Auf den Flügeln der Sehnsucht
zu ihr von deinen Gefühlen reden sollst. Damit kannst du ihr Herz öffnen."
"Genau das hab ich auch eben versucht, ihm begreiflich zu machen. Doch er will nicht auf mich hören", trumpfte Marion auf. "Er will die Heirat wie ein Geschäft abhandeln. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein Madl gibt, das sich so einfach kaufen lässt."
"Lena kann man nicht kaufen", stimmte Martin Baumann zu. "Meine Tochter hat so etwas nicht nötig. Und wenn du dich ihr wirklich so gefühllos genähert hat, dann wundert es mich gar nicht, dass sie dir wieder einen Korb gegeben hat."
"Einen großen Blumenstrauß hab ich ihr gebracht letzte Woche. Und einen Moment lang sah es so aus, als hätte ich sie endlich gewonnen. Doch dann kam der fremde Mann daher, einfach so. Er war schon einmal bei ihr, hat sie erzählt. Ab da war ich abgemeldet. Sie hat mir kaum mehr geantwortet auf meine Fragen, und umarmt wie sonst hat sie mich schon gar nicht."
Marion und der Bauer schauten sich an.
"Lassen wir das Thema fallen." Frank war es sichtlich unangenehm, im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses zu stehen. "Es wird sich bestimmt alles finden. Das Schicksal hat unsere Wege schon längst festgelegt. Wir brauchen also gar nicht erst versuchen, uns zu wehren."
Marion sagte nichts. Ihr Gesicht war plötzlich ernst und nachdenklich geworden. "Wie hat er denn ausgesehen, dieser Mann, der deiner Lena anscheinend den Hof macht?"
"Einer aus der Stadt ist es halt, mit Hemd und Krawatte, Hose mit Bügelfalte und einem passenden Pullover dazu. Warum willst du das wissen? Ich hab ihn nicht so genau angeschaut."
"Werner." Die junge Frau war blass geworden. "Das war Werner Saalbach."
"Geh, hör auf. Du musst es mir nicht gleichtun. Du warst schon einmal die Betrogene, und das ist noch gar nicht lang her. Ein zweites Mal liegt nicht drin."
Marion erhob sich. "Glaubst du, dass er sie liebt?"
"Wer?"
"Der Mann, der zu Lena auf den Berg kam."
"Da hab ich keine Ahnung", gestand Frank. "Ich bin ja gleich gefahren, als er kam.
" Das war Werner. Ich bin im Begriff, denselben Fehler schon wieder zu machen."
"Nein, das glaub ich nicht", widersprach Frank heftig. "Du wirst doch nicht schon wieder an so ein Mannsbild geraten sein, das zweigleisig fährt. Und Lena wird dann ebenfalls betrogen", fügte er alarmiert hinzu.
"Natürlich nicht", antwortete die junge Frau nach kurzer Überlegung, obwohl sie eben noch ganz anders gedacht und geredet hatte. "Werner tut so etwas nicht. Deshalb bin ich auch überzeugt davon, dass deine Eifersucht ganz unbegründet ist."
"Du glaubst es wirklich?"
"Morgen fahren wir zusammen zu Lena. Ich will sie endlich kennenlernen. Dann werden wir ja sehen."
"Eine wunderbare Idee", stimmte der alte Bauer begeistert zu. "Hör auf deine Schwester, mein Junge, dann kannst gar nichts falsch machen. Marion ist ein Madl mit Herz und Verstand. Sie wird sich mit meiner Tochter bestimmt gut verstehen." Er griff nach seinem Pfeifchen und nach der Tageszeitung.
Marion öffnete die Zimmertür und schickte sich an, nach draußen zu gehen. "Ich will noch einen kleinen Spaziergang machen", sagte sie. "Mach dir keine Sorgen um mich, Frank. Heute ist Samstag, da kann es kann spät werden. Werner wartet auf mich an der Brücke." Sie warf einen hastigen Blick auf ihre Armbanduhr. "Ich muss mich beeilen."
Traurig blickt e Frank ihr nach. Hoffentlich hatte Marion dieses Mal wirklich ihr Glück gefunden. Ob ihm auch eines vom Schicksal beschieden war? Er bezweifelte es.
* * *
Lange hatte Werner Saalbach über alles nachgedacht. Zeit genug hatte er ja. Und endlich war er zu dem Schluss gekommen, dass Tina es ihm mit Sicherheit nicht verübelt hätte, wenn sie um seine plötzlich aufkeimenden Gefühle gewusst hätte.
Lange genug hatte er um sie getrauert. Noch immer lastete seine Liebe zu ihr schwer auf seinem Herzen, doch ihr Gewicht wurde langsam leichter. Mit der Zeit würde nur noch eine leise Wehmut übrig bleiben, mit der er gut leben konnte.
Voll freudiger Erregung stand der Mann an der Brücke, wo er mit Marion verabredet war, und starrte immer wieder auf die große Kirchturmuhr. Am Samstagabend waren keine Leute mehr unterwegs, was der Mann besonders liebte. Die Stille, der Friede war Balsam für sein Herz.
Schließlich schlug sie achtmal. Gleich musste Marion kommen, wenn sie pünktlich war.
Und die
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