Auf dem Zeitstrom
fauchte Sam aufgebracht. »Das ist ein Befehl!« Er duckte sich, denn im gleichen Moment pfiff eine Kugel an seinem Ohr vorbei und bohrte sich in den Stamm des hinter ihnen stehenden Eisenbaumes. Ein Teil der Plastikkugel schien von der eisenharten Borke abgeprallt zu sein; Sam fühlte plötzlich stechende Schmerzen in Arm und Wade.
Es gelang Joe, ohne fremde Hilfe wieder auf die Beine zu kommen, dann taumelte er wie ein kranker Elefant davon. Aus der Dunkelheit tauchte Cyrano de Bergerac auf; sein Gesicht war schießpulververschmiert, und er blutete. In der einen Hand hielt er den Griff seines langen, blutbesudelten Rapiers, in der anderen eine Pistole. Hinter ihm, ebenso schmutzig und blutig und mit wehendem schwarzen Haar stand Livy. Sie hielt eine Pistole in der Hand und schleppte einiges an Munition mit sich. Offenbar hatte de Bergerac sie dazu eingesetzt, seine Schußwaffen nachzuladen. Als sie Sam entdeckte, entblößte sie lächelnd ihre weißen Zähne. Auch ihr Gesicht war dunkel vom Schießpulverdampf.
»Mein Gott, Sam, ich dachte schon, du seist tot! Die Rakete, die dein Haus in Trümmer legte…«
»Ich wünschte, du würdest in diesem Fall hinter mir stehen«, sagte Sam, und das war alles, was die Zeit ihm zu sagenerlaubte, wenngleich er auch sonst seinen Worten nichts mehr hinzugefügt hätte. Der Feind drang erneut in einer Sturmwoge heran, sprang über die Gefallenen hinweg und wälzte sich auf die Verteidiger zu. Die Bogenschützen hatten jetzt keine Pfeile mehr, und die Munition der Pistoleros wurde knapp. Zwar besaß auch der Gegner kaum noch Schießpulver, aber was seine Bogenschützen anbetraf, war er Sams Leuten überlegen.
Joe Miller war verschwunden, und so versuchte Cyrano de Bergerac seine ehemalige Position einzunehmen, was ihm beinahe auch gelang. Der Mann entpuppte sich als wahrer Dämon. Sein Körper wirkte ebenso schlank, biegsam und tödlich wie sein Rapier. Von Zeit zu Zeit feuerte er mit der linken Hand einen Schuß in das Gesicht eines Angreifers ab, während er gleichzeitig mit der Klinge ausholte und einen zweiten erledigte. Dann warf er die Pistole hinter sich, wo Livy sie auffing, ihm die zweite zuwarf und blitzschnell die erste nachlud. Für einen kurzen Augenblick dachte Sam darüber nach, wie Livy sich doch verändert hatte. Er hätte ihr niemals zugetraut, daß sie sich unter Bedingungen wie diesen würde behaupten können. Die zerbrechliche, oft kränkliche und Gewalt ablehnende Frau übernahm hier Pflichten, die mancher Mann furchtsam abgelehnt hätte.
Unter anderem ich, dachte Sam. Jedenfalls würde ich das tun, wenn man mir nur mehr Zeit zum Nachdenken gelassen hätte.
Und gerade jetzt, wo Joe Miller fort war und niemand ihm Schutz und moralische Unterstützung gab, wurde ihm dieser Gedanke besonders bewußt.
Cyrano durchbohrte mit seinem Rapier einen Schild, den ein laut kreischender Wahhabi-Araber in den Händen hielt, und stellte fest, daß seine Klinge so fest in dem Holz steckte, daß er sie nicht wieder herausbekam. Sofort eilte Livy nach vorne, nahm die Pistole in beide Hände und feuerte einen Schuß ab. Es blitzte und donnerte, dann fiel der Araber zurück. Ein hünenhafter Neger setzte über die Leiche des Arabers hinweg und schwang eine Streitaxt. Der Fall des Arabers hatte dazu geführt, daß de Bergeracs Rapier sich aus dessen Schild löste. Die Klinge zischte durch die Luft und bohrte sich in die Kehle des nächsten Feindes.
Dann zogen die Invasoren sich erneut zurück und warteten, während das gewaltige graue Amphibienfahrzeug auf sie zukam. Lothar von Richthofen stieß Sam an, der sogleich zur Seite sprang, als er das aus einer Aluminiumlegierung bestehende Rohr und die Rakete mit dem zehnpfündigen Sprengkopf sah, die er mit sich brachte. Während Lothar die Rakete in die Bazooka hineinbugsierte, kniete sich ein anderer Mann nieder und legte an. Mit dieser Art von Waffen konnte Lothar fantastisch umgehen. Die Rakete jagte über die Ebene, zog einen langen Feuerschweif hinter sich her, ließ den Bug des Amphibienfahrzeugs für einige Sekunden hell aufleuchten, und dann detonierte sie. Eine Rauchwolke verbarg das Gefährt solange vor ihren Blicken, bis der Wind sie wieder vertrieb. Das Fahrzeug war stehengeblieben, aber jetzt fuhr es weiter, während sich seine Türme drehten und die Schützen die dampfbetriebenen Läufe der Kanonen anhoben.
»Das war unser letzter Schuß«, sagte Lothar deprimiert. »Wir sollten sehen, daß wir so schnell wie
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