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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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der Verkehr. Wind strich über den Platz und wirbelte Strohhalme auf und Knäuel von Schafwolle. »Hast du’s den andern schon gesagt?«, fragte Barry irgendwann. »Nein.« Barry nickte, stolz, der erste zu sein, den Tobey in seinen Plan einweihte. Tobey hob ein paar Kieselsteine auf. Dass er vor einer halben Stunde vergeblich bei Mick geklingelt hatte und Jason erst aus Dublin anrufen wollte, brauchte Barry nicht zu wissen. »Kannst du mir was leihen?«, fragte er. »Klar.« Barry erhob sich, stieg auf den Stuhl und kletterte über die Mauer.
    Tobey warf mit den Steinen nach dem Rohr, das von der Regenrinne des Schlachthauses nach unten führte und im Teerboden verschwand. Dann nahm er den Joint aus der Jackentasche, zündete ihn an und rauchte ihn zu Ende. Eine Frau rief mehrmals einen Namen in die Dunkelheit, ein Rollladen schepperte, und in einem der Hinterhöfe bellte ein Hund. Tobey spürte den Regen, der in wenigen Stunden fallen würde; trotzdem machte ihn die Vorstellung, noch in dieser Nacht fortzugehen, leicht. Sein leerer Magen schien im Körper zu schweben. Er stand auf und ging umher. Es fühlte sich an, als bewegte er sich auf Sand. Im Teerbelag sah er Risse und Kratzer, ein Gewirr aus Kurven und Kringeln und endlosen Linien, den Plan seines Lebens.
    Barry brachte dreihundert Euro. »Meine Eltern sagen, du sollst reinkommen und was essen.« Tobey zählte das Geld. »Hab keinen Hunger.« Er steckte die Scheine in die Brusttasche der Lederjacke. »Danke, Mann.Ich zahl es dir zurück, sobald ich kann.« Barry nickte. »Eilt nicht«, sagte er. Obwohl es kühl wurde, blieben sie sitzen und sahen an die fensterlose Wand des Schlachthauses.
    »Wie geht’s Megan?«, fragte Barry möglichst beiläufig. »Gut«, sagte Tobey. »Wann fängt sie mit dem Studium an?« – »Keine Ahnung. In einem Monat, einem Jahr, nie.« – »Wenn du weggehst, bleibt sie dann hier?« Tobey zuckte mit den Schultern, hob noch mehr Steine auf und warf sie gegen das Rohr. Megan hatte schon lange damit aufgehört, den Tieren auf dem Hof Namen zu geben, geriet aber nach wie vor außer sich, wenn eines getötet wurde. Sie hatte das gerupfte Huhn in der Küche gesehen und stumm das Haus verlassen, und ihm war einmal mehr bewusst geworden, dass er immer weniger verstand, was in ihrem Kopf vorging und was ihn, abgesehen von der Tatsache, dass sie Geschwister waren, noch mit ihr verband.
    »Ich esse kein Fleisch mehr«, sagte Barry. »Seit zwei Wochen.« Er grinste, als Tobey sich zu ihm umdrehte. »Und was sagen deine Eltern dazu?« Barry klaubte ein paar Steine auf und schüttelte sie in der hohlen Hand. »Ist mir egal«, sagte er. »Übernimmst du den Laden?« – »Weiß nicht. Nein.« Barry ließ die Steine zwischen seine Schuhe fallen, einen nach dem andern, den Kopf gesenkt. Im letzten Schuljahr war er vom Rugbyteam gefragt worden, ob er bei ihnen mitmachen wolle, aber er hatte ihnen eine Absage erteilt. Er fand, er habe genug gekämpft, jahrelang, ohne dass es jemand bemerkte. »Jetzt helfe ich aus. Dad hat seine Rheumaschübe.«
    Tobey sagte nichts. Vor ein paar Tagen hatte er Barry hinter der Fleischtheke gesehen. Bei der Arbeit trug er eine weiße Schürze und eine alberne Mütze, unter der er die Haare zu einem Knoten zusammengebunden hatte. Tobey war am Laden vorbeigegangen, um Barry nicht in Verlegenheit zu bringen.
    »Kannst es ihr gegenüber ja mal erwähnen«, sagte Barry. »Dass ich kein Fleisch mehr esse, meine ich.« – »Klar«, sagte Tobey. Er wusste, dass Barry seit Jahren in Megan verliebt war, obwohl sein Freund sich weder ihm noch seiner Schwester gegenüber jemals offenbart hatte. Er war davon überzeugt, dass Barry sich nur deshalb so gequält und auf ein Normalgewicht heruntergehungert hatte, weil er hoffte, Megan könnte ihn endlich wahrnehmen, jetzt, da er volljährig und kein Fettsack mehrwar und Mitglied einer Band. Dass er für sie ebenso wenig interessant bleiben würde wie alle anderen jungen Männer der Gegend, hätte Tobey ihm sagen können, ließ es aber bleiben. Er wusste nicht viel über das Liebesleben seiner Schwester, und obwohl ihm eine krankhafte Neugier und Eifersucht den Schlaf raubte, wenn Megan die ganze Nacht fortblieb, richtete er sich in seiner Unwissenheit ein wie in einer dunklen, ungemütlichen Zelle. Was er aus dubiosen, von Lügen und Gerüchten gespeisten Quellen erfahren hatte, reichte ihm, um zu erahnen, dass Megan eher nach Limerick oder Galway fuhr, als sich mit einem Kerl aus

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