Auf dem Zeitstrom
mußten für Hackings Schiffe neue Anlegestellen gebaut werden. Die Lieferung, die er – um seine friedlichen Absichten und sein Verständnis zu dokumentieren – mitbringen wollte, würde dreimal so groß sein wie jede bisherige. Sam hätte es zwar bevorzugt, wenn die Mineralien separat gekommen wären, aber da man darauf angewiesen war, in möglichst kurzer Zeit soviel wie möglich davon zu bunkern, hatte er keine andere Wahl. Seine Spione hatten bereits herausgefunden, daß Iyeyasu dabei war, mehrere große Flotten zusammenzog und an beiden Flußufern Heere sammeln ließ. Außerdem hatte er Selinujo erneut gewarnt, seine Länder weiterhin mit Missionaren zu überfluten.
Etwa eine Stunde vor der Mittagszeit legten Hackings Schiffe an. Sein Flaggschiff war ein hundert Fuß langer Zweimaster und seine Leibwache bestand ausnahmslos aus hochgewachsenen, muskelbepackten Schwarzen mit stählernen Streitäxten und Mark-I-Pistolen. Sie marschierten über die Gangway an Land und trugen pechschwarze Kilts. Ihre Helme, Stiefel und Brustpanzer waren aus Fischleder gleicher Farbe gefertigt. Die Männer stellten sich in Sechserreihen rechts und links von der Gangway auf. Dann erschien Hacking selbst.
Er war ein großer, gutgebauter Mann mit dunkelbrauner Hautfarbe, etwas schräggestellten Augen, einer breiten Nase, dicken Lippen und einem vorstehenden Kinn. Seine Frisur unterschied sich nicht von denen, die – wie man Sam erzählt hatte – die Schwarzen während der siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts auf der Erde getragen hatten. Wie Sam erfuhr, hatten Wuschelköpfe dieser Art auf der Erde als »natürlich« gegolten, obwohl die Geschichte der Schwarzen darüber nichts aussagte und die Vorfahren der Sklaven in der Regel das Haar kurz getragen hatten. Firebrass hatte ihm erklärt, daß diese Frisur des zwanzigsten Jahrhunderts deswegen als »natürlich« empfunden worden war, weil sie ein Symbol der Freiheit darstellte. Für die Schwarzen dieser Zeit hatten die Kurzhaarfrisuren nur eine gesteigerte Form der Kastration durch die Weißen bedeutet.
Hacking trug einen schwarzen Umhang, einen schwarzen Kilt und Ledersandalen. An einem breiten Gürtel, der sich um seine Hüften schlang, baumelte als einzige Waffe ein Rapier.
Auf ein Signal Sams hin feuerten die Kanonen einundzwanzig Böllerschüsse ab. Man hatte sie am Rand der Ebene auf einen etwas herausragenden Hügel platziert, denn man beabsichtigte nicht nur, den schwarzen Gast zu ehren, sondern ihn gleichzeitig auch zu beeindrucken: Nur Parolando verfügte über Artillerie, auch wenn diese lediglich aus einer 75-Millimeter-Kanone bestand.
Dann stellte man sich gegenseitig vor, wobei Hacking keinerlei Anstalten machte, seinen Gastgebern die Hände zu schütteln. Firebrass hatte sowohl Sam als auch John dahingehend darauf vorbereitet, indem er ihnen erklärt hatte, Hacking täte das nur bei hundertprozentigen Freunden.
Während Hackings Leute auf dem nächsten Gralstein ihre Metallzylinder abstellten, unterhielten sich die Delegationen in unverbindlichem Tonfall. Schließlich gaben die Gralsteine wie gewohnt ihre Energie ab und füllten die Behälter. Dann taten sich die Regierungschefs zusammen und strebten, begleitet von ihren Stellvertretern, Beratern und Leibwächtern, Johns Palast entgegen. Der Ex-König hatte darauf bestanden, daß das erste Zusammentreffen in seinem Hause stattfand, und Sam zweifelte nicht daran, daß er das getan hatte, um Hacking zu zeigen, daß er sich selbst für den wichtigeren Mann in Parolando hielt. Aber sicher wußte Hacking durch Firebrass längst, wie es zwischen John Lackland und Sam Clemens in Wahrheit stand.
John schien es allerdings, wie Sam mit einigem Amüsement spürte, schon bald zu mißfallen, in seinen eigenen vier Wänden eingeseift zu werden, denn während des Essens stand Hacking auf und hielt eine flammende Rede über die Schlechtigkeit des weißen Mannes und die Gemeinheiten, die er den Negern angetan hatte. Das Schlimme daran war, daß er nicht einmal die Unwahrheit sagte, sondern mit jedem Wort die Wahrheit sprach, wie Sam anerkennen mußte. Zum Teufel noch mal, er wußte das alles selbst: Er hatte sowohl die Zeit der Sklaverei als auch die nach dem Bürgerkrieg miterlebt. Er war in diese Ära hineingeboren worden und in ihr auf gewachsen – und das war lange vor Hackings Geburt gewesen. Er hatte Huckleberry Finn, Pudd’nhead Wilson und Ein Yankee aus Connecticut an König Artus’ Hof verfaßt. Aber es war
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