Auf dem Weg zu Jakob
auch schon andere Wanderer und Radfahrer, ja ein ganzer Radclub, lauter junge fitte Männer ohne Gepäck. Der Feldweg führt geradewegs auf eine kleine Anhöhe. Ich radle, solange die Kraft reicht, dann muss ich absteigen. Weit bin ich nicht gekommen. Ich schiebe ein Stück, aber auch das ist nicht so leicht, wenn es bergauf geht.
Ich verpuste mich. Ein paar verregnete Kühe schauen mir dabei zu. Langsam schiebe ich weiter. Ein Fußpilger, der nur ein karges „hola“ von sich gibt, überholt mich. Nun verschwindet der Weg im Gebüsch und wird immer steiler. Das Schieben wird mühseliger, alle paar Meter muss ich pausieren. Zwei Radfahrer überholen mich, einer fährt sogar noch, ein anderer schiebt auch. Aber beide haben kein Gepäck dabei. Hat es aufgehört zu regnen? Hier unter den schützenden Baumkronen tropft es ab und zu, aber ich schwöre mir, wenn ich oben bin auf diesem Mezquirez-Pass, werde ich meine Regenhose ausziehen. Überhaupt schwitze ich ziemlich durch die ganze Anstrengung. Wieder ein paar Meter höher geschoben. Eine Gruppe Schweizer Fußpilger kommt näher. Alle so um die sechzig. Männer und Frauen. Sie dackeln die Anhöhe wie die Wiesel hinauf. Einer der Männer greift sich meinen Gepäckträger und schiebt mein Rad ein paar Meter mit nach oben, sein Kumpel bringt die Sache zu Ende. Laut Karte gibt es hier oben auch irgendwo Dolmen (tischförmig gebaute Steingräber), die ich mir eigentlich anschauen wollte. Ich bin aber von diesem Anstieg so kaputt, dass ich Dolmen Dolmen sein lasse, nur die Regenhose ausziehen, Luft holen und weiterfahren will. Wenn dieser Weg so bleibt, dann brauche ich mehr als nur diesen einen Tag, um nach Pamplona zu kommen.
Nach einer kurzen Pause auf der 922 m hohen Kuppe fühle ich mich wieder fit genug auf das Rad zu steigen. Der Weg ist schmal und holprig. Es sind viele Leute unterwegs. Ich warte ab, bis ich eine Lücke vor mir habe, denn ich will nicht unbedingt den Fußpilgern in die Hacken fahren oder sie aus dem Weg klingeln müssen, jetzt fahre ich zwar auf dem Rad, aber viel schneller als zu Fuß komme ich dabei auch nicht voran, der Weg ist einfach zu holprig-
Schließlich radle ich aus dem Wald heraus, aber auch hier ist der Weg nicht einfach zu befahren. Die Traktorspuren auf dem Wiesenweg sind so tief, dass mir die Pedale in der feuchten Erde stecken bleiben, und wenn ich in der Mitte fahre, habe ich ständig mit regennassen, glitschigen Kuhfladen zu kämpfen. Als der Weg den Hang wieder hinabführt, muss ich auch schieben, da es eine einzige Rutschpartie ist. Das Viehgatter auf Straßenhöhe ist dann noch das geringste Hindernis.
Gegenüber der Straße verschwindet der ebene Wanderweg wieder im Wald, ist anfangs einigermaßen gekiest und ähnlich zu befahren, wie ich es von Waldwegen zu Hause gewohnt bin. Aber dann kommt's! Der Weg wird schmaler und schmaler, und auf der linken Seite krümmt sich der Hang immer steiler. Baumwurzeln kreuzen den Weg, machen ihn wieder holprig. Ich steige ab und schiebe.
Anfangs geht das recht gut. Aber dann wird der Weg noch schmaler und plötzlich befinde ich mich regelrecht an der Kante des Hangs. Links von mir geht es mindestens hundert Meter tief runter. Unten verläuft die Straße. Der Weg ist mannsbreit, rechts steigt der Hügel ebenso steil an wie er links abfällt. Es ist nicht mehr genug Platz, neben meinem Rad zu gehen, wenn ich nicht den Hang hinabstürzen will.
Auch habe ich keinen guten Halt. Ich trage zwar meine Wanderstiefel mit solidem Profil, aber der Boden ist lehmig und vom ganzen Regen so aufgeweicht, dass ich nur noch rutsche. Ich kann das Ende dieser gefährlichen Stelle sehen, vielleicht sind es 50 bis 75 m oder so, aber ich kann mich nicht mehr bewegen. Höhenangst.
Leicht schlitternd stehe ich wie festgewurzelt auf dem glitschigen Untergrund, mit der einen Hand halte ich das Rad, mit der anderen Hand habe ich mich fest an ein kleines Gestrüpp gekrallt. Dass dieses Gestrüpp dornig ist, merke ich in diesem Moment gar nicht. Was tun? Ich muss hier weg. Ich kann nur zurück. Aber wie? Dazu muss ich zumindest den Lenker führen. Ich stehe aber hinter dem Rad, halte es am Gepäckträger, weiß auch schon gar nicht mehr, wie ich hinter das Rad gekommen bin. Bei jedem bisschen Gewichtsverlagerung merke ich, wie meine Füße wegrutschen. Innerlich bin ich schon bereit, das Rad abstürzen zu lassen, hoffe, dass es aufgrund der Steile des Hanges und der Baum- und Buschlosigkeit dieses
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