Auf dem Weg zu Jakob
Inhalt der Lenkertasche auf den Gehsteig und krame alles durch. Der Tacho ist nicht da. Mich ärgert das wahnsinnig, wollte ich doch die Tour penibel dokumentieren. Ob ich ihn vielleicht doch nicht abgenommen habe und jemand hat ihn geklaut? Ich beschließe zukünftig aufmerksamer zu sein.
Missmutig fahre ich durchs Dorf, vorbei an der kleinen Kirche San Nicholás de Bari. Die Häuser stehen dicht an der Straße und Abflussgräben zwischen Straße und Gehweg machen ein Ausweichen auf den Gehweg, sofern dieser überhaupt vorhanden ist, unmöglich. Der Pilgerweg zweigt im Ort rechts ab und führt entlang einer ruhigeren Feldwegstrecke. Da ich aber zum Campingplatz will, bleibe ich auf der Hauptstraße.
Der Campingplatz befindet sich ca. 2 km außerhalb von Burguete. Es dauert lange, bis ich in der Rezeption bedient werde. Klar, es ist noch Siestazeit. Ich kann mein Zelt auf der großen Wiese aufstellen. Die schöneren Plätze direkt am Flussufer sind bereits von Dauercampern mit ihren Wohnwagen belegt.
Der Aufbau des Zeltes geht flink von der Hand. Zelt und Schlafmatte habe ich in einer Packtasche verstaut, sodass die anderen Taschen während des Aufbaus nicht geöffnet werden müssen. Das ist praktisch, denn es sieht nach Regen aus. Erst im Zelt mache ich die anderen Taschen auf, um Schlafsack, Kulturtasche, Schreibsachen usw. herauszunehmen. Mich wurmt das noch immer mit meinem Tacho. Ob er vielleicht vom Gehsteig in einen dieser Gräben gefallen war? Da hatte ich nicht gesucht. Das wäre doch zu blöd, wenn er da läge und ich ohne Tacho weiterführe. Ich schwinge mich noch mal auf das jetzt unbepackte Fahrrad und bin im Nu wieder vor dem Txikipolit. Aber der Tacho ist nicht da. Dafür hat es jetzt zu regnen begonnen. Feiner Sprühregen.
Zurück zum Campingplatz geht es schneller, da es leicht bergab geht. Auf dem Campingplatz spricht mich eine Frau an, ob ich auch alleine unterwegs sei. Wir kommen ins Gespräch. Es ist Anita aus Gent. Sie ist auch solo unterwegs und ist die ganze Strecke aus Belgien hierher geradelt. Heute hat sie die Pyrenäen überquert, und das muss schließlich gefeiert werden. Wir verabreden uns in der Campingplatzbar für später.
In der Nacht nimmt der Regen zu. Zeitweise prasselt er sogar ziemlich heftig aufs grüne Zeltdach. Seit meiner Kindheit, als ich mit meiner Familie viele Sommer lang auf Sylt gecampt hatte, und einiger Zeltreisen in meiner Jugend, hatte ich nur eine einzige Testnacht im Zelt verbracht. Wie ungewohnt es doch ist. Man hört alles, was draußen passiert, wie jetzt jeden Regentropfen. Meine Schlafmatte isoliert aber gut und polstert die etwas unebenen Grasbüschel unter dem Zeltboden, und mein Schlafsack hält mich kuschelwarm. Eigentlich ist es richtig gemütlich.
Am nächsten Morgen tröpfelt es nur noch leicht, jetzt hilft aber alles nichts, ich muss raus. Es ist recht frisch. Ich laufe barfuß in meinen Trekkingsandalen, hole mir ganz schnell Eisfüße. Wieder im Zelt verstaue ich meine Sachen in den Packtaschen, und plötzlich gibt es wieder einen Guss. Ich warte ab. Es dauert. Als der Regen etwas nachlässt, beschließe ich, das Zelt jetzt schnell abzubauen. Schließlich muss ich ja irgendwann los, wenn ich heute noch nach Pamplona radeln will. Und wenn ich mir den Himmel so anschaue, ist Besserung nicht unbedingt in Sicht.
Natürlich ist das Zelt noch patschnass. Ich schüttele lediglich die größten Wassermassen ab und rolle es ein. Es wiegt mehr, ohne Frage, jetzt habe ich mir auch ein Frühstück verdient, denke ich und schiebe das schwer bepackte Rad zur Campingplatzbar. Die ist, wie sollte es auch anders sein, noch geschlossen, und ob es hier Frühstück gegeben hätte, ist zu bezweifeln, jetzt muss ich improvisieren. Ganz mit leerem Magen will ich nicht auf die Piste, also kaufe ich mir aus einem Automaten ein paar Erdnüsse und eine Limonade. Etwas Heißes wäre mir lieber gewesen. Hinsetzen kann ich mich auch nirgends, alle Stühle sind nass.
Als ich losfahre, nieselt es wieder ganz fein. Ich trage Regenjacke und Regenhose. Ist die Jacke atmungsaktiv, so lässt die Hose mich schon nach kurzer Strecke schwitzen. Ein Straßenschild verheißt, dass es 42 km bis Pamplona sind. Der Verkehr ist um diese Zeit mäßig und ich fahre zunächst die Straße entlang, bis ich in der nächsten Ortschaft wieder auf den Wanderweg treffe. An das bepackte Rad habe ich mich noch immer nicht ganz gewöhnt.
Der Weg ist ausgeschildert, und ich sehe
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