Auf den Flügeln des Adlers
Lady Macintosh.«
»Colonel Godfrey besitzt wertvolle Kontakte in der Armee. Diese reichen bis in den Sudan, sodass er Geleitschreiben für Sie besorgen kann. Diese Briefe werden sicherstellen, dass Sie vom Generalstab jede nur mögliche Unterstützung erhalten. Damit Ihre Wünsche im Sudan auch garantiert erfüllt werden, habe ich eine Zeitung erworben, deren Korrespondenten über den Feldzug berichten. Meine neuen Mitarbeiter werden Ihnen behilflich sein und mir von jeder Verzögerung oder Behinderung Ihrer Bemühungen durch die Armee berichten.«
Dass Lady Macintosh ein Zeitungsunternehmen kaufte, nur um zu gewährleisten, dass die Korrespondenten ihn unterstützten, fand Michael beeindruckend.
Sie sprach weiter. »Mein Schwiegersohn hat zunächst versucht, mich am Kauf der Zeitung zu hindern, aber ich habe mich im Gegenzug bei einer anderen finanziellen Frage auf einen Kompromiss eingelassen.«
»Darf ich?«, fragte Michael höflich, wobei er auf einen leeren Sessel Enid gegenüber deutete. Als sie nickte, setzte er sich. »Ich wüsste gern«, meinte er, »warum Sie nicht jemand anderen nach Patrick suchen lassen. Anscheinend haben Sie die Mittel, eine ganze Armee anzuheuern.«
Für einen Augenblick senkte Enid den Blick, und Michael spürte, dass sie tief in Gedanken versunken war. Dann sah sie auf. »Eine Armee hat meinen Enkel verloren, Mister Duffy. Ich glaube daran, dass ihn zwei Menschen, die ihn lieben, wiederfinden werden.«
Mehr brauchte Michael nicht zu wissen, seine Frage war beantwortet. Sie erkannte seine väterliche Liebe zu einem Sohn an, den er nur ein einziges Mal in seinem Leben gesehen hatte, obwohl er Patricks Foto seit vielen Jahren als Talisman bei sich trug. »Haben Sie Fotos von meinem Sohn, Lady Macintosh?«, fragte er spontan.
Sie warf Godfrey einen Blick zu. Dieser entschuldigte sich und verließ das Zimmer. »Ich habe Colonel Godfrey Bankwechsel für Ihre Ausgaben besorgen lassen«, erklärte sie. »Der Betrag ist sehr großzügig, und es bleibt Ihnen überlassen, wie Sie das Geld ausgeben, Mister Duffy. Wenn es um die Suche nach meinem Enkel geht, gibt es keine Verschwendung.«
Godfrey kam zurück und reichte Enid eine gerahmte Fotografie. In ihre Augen traten Tränen, als sie das Bild betrachtete und dann an Michael weiterreichte. Während sie ihre Augen betupfte, studierte Michael das sepiabraune Ganzkörperbild seines Sohnes in der Galauniform eines schottischen Brigadeoffiziers. Das Gesicht, das ihm entgegenblickte, war sein eigenes, nur zwanzig Jahre jünger. Obwohl das Foto schwarzweiß war, wüsste er, dass der große Unterschied in den Augen lag – Patricks waren smaragdgrün wie die seiner Mutter und Großmutter, Michaels zeigten das Blaugrün seiner Familie. »Darf ich das behalten, Lady Macintosh?«, fragte er. Seine Stimme war heiser vor kaum verhüllter Rührung.
»Ja, ich habe andere. Aber ich glaube kaum, dass Sie ein Bild von Patrick brauchen werden, um ihn zu erkennen.«
Michael wusste, was sie meinte. Er dankte ihr.
Als sie die Hand ausstreckte, half Godfrey ihr auf die Beine. Michael verstand das als Zeichen, dass ihr Gespräch beendet war.
»Nur noch eines zum Abschied, Mister Duffy«, sagte Enid, die an der Tür des Salons stehen geblieben war. »Möglicherweise habe ich den falschen Ehemann für meine Tochter gewählt. Aber so, wie ich meinen Enkel kenne, fürchte ich, ist er Ihnen sehr ähnlich, als Sie ein junger Mann waren. Und so jemanden hätte ich meine Tochter nicht heiraten lassen können.«
Damit wandte sie sich ab und verließ den Raum mit der majestätischen Anmut einer Kaiserin. Michael grinste. Bei ihrer Zurechtweisung hatte er ein amüsiertes Funkeln in ihren Augen entdeckt. Vermutlich hatte sie gar nicht so Unrecht.
»Ich bringe Sie nach Sydney zurück, Mister Duffy«, sagte Godfrey, wobei er seinen Regenschirm aus dem Ständer im Gang nahm. Ein hübsches junges Dienstmädchen führte sie zur Tür.
»Das wird nicht nötig sein, Colonel«, erwiderte Michael. »Auf mich wartet bereits eine Droschke.«
Der Colonel runzelte die Stirn und legte fragend den Kopf zur Seite. »Wie das, alter Junge?«
»Ich kenne nur einen einzigen Menschen, der das Seelenheil seiner ehrenwerten Ahnen aufs Spiel setzen würde. Und ich wette darauf, dass diese Person draußen wartet, um sich zu vergewissern, dass ich das Haus wohlbehalten verlasse.«
»Hoffentlich war Mister Wong klug genug, die Droschke warten zu lassen«, sagte Godfrey lächelnd. »Nach
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