Auf dem spanischen Jakobsweg
wechselseitiger Beziehung zueinander,
bedingte sich gegenseitig. Also wurde auch das kleine Grabeskirchlein über
„Arcis Marmoricis“ schnell zu klein und so ließ bereits Alfons III. dort eine
Basilika errichten, die im Jahre 899 in Anwesenheit des Königs, seiner Familie
und zahlreicher geistlicher Würdenträger eingeweiht wurde. Diese Kirche hatte
drei Schiffe und drei Apsiden. Die Tumba des Apostels stand in der Mitte der
Kirche.
Etwa 100
Jahre später läuteten in der Jakobsstadt die Kirchenglocken Sturm. Al Manzur,
sicher ein begabter Heerführer, aber auch ein Plünderer und Brandschatzer ohnegleichen,
war mit einer starken Reiterarmee im Anmarsch und die gesamte Bevölkerung floh
in Panik aus der Stadt. Nur ein alter Einsiedler blieb zurück und sass am Grab
des Jakobus, als am 11. August 997 die Soldaten Al Manzurs in die Kirche
eindrangen. Erstaunlicherweise — wir haben das schon früher gehört — befahl Al
Manzur seinen Leuten, das Grab und den Alten unangetastet zu lassen. Stadt und
Basilika aber wurden dem Erdboden gleichgemacht und die Kirchenglocken nach
Cordoba, an den Sitz des Kalifats, abtransportiert. Spätestens daraufhin — Al
Manzur hatte außer Compostela noch viele andere christliche Städte und Klöster
geplündert und zerstört — nahm der Geist in der Reconquista Züge der
Erbarmungslosigkeit an. Schon 40 Jahre später kam es zur Vereinigung des
Königreiches Asturien-León mit Kastilien unter Ferdinand I. von Kastilien, der
wiederum ein Sohn des großen Königs Sancho Garcés III. von Navarra und Aragon
war. Aus dessen Nachlass hatte sein Sohn Ferdinand Kastilien erhalten, das
damals vom Königreich Navarra beherrscht wurde. Nun war auch die Zeit für
solche Haudegen wie Rodrigo Diaz de Vivar gekommen, den sie später El Cid
nannten. Aber in Compostela hörten die Sorgen nicht auf. Kaum war Al Manzur
abgezogen und fünf Jahre später im Kampf gefallen, drohte eine ganz andere
Gefahr. Heidnische Normannen aus dem südskandinavischen Raum verheerten nicht
nur die Atlantikküsten Iberiens, sie fuhren mit ihren pfeilschnellen
Ruderschiffen auch die Flüsse hoch und verwüsteten das Landesinnere. In
Compostela betete man: „A furore normannorum libera nos, Domine“ — „Herr
befreie uns von der Raserei der Nordmänner“. Sogar ein Bischof von Compostela
fiel gegen die Wüteriche. Aber vor allem das asturische Königshaus, später auch
Kastilien, stellten sich ihnen mutig entgegen und nahmen viele von ihnen
gefangen. Nun mussten die wilden Gesellen ihre Kräfte an den schweren Steinen
messen, die sie als Gefangene in Compostela zum Wiederaufbau der Kirche
hochwuchten mussten. Vorbei war es mit den fröhlichen Ruderfahrten zu den
Städtchen und den Mädchen.
Erst unter
König Alfons VI. — das Königreich Asturien-León war inzwischen schon im
Königreich Kastilien aufgegangen — begann man mit dem Wiederaufbau der von Al
Manzur zerstörten Kirche, die Grundsteinlegung fand im Jahre 1075 statt. Aber
Streit zwischen dem König — der eben nicht nur mit El Cid seine Probleme hatte
— und dem Bischof Diego Peläez verzögerten den Neubau. Richtige Dynamik kam in
die Sache erst unter Diego Gelmirez, einem außergewöhnlich tatkräftigen Mann,
der 1101 zum Bischof von Compostela geweiht wurde, aber schon seit 1096
Administrator der Diözese war. Schon 1102 kann der Chor geschlossen und um das
Jahr 1128 das Werk vollendet werden: in der Grundform der heutigen Kathedrale,
mit einem Längsschiff von 97 Metern und einem Querschiff von 66 Metern. Die
riesige Kuppel stammt allerdings erst aus der Zeit der Gotik und ist 32 Meter
hoch.
Rund um das
Innere dieser Kirche reihen sich, zwischen der „Kapelle des Morgengrauens“
rechts vom Haupteingang und der „Kapelle des Christus von Burgos“ auf der
anderen Seite, etwa 20 weitere Kapellen, etliche Grabstätten, Sakristeien,
Kanzeln, Taufbecken, Almosenstöcke und auch eine Schatzkammer. Es gibt einen
großen Kreuzgang, ein Museum, Kapitelsäle, Archive und ein paar Geschäfte. Und
natürlich eine nicht mehr überschaubare Zahl von Bildern und Statuen aus der
biblischen Geschichte.
Außen, wenn
man um diesen Kirchenkomplex herumgeht, steht man vor beeindruckenden Türmen,
Fassaden, schönen Fenstern, Freitreppen, Portalen, Pforten, Toreingängen und
Nischen.
Dennoch,
weder innen noch außen, nichts wirkt hier schwer und bedrückend, abweisend oder
überladen. Auch wenn die Ummantelung des Gesamtkomplexes eindeutig vom Barock
dominiert
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