die Geschichte ein und wenn man es dann noch auf einen zweiten und dritten Band bringe, bekomme man am Ende ein Staatsbegräbnis, und man führe den Leichnam auf einer Kanone in den sogenannten Invalidendom, und sie, meine Freunde, werden meine Bahre tragen, und der Bundespräsident werde ihnen bis tief in die Augen blicken und ihnen die Hand drücken. Ohne einen passenden Schriftsteller wäre zum Beispiel der Robinson Crusoe völlig lackiert gewesen, und man hätte ihn auf seiner Insel vergessen. Darum solle ich mich beeilen. Ich brauche ja nur sämtliche Schicksalsschläge von uns braven Buben zu notieren, so sei der Weg zum Ruhm offen.
Der Wrigley weiss, warum er so spricht. Denn gegenwärtig ist er in der Schule in drei Fächern unter dem Gefrierpunkt, und wenn nicht etwas geschieht, etwas ganz besonderes, so geht er freudlos unter. Zum Schreiben hat er mich verurteilt, weil mein Deutschlehrer behauptet,
wenn ich noch weitere drei Jahre solche Fortschritte mache, wie bisher, so werde ich die deutsche Sprache völlig verlernt haben, und er gebe mir nur deshalb eine Drei, damit er künftig noch tiefer könne. Darum findet der Wrigley, ich sei der geboRené Schriftsteller. Im übrigen tue es den Erwachsenen gut, ein Buch von unserer herben Jugend zu lesen. Das stimmt. Ich kann es bestätigen.
Darum schreibe ich jetzt ein Vorwort. Zuerst muss ich dir, lieber Leser, einschärfen, dass wir sehr brave Knaben sind. Alles andere ist übertrieben. Leider hat das Schicksal mit uns gespielt, und meistens auch die Erwachsenen. Und wenn sogar wir manchmal fatale Ideen hatten, so wollest du bitte bedenken: Auch wir haben gewisse Erbanlagen von unseren Vätern. Das erklärt das meiste.
Aber nun fürchte ich, ich muss dir noch einiges erklären, damit du hernach über uns im Bild bist. In dieser harten Welt besitze ich drei Freunde. Wir sind meistens zusammen, wenn nicht der eine oder andere von uns bisweilen in der Schule fliegt und dann warten muss, bis die anderen auch geflogen sind.
Da ist zuerst der Wrigley. Sein Name stammt vom Kaugummi, weil er einmal bei der alten Tante Melanie sass, wobei er ihr so ein Ding zusteckte, als wäre es Pfeffermünz, und sie sagte arglos: « I dangg dr », denn sie ist leider eine Baslerin. Und dann begann sie zu lutschen, hierauf zu kauen, und als sie das Ding nach einer Viertelstunde befremdete, nahm sie’s heraus, klaubte es von einem Finger zum anderen, zog Fäden, geriet damit in die Handarbeit und verstrickte sich, bis sie den Wrigley zur Stube hinauswarf. Drum heisst er Wrigley. Daheim sagen sie ihm Franz, und in kritischen Momenten sogar Franz Stalder. Im übrigen wirst du diesen Menschen sehr bald kennenlernen .
Der dritte ist der Eduard. Das ist bekanntlich der, welcher einmal mit' dem Rad nach Herisau gefahren ist, bloss weil ihm der Müller Ferdinand gesagt hatte, er besitze dort einen Schatz, aber der sei ihm verleidet. Er könne ihn haben, wenn er wolle und gab ihm die Adresse. Der Eduard nichts wie los, aber als er dorthin kam, bestand der Schatz nicht aus Diamanten, sondern aus einem Mädchen, das ihn blöd anschaute. Da fuhr er enttäuscht zurück und war so gedankenverloren, dass er in Aarau bei einer scharfen Kurve geradeaus fuhr, in ein Haus hinein, aber glücklicherweise durch die offene Tür, so dass er erst hinten bei der Treppe einen Salto machte. Kurz und gut, der Eduard ist eine Seele von einem Menschen, bloss etwas grob, und das kommt von seiner Konstruktion: Einen Kopf grösser als ich, und der Wrigley sagt von ihm, er sei mit einem Bizeps begnadet. Um Feinde zu verprügeln, ist er brauchbar. Im übrigen muss er schon alle fünf Wochen rasieren. Zu diesem Zweck hat er einen Hohlspiegel: Um die Häärlein zu suchen und zu fällen.
Zuletzt ist da noch der Bäschteli. Machen wir es kurz mit ihm. Es lohnt sich nicht. Er ist ein Milchkind. Auf jeder Ferienfahrt zum Beispiel läutet er der Tante an, und einmal haben wir vor der Kabine einem solchen Gespräch zugelauscht.
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