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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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wahrscheinlichsten.
    »Von diesen Raucherhassern. Die alle Raucher in Lager stecken wollen.«
    »Nein, Madam.« Die Frau begann Tobey zu gefallen, sie erinnerte ihn an eine Nachbarin in Dublin, die für ihn und Jason zwei-, manchmal dreimal die Woche Suppe gekocht und in einem Topf vor die Wohnungstür gestellt hatte. Immer klemmte ein Zettel zwischen Topf und Deckel, auf dem in krakeliger Schrift ESSEN! stand.
    »Gut«, sagte die Frau, die nun auch die Streichholzschachtel gefundenhatte. Montgomery zupfte Tobey am Hemd. Als das Streichholz endlich brannte, schüttelte die Frau mit der freien Hand die Packung, worauf ein Dutzend Zigaretten auf das Laken fielen. Sie klaubte eine davon auf, steckte sie zwischen die Lippen und zündete sie an. Nachdem sie tief inhaliert hatte, warf sie das brennende Streichholz mit einer trägen, beiläufigen Bewegung des Handgelenks auf den Boden, wo es vor Tobeys Füßen landete. Montgomery hob es hastig auf, obwohl es schon im Flug erloschen war, und legte es in einen der vielen leeren Teller.
    »Sie haben keine Zeitung?« Die Frau sah Tobey durch eine Rauchwolke an, die ihren Kopf umfing wie Nebel einen Berg.
    »Nein. Leider.« In den Büschen und Bäumen am linken Rand des Gemäldes verbarg sich eine Gestalt. Leicht geduckt und von Blättern fast verdeckt, richtete sie den Blick auf den sitzenden Affen.
    »Bestimmt kriege ich wieder einen ganzen Stapel auf einmal«, sagte die Frau und schnippte die Asche in einen Teller, den Montgomery ihr eilig gereicht hatte. »Wochenlang bekomme ich keine, dann zehn auf einmal.«
    »Welche Zeitung ist das denn?«, fragte Tobey und nahm sich vor, noch zwei Minuten zu bleiben und dann entweder zu gehen oder die Verandatür zu öffnen. Er fragte sich, wie oft die Frau badete und ob sie überhaupt ohne Hilfe das Bett verlassen konnte.
    »Die New York Times natürlich!« Die Frau machte mit der Hand, die die Zigarette hielt, eine schwungvolle Bewegung, und Asche fiel auf den Regenmantel, der übersät war mit kleinen Brandlöchern.
    Montgomery gab einen erschrockenen Laut von sich und fegte die Asche weg, klopfte auf den Mantel und wischte sich dann die Hände am Hemd ab.
    Die Frau schien den Zwischenfall nicht mitbekommen zu haben. »Ach, das Äffchen«, sagte sie versonnen und tätschelte die Luft in der Nähe von Montgomerys Arm. Dann wandte sie sich an Tobey. »Sind Sie aus der Gegend?«
    Für Tobey waren Gespräche dieser Art nichts Ungewöhnliches. Daphne Maloney, die Suppen kochende Nachbarin, lebte mit ihrer dementen Schwester Audrey zusammen. Audrey konnte an manchen Tagen die Namen aller ihrer ehemaligen Schüler aufzählen und Geschichten vonKlassenfahrten erzählen, und an anderen Tagen wusste sie nicht einmal, wer Daphne war. »Nein, Madam, aus Irland.«
    »Gute Menschen, die Iren«, sagte die Frau und sog nachdenklich Rauch in die Lungen. »Fleißig und ehrlich.« Sie drückte die Zigarette im Teller aus, den Montgomery ihr abnahm und auf den Tisch stellte, fand in den Falten des Lakens ein weiteres Bonbon und wickelte es aus der Folie.
    Tobey bahnte sich einen Weg durch die Kisten und Schachteln, die mit allerlei Plunder gefüllt schienen, zog einen Vorhang zurück und öffnete die Verandatür. Die Luft, die hereinströmte, war lau und roch nach Gras und Meer und Sonne, aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein, weil er so lange in dem stickigen Raum verbracht hatte. Er atmete tief ein und dachte an den herrlichen Geruch von Kaffee, den Rosalinda in der Küchenbaracke wahrscheinlich gerade aufbrühte.
    »Wer hat Ihnen erlaubt, das Fenster zu öffnen?«
    Tobey drehte sich um. Der Streifen aus fahlem, von Staub durchsetztem Licht, der durch die Vorhänge fiel, verlief quer durch den Raum, hob ein paar herumliegende Gegenstände aus dem Halbdunkel hervor und legte sich über die Beine der Frau wie ein helles Tuch. »Ich dachte, ein wenig Luft würde …«
    »Durchzug ist ganz schlecht für mich!« Die Frau zog die Decke hoch. »Wo ist Diego?«
    »Er kommt bestimmt gleich.« Tobey schloss die Tür. Als er zu Montgomery ging, stolperte er über eins der Sofakissen, die am Boden lagen. Audrey Maloney hatte ihn im Treppenhaus einmal beschimpft, weil er sie nicht so gegrüßt hatte, wie sie es vierzig Jahre lang von ihren Schülern gewohnt gewesen war.
    »Ich habe Sie hier noch nie gesehen!«, rief die Frau und zeigte mit dem Finger auf Tobey.
    Montgomery trat einen Schritt vom Bett zurück.
    »Ich bin neu hier«, sagte Tobey. Er

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